Luca wäre fast in das pinke Schlamassel an Milkshake hineingetreten, hatte gerade noch so gesehen, wohin er gleich reintappen würde, setzte einen Ausfall-Stolperschritt zur Seite und riss Minho an den Schultern fast mit sich. Wacker hielt er sich auf den Beinen, ließ Minho los und begann, einen Redefluss von sich zu geben, mit Worten um sich zu schlagen, wie aus der Pistole geschossen kamen ein, zwei, drei halb vollständige Sätze aus ihm heraus. Er konnte nicht aufhören, er konnte dem Ansturm an Gefühlen, Bildern, Liedern, Lyrics, Quotes.. einfach ALLES nicht Stand halten, oder gar Einhalt bieten, verhaspelte sich in einem Satz mindestens fünfmal und kreiste wie ein aufgescheuchtes Huhn herum. Er konnte es nicht fassen, sein Kopf pochte, sein Herz drohte unter den Schüben zu explodieren, "woah, ich glaub ich krieg gleich 'n Herzinfakt, FUCK", er presste seine Hand auf die Brust, sprudelte mit seinen zusammenhangslosen Worten heraus, als wäre eine Schallplatte hängen geblieben. Bis Minho ihn endlich, endlich an den Schultern erwischte, ihn anschrie und Luca mit einem genau so lauten und verzweifelt entrüstetem "WAS" zurückschrie, sich unter dem festen Griff des Jüngeren allerdings nicht regte. Er war wie angewurzelt, seine Atmung ging so rasselnd, so schnell, sein Herz raste wie verrückt - da musste er wirklich in Ruhe einen Atemzug nehmen. Seine weit aufgerissenen Augen entspannten sich minimal, sein Blick senkte sich unkoordiniert auf Minhos Kinn und er atmete einmal tief durch. Den Klaps gegen seine Wange nahm er fast nicht wahr, sein Gedanken kreisten dafür viel zu laut, zu stürmisch in seinem Kopf herum, und bei der Frage, die Minho stellte, schien sich die Aufregung, die Fassungslosigkeit, dieses Chaos in ihm wieder zu vervielfachen. "ES IST SUGA!" Diese Worte trafen ihn wie zehntausend Panzerwägen, jetzt, wo sie aus ihm herausgeplatzt waren. Es. Ist. Suga. Seine Lippen standen offen, er starrte Minho so unsagbar.. erschrocken an. Weil er so blind gewesen war. Weil er das nicht erkannt hatte, weil.. weil er Suga verletzt hatte. Die. Ganze. Zeit. "Es ist Suga.....", murmelte er heiser, als müsse er sich selbst nochmal klar darüber werden, starrte in die Leere. "Er ist es die ganze Zeit gewesen... und ich.. i-ich.. hab es nicht gesehen.. ich hab ihn nicht gesehen..." Und auf einmal zog sich sein Herz so schmerzvoll zusammen, dass sein Gliedmaßen so unsagbar schwer wurden. "Oh Gott...Minho..." Er wusste nicht, welches der Gefühlsströmungen ihn gerade übermannte, doch stand eins fest: Er fühlte sich unglaublich mies. Nicht, weil es Suga war.. sondern weil er nicht erkannt hatte, dass die Antwort auf alle Fragen immer neben ihm gestanden war. Dass Suga.. ihn liebte.. "Er hat es nie... er hat.. ich konnte es doch nicht ahnen, oder.. doch, schon, aber er hat immer.. von 'sie' gesprochen und.. er war neben mir und.. er hat so.. er hat.." so getan, als wäre er nicht der, den du willst. Sein Herz, das gerade noch vor lauter Aufregung geschlagen hatte, zersprang gefühl in tausend Teile. Die Erkenntnis, dass er Suga so lange weh getan hatte.. dass er ihm vermutlich mit jedem Wort, dass nicht ihm gegolten, sondern einem dieser Mädchen gewidmet war, ein Stück Herz aus der Brust gerissen hatte. "Ich hab ihn so verletzt.. die ganze Zeit.. ich.." Er starrte Minho aus hilflosen, beinahe glasige Augen an. Seine Sensibilität hatte eine Grenze erreicht, die ihn verzweifelte. Suga bedeutete ihm so viel, und er hatte zugelassen, dass er an ihm zerbrach.
„ES IST SUGA!" Minho konnte quasi spüren, dass er sich gerade den Kiefer aushängte. Sein Mund klappte auf, dann wieder zu, dann wieder auf und wieder zu, wie bei einem Fisch und er starrte Luca einen Moment lang einfach nur ausdruckslos an, fragte gar nicht, woher Luca das wusste, er glaubte ihm einfach aufs Wort. In seinem Kopf begann es zu rattern, begann die Momente, in denen er die beiden zusammenerlebt hatte, rasend schnell vor seinem inneren Auge abzuspielen. Ihr Paartanz, Sugas Ausraster, der Moment, der sich immer noch auf Minhos Kamera befand, als Luca Me like yuh für ihn gesungen hatte, Sugas Serendipity Song, all das fügte sich wie ein riesiges Puzzle in seinem Hirn zusammen und Minho stieß ein fassungsloses „Oh fuck“ aus, bevor er wieder so richtig in die Realität zurückkehrte und Luca ansah, der total am Ausflippen war, dann auf einmal so turmhoch von schlechtem Gewissen überrollt wurde, dass sein Gesicht sich schmerzlich verzog und seine Stimme immer leiser wurde. „Hey...hey, Luca, hör mir zu...“ So schnell er konnte versuchte Minho den Älteren in seinem Tun zu stoppen, er wollte nicht, dass er sich Vorwürfe machte. „Ok, pass auf...“, fing er an und ließ seine Hände von Lucas Schultern zu seinem Gesicht wandern, hielt ihn fest und sah ihm direkt in die Augen. Diese Erkenntnis war gerade auch eigentlich zuviel für ihn, er hatte den Kleineren schon fast aromantisch eingeschätzt, wenn er es nicht besser gewusst hätte. Wie sehr er sich geirrt hatte. Wie sehr Suga sie alle getäuscht hatte. „Ich will gar nicht sagen, dass er nicht verletzt ist...aber das Ding ist: Er ist immer noch bei dir oder? Er ist dir nie von der Seite gewichen. Das ist, was jetzt zählt. Keine Ahnung, vielleicht...vielleicht hatte er einfach Angst. Das ist das, was er gesagt hat oder? Über...das Mädchen, das kein Mädchen ist...“ Ein leises, ungläubiges Lachen stolperte über seine Lippen und Minho blies geräuschvoll die Wangen auf, seine Augen waren immer noch ein wenig schockiert geweitet, doch das war gar nichts im Vergleich zu Lucas erschrockener Miene. „Luca, komm runter ok...jetzt wo du’s weißt, ist viel wichtiger, was jetzt in Zukunft passiert. Hör auf drüber nachzudenken, was gewesen ist.“, redete er weiter, sah den Blonden immer noch eindringlich an. „Was...was willst du jetzt tun? Wie fühlst du dich, jetzt wo du’s weißt?“, fragte er dann und zog die Augenbrauen ein wenig zusammen. Das Ganze war wirklich unglaublich absurd. Soviel zu Lucas Cinderella.
Er wollte nicht weinen, wirklich nicht, Luca wollte nicht, dass seine Erkenntnis nur in Schlechtem mündete, dass er sofort an das Negative, die Heartbreaks, dachte, dass er sich in seinen Vorwürfen verstrickte. Aber er spürte, dass seine Augen stärker brannten, als Minho sein Gesicht zwischen die Hände nahm, hielt dem Brennen jedoch Stand und verhinderte so irgendwie, dass ihm keine Tränen über das Gesicht kullerten. Verdammt, wieso musste er nur so sensibel sein.. Er schluckte seinen Protest herunter, regte sich langsam ab und blinzelte die Feuchtigkeit aus seinen Augen weg. Es war niemals, niemals, nie seine Absicht gewesen, den Minthaarigen zu verletzen. Doch lag Minho mit seinen Worten.. richtig. Er war noch bei ihm, er hatte.. er.. er gibt die Hoffnung nicht auf..? Stumm hörte der Blonde seinem Besten zu, nickte kaum merklich, hatte es mit Erfolg geschafft, seine Tränen zurückzudrängen. Stattdessen konzentrierte er sich wieder auf die Fakten. Und Fakt war, dass Suga in ihn verliebt war, er ihm gefühlt drillionen, kryptische Liebesgeständnisse gemacht hatte, ihm zuhörte, für ihn da war, Gewissheit und Beruhigung für ihn ausstrahlte, wenn er es brauchte, seine Stimme das Einzige war, was er jeden Morgen beim Aufwachen hören wollte.. Da war es. Sein Herzschlag, der nicht weh tat, sondern für eine Wärme, ein leeres Bauchgefühl sorgte, das seine Finger wieder zum Zittern brachte. Vor Aufregung. "Ich will.. ich.. ich weiß nicht, ich will...", just let me love you. Er schloss die Augen, horchte auf die innere Stimme, dem Gefühl, das durch ihn fegte wie eine Schar kleiner Frühlingschmetterlinge. War es das.. war er verliebt? Oder war er in die Vorstellung, in diese Idee 'Liebe' verliebt? Doch jetzt, wo er wusste, dass seine Prinzessin.. Suga war, abseits von allen Vorwürfen, die er sich machte, fühlte er sich ihm näher. Ihm so wahnsinnig hingezogen. In einem leisen, rasselnden Atemzug öffnete er die Augen. "Ich will es ihm sagen.. Ich will ihm sagen, dass ich es weiß, und dass ich.." Sein Herz stolperte über die Worte, die ihm auf der Zunge brannten. Er hatte Angst, sie auszuspechen - was war, wenn er sich täuschte? Wenn er doch nicht verliebt, sondern.. einfach abhängig von ihm war? "Ich brauche ihn, Minho.. ich muss.. ich muss ihm sagen, was in mir vorgeht und wie Leid es mir tut und.." Ein Schlüsseldrehen im Schloss erschrak ihn zu Tode, schlagartig schoss sein Blick zur Tür. Wenn das jetzt Suga wäre.. wenn, wenn er jetzt wirklich reinkommen würde, musste Luca vorbereitet sein. Er durfte nicht so aufgelöst, so chaotisch, so.. durch den Wind aussehen, er musste.. er musste.. sich umziehen oder, sich das Gesicht waschen, er brauchte ein paar Minuten, um darüber nachzudenken. "Fuck.. ich.. fuckfuckfuck moment, ich bin gleich wieder.. ich..", doch brachte er seinen Satz nicht zu Ende, gestikulierte nur irgendwie hektisch rum und raste ins Badezimmer, sperrte ab, lehnte sich gegen die Tür, raufte sich leicht die Haare. Er.. er musste es ihm sagen, er.. dich müsste man verdient haben, Suga-ni.
Seine vollgepackte Schultasche und einen ganzen Stoß Mappen voller Noten unterm Arm lehnte Suga sich gegen die Tür, kramte in den Tiefen seiner Manteltasche nach den Schlüsseln, um in die WG zu kommen. Er hatte heute länger als Luca im Internat bleiben müssen, um mit einem der Professoren, die für seine musikalische Ausbildung dort verantwortlich waren, über die kommende Zeit, wenn er von Pulse eingespannt werden würde, zu reden und quasi einen neuen Zeitplan für ihn auszuarbeiten. Das Ganze hatte unglaublich viel Zeit in Anspruch genommen und als Suga die Tür hinter sich ins Schloss fallen ließ, schmiss er seine Tasche einfach ohne einen zweiten Blick in die Ecke und hängte seinen Mantel über die überfüllte Garderobe, zog sich langsam die Kopfhörer, über die die gewohnte klassische Klaviermusik lief, aus den Ohren, bevor er durch den dunklen Flur tappte, bei der offenen Küchentür dann stehen blieb. „Minho...?“ Rasch huschte Sugas Blick zu dem halbvollen Mixbehälter, der schon halb eingetrockneten rosa Pfütze am Boden und dem...irgendwie leicht angespannt aussehenden Schwarzhaarigen, der im Türrahmen lehnte, ihn breit angrinste. „Heyyyyyyyy Suga, altes Haus, naaaaa?“, machte er und Suga zog irritiert eine Augenbraue hoch, bevor seine dunklen Augen wieder zu der Sauerei auf dem Boden huschten. Altes Haus? Und sonst zogen sie ihn immer alle damit auf, dass er der Jüngste hier war. „Du hast da...Sauerei gemacht.“, wies er den Leader auf das Offensichtliche hin, was Minho nur ein kurzes Lachen entlockte. „Oh uh ja...ich hab...ich wollt mir n Milkshake machen...“, erklärte er und sah dabei so auffallend unauffällig auf Sugas Stirn anstatt in seine Augen, dass der Minthaarige irgendwie sarkastisch grinsen musste. Nice try, Minho. „Mhm...“, machte er und fuhr sich durch die Haare, bevor er seinen Blick beiseite wandern ließ. „Wo’s Luca?“, fragte er dann und seine Frage schien den Älteren irgendwie total aus der Bahn zu werfen, jedenfalls lachte er und schob sich fast nervös (?!) eine Hand in den Nacken, eine allzu offensichtliche Geste, die Suga jedoch nicht bemerkte, weil er in dem Moment in das leere Wohnzimmer schielte. „Uh...im Bad...ihm gehts nich so gut...“ „Was?“ Sofort klang Sugas Stimme alarmiert und er ging an der Küche vorbei, beachtete Minho, der ihm direkt nachsetzte, gar nicht, sondern klopfte leicht an die abgeschlossene Tür des Badezimmers. „Luca?“ Besorgnis klang aus seiner Stimme und Suga biss die Zähne auf die Unterlippe, hatte er sich diese ganze Sache mit den Mädchen so sehr zu Herzen genommen, dass es ihm auf den Magen geschlagen war? Allein bei dem Gedanken schwoll Sugas Herz an, drückte sich seinen Hals nach oben und der Minthaarige senkte den Blick leicht, blieb jedoch an der Tür stehen. Er sah nicht, dass Minho hinter ihm das Gesicht in den Händen vergrub, hin und hergerissen zwischen Lachen und Schreien. Und er wusste auch nicht, was die beiden besten Freunde vor wenigen Minuten rausgefunden hatten, dass sein Laptop offen auf seinem Bett lag, dass die Playlist geöffnet war. Er wusste nicht, dass Luca es wusste.
Unkoordniniert glitt Lucas Blick im Badezimmer herum, ans Waschbecken, den marineblauen Handtüchern, die Shampoos, die in akkurater Reihenfolge angeordnet ware, den verkalkten Duschkopf, von welchem im Minutentakt ein Wassertropfen hinablief, den sieben verschiedenen Zahnbürsten, welche auf drei Gläsern verteilt waren, der Seifenspender, die- er musste sich beruhigen. Er presste seine Hand gegen seine Brust, als würde das in irgendeiner Hinsicht helfen, sein Herz zu beruhigen, schloss die Augen. Immer schön durchatmen, tief ein.. und wieder aus, und ein.. und wieder aus, und nicht aufhören, immer weiter FUCK ICH BIN DOCH KEINE SCHWANGER FRAU, MAN. Wie konnte es sein, dass ihn diese Situation so aus der Bahn warf? Blöde Frage, aber.. wie konnte es sein, dass er so.. heftig darauf reagierte? Glücklicherweise sah er Besserung, sein Herzschlag regulierte sich langsam, seine Atmung war nicht mehr so rasselnd, wesentlich flacher und kontrollierter. Was für ein Idiot er war.. der es nicht mal auf die Reihe bekam, dann, wenn es wirklich drauf ankam, seine Gefühlsausbrüche in Zaum zu halten. Jetzt, wenn es wirklich notwendig war. Das Klopfen dicht neben seinem Kopf erschrak ihn erneut, diesmal nicht zu Tode, denn er hatte sich irgendwie denken können, dass Suga nach ihm sehen wollen würde. Das tat er immer. Seine Gesichtszüge, wie aus dem Nichts, entspannten sich kurz, wurden sanft und liebevoll, seine Lider senkten sich ein wenig, halb. Ach Suga.. Doch konnte er nicht lange so verharren, nicht, wenn er eigentlich im Inbegriff war, im Chaos zu versinken. Insbesondere, da ihm eine Sache gewaltig auffiel, was seine Pupillen zu erweiten brachte. Der Laptop... scheiße, er ist noch an, scheiße, die Playlist, S C H E I ß E. Jetzt ging es nichtmal mehr primär darum, dass er klare Gedanken fassen musste, sondern.. fuck, der Laptop. Da er Suga immer noch nicht geantwortet, und ihn wahrscheinlich bereits schon zu lange warten gelassen hatte, atmete er kurz, lautlos, durch, bevor seine Finger zum Schloss glitten und er sich zuerst umdrehte. Oh Gott.. er war so nervös. Langsam drehte er das Schloss, öffnete die Tür einen Spalt und lugte heraus. Fast schon etwas... scheu hob er den Kopf, begegnete dem besorgten Blick des Minthaarigen und merkte, wie das leere Bauchgefühl noch stärker wurde. Den Spalt zwischen Tür und ihm vergrößerte er sofort, starrte Suga irgendwie so idiotisch sanft und überrumpelt an, wechselte jedoch einen fieberhaften Blick mit Minho hinter ihm. Immer wieder, zwischendrin, während er sprach. "Hey.." Er presste seine Lippen leicht aufeinander, wechselte wieder einen Blick mit Minho und.. machte wie per Telepathie mit ihm aus, dass erstens er diesen kack Laptop irgendwie ausmachen musste, zweitens Luca Suga ablenken müsste und drittens.. dass der Blonde verdammt aufpassen musste, nicht allzu viel zu stottern. "Mir.. ging's nicht so, keine Ahnung, ich glaub.. das Sushi von vorhin.. und..", er suchte nach Ausreden, musste höllisch aufpassen, dass er nicht jetzt schon mit seinem Geständnis anfing, denn er hatte sich noch keine Worte zurecht gelegt. "Ich hab.. uh.. wegen dem Tag, ich glaub das wurde alles zu viel.. also, ich hab nicht.. gekotzt oder so.. mir gehts wieder besser, ich hab nur.. ich brauchte etwas.." Wow, er stotterte. Wie ein Idiot. Das schlimmste daran war, dass er so an sich reißen musste, seinem Besten nicht mit den Augen zu folgen, denn innerlich rastete er gerade mega aus. Er musste den KACK Laptop AUSSCHALTEN und ihn nicht ANSTARREN. Seine Augen weiteten sich ein wenig, als er sich doch nicht ganz zurückhalten konnte, regsitrierte jedoch erschrocken, dass Suga sich fast umgedreht hätte. "Ähhh SUGA", platzte es aus ihm heraus, schlagartig legte er seine Finger um das schmale Handgelenk des Jüngeren und hinderte ihn daran, sich umzuwenden. "Ich.. ich wollte noch mit dir reden. Wegen heute Nachmittag in der Toilette und.. im Musiksaal.. was du alles gesagt hast", leitete er vorsichtig ein, der Griff um dessen Handgelenk war zärtlich, aber trotzdem .. mit der Wichtigkeit unterstrichen, dass er ihm zuhörte. "Ich habe darüber nachgedacht, und ich.. ich finde.. also, ich habe das Gefühl, dass-" Ein Klingeln durchbrach seine Ansprache, abrupt riss Luca den Kopf hoch und starrte in Minhos Gesicht. Er bekam selten Anrufe, wenn es nicht um das Management und Pulse ging.. und.. das war gerade.. kein gutes Timing.
Minho war sich sicher, dass er in seinem Leben noch nie so gefailt hatte. Eigentlich war es Lucas Job, auszurasten, vor sich hinzustottern und Bullshit zusammenzulabern...und ganz sicher nicht seiner. Aber irgendwie...fiel es ihm so unglaublich schwer, einfach gerade jetzt cool zu bleiben, wo Suga mit dem schlechtesten Timing aller Zeiten in der WG aufgetaucht war. Nervös knabberte er hinter Suga auf seinem Daumennagel herum, beäugte immer wieder die Tür, gegen die Suga geklopft hatte und wippte dabei auf den Fußballen auf und ab. Vielleicht lag es auch einfach an diesem misstrauischen Blick, den der Minthaarige immer aufgesetzt hatte, der Tatsache, dass er Minho einfach knallhart durchschaute. Und Minho dankte Gott im Himmel als Luca endlich die Tür aufmachte, denn wenn er jetzt nicht rausgekommen wäre, hätte er sich irgendwas anderes einfallen lassen müssen, um das zu erklären. Und wie man merkte, war Minho unglaublich schlecht im Improvisieren. Über Sugas Kopf hinweg blickte Minho Luca fast ein wenig ängstlich an, hoffte, dass er gehört hatte, dass er Suga hatte verklickern wollen, ihm würde es nicht gut gehen. Der drängende, kurze Blick, den Luca ihm sandte, ließ ihn die Augenbrauen hochziehen und er neigte den Kopf wie ein Welpe, der ein Kommando seines Herrchens nicht verstanden hatte, setzte ein fragendes Gesicht auf, bevor er Suga wieder beäugte. Während Luca irgendwas von vergammeltem Sushi laberte, versuchte Minho rauszufinden, was zum Fick er ihm mit diesen Blicken sagen wollte, fragend nickte er in Richtung ihres gemeinsamen Schlafzimmers und es dauerte noch ein paar Momente, bis er schaltete. Der Laptop. Luca musste...die Beweise darauf gefunden haben. Lucas Augen weiteten sich eindeutig. Und...ohhhhhhh. Fuck. Ganz nebenbei schlenderte Minho an Suga vorbei, kratzte sich dabei am Nacken, während Luca weiterredete, sein plötzlicher Ausruf ließ den Schwarzhaarigen jedoch zusammenzucken und an Ort und Stelle erstarren. Es war wie in einer schlechten Comedy Serie und dass Suga sich langsam aber sicher irgendwie verarscht vorkam, konnte Minho an der immer steiler werdenden Falte zwischen seinen Augenbrauen erkennen, die dann jedoch sofort verschwand als Luca anfing, vom heutigen Nachmittag, den die beiden zusammen verbracht hatten, zu reden. Auf einmal sah er einfach nur besorgt aus. G o t t. Er hatte es wirklich die ganze Zeit vor ihnen geheimgehalten. Sie beide konnten sich von seiner Schauspielerei echt mal ne Scheibe abschneiden. Innerlich wurde Minho heiß und kalt, während er versuchte sich unauffällig durch den Flur zu bewegen. Wollte Luca ihm jetzt direkt alles gestehen? Und hell no, er würde diesen Moment ganz sicher nicht zerstören. Noch zwei Schritte mehr und er wäre im Schlafzimmer verschwunden. Gerade hatte er den Fuß über die Türschwelle gesetzt, da unterbrach das Klingeln seines Handys Lucas Worte und Minho schloss mit einem tiefen Seufzen die Augen, warf den beiden ein entschuldigendes Lächeln zu und gestikulierte, dass er im Schlafzimmer reden würde, bevor er so schnell er konnte über die Ansammlung von Kleiderhaufen auf dem Boden sprang, Sugas Bett erreichte und auf die offenstehenden Dateien schloss, den Laptop zuklappte, währenddessen abhob. Er hatte nicht mal auf den Namen des Anrufers geschaut, doch als er Sejin am anderen Ende der Leitung hatte, wunderte ihn das nicht wirklich. „Mhm...kay...warte...WAS....4 Songs?!! Ich...oh mein Gott, haha ok. Ja, ich geb allen Bescheid...ich...oha...ok, bis gleich.“, stammelte er dann total blöd drauf los und legte auf, raste quasi zurück in den Flur und kam schlitternd vor Suga und Luca zum Stehen. „Wir...haben 15 Minuten, um uns im Trainingsraum zu versammeln. Ich muss die anderen anrufen. Wir kriegen ne live Show mit 4 Songs.“ , informierte er sie knapp und irgendwie außer Atem und seine Augen begannen aufgeregt zu leuchten. „Fuck Jungs, wir kriegen ne live Show!“, stieß er dann aus und hatte in der nächsten Sekunde schon die Nummer von Namjoon gewählt und war in der Küche verschwunden.
Eine Live-Show.. eine Live-Show.. mit vier Songs.. Für den Augenblick schienen sich seine ganzen Gedanken, alles, was er sich fieberhaft zusammengelegt hatte, aufzulösen, seine Augen weiteten sich und seine Lippen formten ein stummes O. Luca war kurz davor, einfach drauf los zu brüllen, denn obwohl es gerade den gesammten Moment zerstört und ihm die Chance auf ein Geständnis genommen hatte, hatte er so lange auf diesen Tag gehofft. Der Tag, an dem ihre erste live-show angekündigt wurde. In einem jubelnden, ausrufendem Lachen zog er Suga in seine Arme, sprang ihn mehr oder weniger halb an und rastete erstmal über diese guten Neuigkeiten aus. Er vergaß für diesen Moment komplett, was für einen Tag er gerade hinter sich hatte, welche Erkenntnis ihn noch vor wenigen Minuten überollt hatte und dass sein Herz nicht nur so wild gegen seine Brust hämmete, weil er für den Auftritt pumped war. Wie verdammt lange hatten sie auf diesen Tag hingearbeitet; Pulse war damit zwar einer der schnellsten, die ihren Live Auftritt noch vor den offiziellen Erscheinungsdaten der Musikvideos bekamen, aber hatten sie sich schon echt eins abrackern müssen dafür. "Oh mein Gott wir.. wir haben einen Live-Auftritt, man!", rief er dem Jüngeren entgegen, umgriff dessen Handgelenke und schüttelte sie aufgeweckt, voller neu gewonnener Lebensfreude vor ihren Gesichtern. "Holy shit.. holy shiiiit", summte er in aufgeregtem Sing-Sang-Ton, ließ seinen Blick etwas sinken und - ja, eigentlich stand er hier aus einem ganz anderen Grund. Doch könnte er es ihm jetzt nicht so sagen, nicht, wenn sie auf Hochturen laufen und in den nächsten eineinhalb Tagen ihre Choreos non-stop durchgehen müssten. Er durfte.. er konnte Suga diese Konzentration nicht rauben. Und sich selbst noch weniger, auch wenn sie das bereits tat. Egal, wie sehr er darauf brannte, wie sehr er ihm in die Fresse klatschen wollte, dass er es wusste.. er musste warten.
~*~
Die letzten beiden Tage waren wie im Flug vergangen, das Training hatte sie alle samt mitgerissen und für ihren Auftritt gepusht wie sonst was - und jetzt standen sie wirklich hier. Backstage, hinter ihrer ersten Bühne, die wohl gemerkt verdammt riesig für eine Einsteiger Kpop Band wie sie war.. Sejin hatte ihnen erzählt, dass die Gastgeber sehr beeindruckt von ihren bisherigen Songs gewesen waren und den beiden Musikvideos, die sie bereits veröffentlicht hatten. Bulletproof und No waren die einzigen, bei Danger und War of Hormone liefen lediglich die Lyrics-und 'Trailer'-Sequenz-Formate. Allerdings hatten sie das Filmmaterial für Danger bereits im Kasten, lediglich der Zusammenschnitt fehlte. Aber das war auch nicht das, was gerade entscheidend war. Fans aus ihrem Heimatort, sowie neue, kleine Massen standen an den vordersten Reihen - und Luca verzweifelte eher gerade daran, verkabelt zu werden. "Ah, das kitzelt", kicherte der, nun wieder Schwarzhaarige - lastminute Färbung - und biss sich aufgeregt auf die Unterlippe, schüttelte seine Hände. "Leute, Leute, ohmeingott wir werden die Bühne jetzt sowasvon auseinander nehmen!" Es war nicht das erste Mal, dass Luca auf einer Bühne stand - aufgrund der Tanzwettbwerbe, die er als kleiner Junge bestritten hatte, wusste er, wie das war. Das hieß jedoch nicht, dass es ihn weniger nervös machte - ganz und gar nicht. Allerdings würde sich seine blanke Nervosität, die ihn jetzt schon so feurig antrieb, in pures Adrenalin verwandeln, sobald er mit seinen Jungs auf der Bühne stand.
Suga hatte irgendwann den Eindruck bekommen, dass die beiden sich gerade einen ziemlich schlechten Scherz mit ihm erlaubten und seine Augenbrauen waren immer weiter seine Stirn nach oben gewandert als Luca vor ihm angefangen hatte zu stottern. Eigentlich war er kurz davor einen Kommentar abzulassen, einfach...weil er keine Überraschungen und so Kram mochte und gleich befürchtete, dass er sich hier irgendwie bei versteckte Kamera befand. Doch als Luca ihn dann am Handgelenk packte und seine Stimme so einen ganz anderen, fast ernsten Tonfall annahm, verschwand sein aufkommender Ärger sofort, zerplatzte ins absolute Nichts und Suga hatte die Augenbrauen leicht zusammengezogen. Was genau Luca ihm hatte sagen wollten, war jedoch nie über seine Lippen gekommen, denn Minho platzte wortwörtlich zwischen sie, verkündete freudestrahlend ihren ersten Live Auftritt mit 4 ganzen Songs und Suga spürte basically, wie ihm das Herz in die Hose rutschte, bevor er sich in einer überschwänglichen Umarmung wiederfand, als Luca ihn halb ansprang und total ausflippte. Instinktiv schlang Suga seine Arme um ihn, lachte sogar los als Luca seine Hände nahm und ihn aufgeregt schüttelte, dabei vor sich hinsummte. Grinsend vergrub Suga sein Gesicht in seinen Händen und schüttelte leicht den Kopf, realisierte erst dann, was dieses seltsame Prickeln in seinem Körper war und dass es ausnahmsweise einmal nichts mit Luca zu tun hatte. Er hatte Lampenfieber.
~ * ~
„Fuck, fuck, fuck fuckfuckfuck.“ Leise vor sich hinfluchend zwirbelte Suga an der Kette um seinen Hals, grub seine Zähne immer und immer wieder in seine Unterlippe, den Blick starr auf einen unbestimmten Punkt gerichtet. Eigentlich war er ruhig, beziehungsweise...hatte allen vorgetäuscht, er wäre ruhig, dass er ja viel zu cool für Nervosität war. Doch mittlerweile, wo es nur noch wenige Minuten waren, bis sie ihren ersten Song We are Bulletproof performen würden und im Anschluss gleich noch 3 weitere, begann sein Herz zu rasen und so laut und fordernd gegen seine Brust zu pochen, dass Suga sich sicher war, dass man es hören konnte. Kurz glitten seine Augen beiseite, streiften Luca, der als Letzter von ihnen noch verkabelt wurde und ein kurzes Grinsen umspielte seine Mundwinkel, als er sah wie er kicherte, als ihm jemand vom Team das Mikro ansteckte. Er selbst hatte, so wie der Rest der Rap Line ein tragbares Mikro bekommen und sich den Stress mit dem Headset sparen können und Suga war dankbar dafür, weil er so wenigstens seine Hände um irgendetwas klammern konnte, das ihm Halt gab. „Ich sterbe, ich sterbe, ich sterbe...“ Minho hüpfte neben ihm auf und ab und Suga kicherte ein wenig, zog an seiner fetten Goldkette und schenkte dem Leader ein zähnebleckendes Grinsen. Sie alle waren gekleidet in farblich aufeinander abgestimmte Outfits, dominiert von Gold, Schwarz und Weiß und Suga fühlte sich wohler in den Stageklamotten als er gedacht hatte. „Guck, dass du deinen FlicFlac nicht verkackst.“, grinste er an Minho vorbei in Richtung Luca und wippte fast ein wenig gemein mit den Augenbrauen, bevor sie vom Bühnenteam ein Zeichen bekamen, dass sie sich bereit machen sollten und in der nächsten Sekunde schon die Stimme ertönte, die sie ankündigte. „Ok ok, Jungs...kommt her.“ Minho wank sie alle zu sich und Suga spannte die Knöchel leicht an, stellte sich dann zu den restlichen Membern in den Kreis, sah den Leader an, der übers ganze Gesicht grinste. „Das wird ne geile Show heute, rocken wirs!“ Suga nickte entschlossen, bevor sie alle einstimmig ihren Kampfschrei ausstießen: „Feel the pulse, pulse, PULSE!“ und dann die Bühne betraten. Wie abgemacht schenkten sie ihrem Publikum, die sie mit lautem Applaus und Rufen begrüßten, zuerst keinerlei Beachtung und Suga versuchte, die Masse an Menschen einfach auszublenden, nahm seinen Platz hinter JHope ein und schloss kurz die Augen, atmete tief durch. Zwischen dem ganzen Lärm konnte er einzelne Fans ihre Namen schreien hören, bevor alles, was sich außerhalb der Bühne abspielte, in der Musik ertrank und Namjoon vorne anfing zu rappen. Sugas Finger hörten in dem Moment auf zu zittern, in der er die Stimme des Älteren in seinem Ohr hörte, verdrängte einfach die Tatsache, dass das hier der richtige Beginn ihrer Karriere war und konzentrierte sich voll und ganz auf alles, was ihm in den letzten Monaten beigebracht worden war. Und es saß, jede geschmeidige Bewegung, jeder Schritt saß und Suga hatte sämtliche Aufregung verloren als er in die erste Reihe tanzte, sie sich alle synchron bei Minhos Part die Shirts hochschoben und der Minthaarige nichtmal darüber nachdachte, wie unsicher und anxious er eigentlich war, wenn es darum ging, sich mit seinen definitiv besser gebauten Membern zu vergleichen. Untätig gewesen war er nämlich auch nicht und das Training hatte sich ausgezahlt, hatte seine Statur definierter und sportlicher werden lassen. Doch er dachte darüber nicht nach, auch nicht als er ins Zentrum glitt, das Mikro hob und so schnell zu rappen begann, dass er einfach aufhörte Luft zu holen, seinen Blick in die Menge gleiten ließ, jedes seiner Worte wild gestisch untermalte und das alles ohne auch nur einen Hauch außer Atem zu kommen, sich am Schluss nur einmal über die Lippen leckte. Fuck, er liebte es...er liebte es viel zu sehr live zu performen und er blühte förmlich auf wie eine Blume, die zu lange in der Dunkelheit gestanden hatte.
Luca konnte das Gefühl, das seinen gesamten Körper durchströmte und ihn mit einer Lebensfreude und Leidenschaft packte, dass sich die Nervosität in pures Adrenalin verwandelte, nicht einmal ansatzweise beschreiben. Kaum, dass sie auf der Bühne standen, der charakteristisch einprägsame und starke Bass anfing einzusetzen und die Fanmasse jubelte, war Luca auf seine 110% getrimmt. Neben ihrer akkuraten Stage Performance, die sie schon zu Anfang so verdammt gut aufeinander abgestimmt vorführten, saß nicht nur jeder einzelne Schritt, den er tat, perfekt - nein, auch seine Mimik spielte ziemlich gut mit, riss die Menge in die antreibende 'Badboy' Laune hinein. Und als Luca zum ersten Mal an der Spitze der Formation stand, grinste er beim Singen so stolz und lässig, dass es die Mädchen in den ersten Reihen zum Kreischen bewegte. Es erfüllte ihn mit unsagbaren Stolz, dass ein paar Schritte in dieser Choreo von ihm und Minho dazugedichtet wurden, der Choreograph hatte in ihnen und ebenso in Hoseok verdammt riesen Talent gesehen. Doch alle zusammen ergaben sie das Bild, das von den Newcomern 'Pulse' exakt vermittelt werden sollte: Sie rissen mit einem derart präsenten Selbstbewusstsein die Stage unter ihren Nagel und waren dabei so fucking fierce. Und das traf auch bei ihren Solo Stellen zu, der elegante und dennoch wahnsinnig mutige Flip über Hoseok gelang ihm fehlerfrei, er hatte sich Sugas Worte eben direkt zu Herzen genommen. Nichts mangelte ihnen an der Choreo, allesamt gaben sie mehr als 100% und rissen die Menge mit sich. Ein verdammt gutes Gefühl, das Lucas Adrenalinkick immer mehr pushte. Nach ihrem ersten Song, als sie in der End Pose in einer Reihe standen, lag es an seinem Besten Minho, mit dem Publikum zu sprechen. Schlichtweg, um sowohl treuergebenen Fans, als auch Neuen zu danken, dass sie hier waren, Pulse kurz vorzustellen, indem jeder seinen Namen nannte, bevor es direkt mit den nächsten Songs weiter ging. Luca merkte zwischen drin, dass er sich ihren Songs, ihrer Performance so hingab, so viel Energie reinsteckte, dass er relativ schnell aus der Puste kam. Ihn hypte die Stimmung, besonders, die bei No wieder aufkam, so sehr, dass er unvorstellbar viel Herzblut dafür aufbrachte. No-Chills-Luca würde vermutlich nach diesem Auftritt ziemlich populär werden. Er nahm das Gefühl des Auftritts, die Fans, den Bass, der unter seinen Füßen bebte und durch sein Blut pulsierte, so stark wahr, dass er einfach keinen Gang runterschalten konnte. Mit jedem Song schaltete er auf mehr. Worauf er sich nach Danger auch besonders gefreut hatte, war ihr Neustes Lied. War of Hormone hatten sie außerhalb des Studios noch nie gesungen, geschweigedenn - außer im kommenden Musikvideo - sowie performed. Dafür zogen sie alle ihre Extras, die kleinen Extras die sie im MV ausmachten, aus den Hosentaschen - was bei Luca die Hosenträger waren. Es war unschwer zu erkennen, wie gut er darin war, mit den vordersten Reihen zu flirten, insbesondere als er sich die Dinger überzog und damit lachend den Kopf in den Nacken legte, als ein Mädchen kreischend ihr kleines Fanschild nach ihm warf. Oh, teaste er vielleicht etwas zu viel? Zu viel gibts nicht. Und so geil sich das berauschende Gefühl ihres ersten Live Auftritts unter ihnen ausgebreitet hatte, umso ausgelaugter waren sie, als es vorbei war. Allerdings nahmen sie jeden einzelnen, letzten Augenblick davon tief in sich auf, kamen zusammen und verbeugten sich vor ihren Fans. Luca guckte überdimensional glücklich lachend zu seiner Rechten, zu Minho, und zu seiner Linken, zu Suga. In diesem Moment, er sandte ein Dankesgebet in den Himmel, waren sie eins: Infinite.
Schief grinsend zog Suga sein weißes Bandana fester um den Kopf als sie ihren ersten Song zum Ende gebracht hatten und in einer Reihe vor dem Publikum standen, Minho ein paar Dankesworte an ihre Zuschauer richtete und sie sich dann einzeln vorstellen ließ. Unter dem Applaus des Publikums legte Suga zwei Finger an seine Schläfe, salutierte lässig in die Menschenmasse und verschränkte die Hände dann hinter dem Rücken, lachte zusammen mit dem Rest von Pulse, als Hoseok sich mit „I’m your hope, you’re my hope, I’m J H O P E" vorstellte. Sein Blick schweifte zurück zu den Dutzenden Handys und Fansigns die in die Höhe gehalten wurden und Suga grub seine Zähne leicht in seine Unterlippe, als er die Sprüche darauf erhaschte. Der Applaus, die Rufe, die Leidenschaft, die von ihrer kleinen, aber feinen Fanbase ausging, berührte ihn mehr, als er es zugeben würde, verursachte ihm ein warmes, angenehmes Gefühl im Magen und Suga senkte leicht lächelnd den Blick auf seine Füße, bevor sie sich zu N.O. aufstellten und die Musik wieder losging. N.O. war wild und voller Wut, voller Rebellion und unterdrückten Gefühlen, die endlich rausgelassen wurden und Suga liebte diesen Song, er spürte förmlich, wie das Blut schneller durch seine Adern pumpte, als sein Part begann, er vorne an der Bühne in die Knie ging, direkt in die auf ihn gerichteten Handykameras rappte und den Twitterhashtag #disrespectful auseinandersprengte. Danger und War of Hormone kamen und gingen und viel zu schnell war es vorbei und Suga fand sich stoßweise ausatmend in einer fetten Gruppenumarmung wieder, nachdem sie sich vor ihrem ausrastenden Publikum verbeugt hatten. Grinsend rückte Suga sein Barett-Hut, den er für ihren letzten Song gegen sein Bandana ausgetauscht hatte, zurecht, hob gönnerhaft eine Hand ins Publikum und ließ seine Zunge über seine Zähne wandern, bevor sein Blick zu Luca glitt, der neben ihm stand und er ihn einfach nur glücklich anlachte. Es war nicht oft, dass Suga sich zu so etwas hinreißen ließ, zu dem Lachen, bei dem seine weißen Zähne strahlten und seine Augen sich zusammenkniffen, doch in diesem Moment fühlte er sich so...gut, dass er nicht anders konnte. Der Applaus schien kein Ende nehmen zu wollen und auch Stunden später, als Suga in seinem Stockbett unter Luca lag und sie alle schon schliefen, klang er in seinen Ohren nach.
Die nächsten Tage waren die Hölle, vollgestopft mit Interviews und Promotion, Promotion, Promotion, denn ihre erste Live Show hatte eingeschlagen wie eine Bombe. Allein an der Followerzahl auf Sugas neu eingerichtetem Twitter konnte man ablesen, wie wichtig es gewesen war, dass sie sich ihren Fans, die von ihnen bisher nur auf YouTube gehört hatten, gezeigt hatten und Suga verbrachte nachts Stunden damit, durch sein Feed zu scrollen und sich die Nachrichten, die aufgeregte Fans über sie twitterten, durchzulesen. Es war neu, so von Fremden wertgeschätzt zu werden...doch Suga beschwerte sich nicht. Einige Hashtags wie #sugamint, #nochillsluca oder #worldwidehandsome amüsierten ihn sogar ziemlich sehr. Die goldene Krönung war jedoch als Minho an ihrem ersten freien Tag in der Woche in die WG kam, im Arm einen Stoß Magazine und ihnen ein fast lebensgroßes Poster von ihrem N.O. Musikvideo präsentierte. JHope und V fingen sich sofort an, darum zu kloppen, wer die Interviews vorlesen durfte und Suga mummelte sich grinsend mit einer Tasse Tee in einem der Sessel ein und hörte den Jungs zu. Minho hatte sich auf dem Fußboden breitgemacht, riss die Poster raus und faltete sie auf, gab hier und da ein paar böse Kommentare ab, doch Suga hob erst den Kopf als Minho ihm ein Poster von ihm selbst in den Schoß schob. „Hrrr~“, schnurrte der Leader und wippte kichernd mit den Augenbrauen, wofür Suga ihm einen Tritt verpasste, das Poster dann umdrehte und sich selbst betrachtete. Es war ein Schnappschuss von der Show, der Fotograf hatte den Moment festgehalten, in dem er während Bulletproof an den Rand der Bühne getreten war und in die Menge gestikuliert hatte und Suga verlor sich ein wenig in dem Anblick des Bildes, blickte auf die in Richtung Bühne ausgestreckten Hände der Fans, die im Takt zu seinem Rap mit geschwungen waren, sah erst wieder auf, als Luca das Wohnzimmer betrat und schenkte ihm ein leichtes Lächeln.
Den freien Tag, den Pulse nach dem Ansturm an Interviews und Promotion sich wohl mehr als verdient hatte, verbrachte Luca erstmal damit, zu schlafen. Ordenltich durchzuschlafen.. denn er tendierte dazu, aufgrund von Aufregung und dem Nervenkitzel nicht genug Schlaf zu bekommen und stattdessen die halbe Nacht wach zu liegen, grinsend. Es fühlte sich noch so surreal an, dass es mit ihrer Karriere jetzt so richtig anfing und ihre Manager bereits für nächste Live Auftritte warben, um Pulse mit jedem Schritt größer rauszubringen. Gerade war das jedoch die kleinste Sorge, vielmehr gar keine, die Luca hatte - ursprünglich hatte er sich nur umziehen und für höchstens zwanzig Minuten vor sich hindösen wollen. Pustekuchen; er war tief und fest eingeschlafen. Irgendwann wachte er von selbst auf - oder, sein Minhosensor sagte ihm, dass er in die Wohnung gekommen war -, rieb sich noch etwas schlaftrunken die Augen und kletterte die Sprossen runter. Auf dem Weg ins Badezimmer hörte er bereits das Geschrei von JHope sowie das Stimmengewirrwarr zwischen V und Minho, allerdings lag Lucas Priorität erstmal darin, sich das Gesicht zu waschen, bevor er ihnen joinen würde. Denn heute.. heute freute er sich nicht nur auf den freien Tag.. er trocknete sich das Gesicht mit dem Handtuch ab und blickte sein Spiegelbild an, atmete tief durch, biss sich auf die Unterlippe. Er hatte für heute geplant, Suga die Wahrheit zu sagen. Das, was ihm seit Tagen auf der Seele brannte. Was ein Vorteil daran gewesen war: Er hatte sich Gedanken darüber machen können. Darüber, wie er es ihm sagte, was er ihm sagte, wie er fühlte, was er wollte.. und der Einzige, der von diesem Plan Bescheid wusste, war Minho. Zwar nicht wann genau er statt fand, aber dass er ihn sich für heute vorgenommen hatte. Zurück im Stockbettzimmer wechselte er seine Jogginghose aus durch eine schwarze ripped skinny Jeans, zog sich ein lockeres, etwas weiteres, weißes T-Shirt drüber und fischte eine James-Dean Jeansjacke aus dem Schrank. Kurz überlegte er, ob er über seine schwarzen Haare noch eine Beane ziehen sollte, ließ es dann doch sein und schob sich stattdessen seine Ringe an die Finger. Seine beiden Freundschaftsarmbänder band er sich ebenfalls ums Handgelenk, er konnte nicht genug mentale Unterstützung haben. In seiner Jackentasche ertastete er das Handy und das, was er für die Autofahrt noch brauchen würde, trat schließlich mit einem entschiedenen, tiefen Atemzug aus dem Zimmer und schlenderte ins Wohnzimmer. "YO YO YO LUCA, du heißes Teil", brüllte JHope fett grinsend und breitete ein Poster aus, das ihn in einer perfekten Pose vom Live Auftritt bei War of Hormone zeigte, wie er sich mit dem Daumen über die Unterlippe fuhr - und dabei lasziv in die Menge blickte, mit der anderen Hand an seinem Hosenträger zog. "Rawr, du Biest", kommentierte V anzüglich mit den Augenbrauen wippend, was Luca ein helles Lachen entlockte. "Woah.. ich hab nichmal gescheckt, dass Fotos gemacht wurden..", merkte er an, fuhr sich durch die schwarzen Haare und ging neben Minho in die Hocke, um bei ihm mit rein zu gucken. Zwischendrin lachten sie alle kunterbunt darüber, welche Antworten wer gegeben hatte, oder wie ihre Jumps bei bestimmten Bildern aussah, bevor er neben Suga aufrutschte und auf sein Poster schielte. "Oha!", begeistert nahm er das Ding zwischen die Hände, grinste über beide Ohren und drehte seinen Kopf zum Minthaarigen. "Du Slayer! MC Sugamint sprengt die Bühne, skirr skirr", ahmte er die Rapweise der Amis nach und gestikulierte witzelnd, bevor er Suga in die Seite stupste und merkte, dass jedes Augenverdrehen, jeder Tritt, jedes Schubsen und jeder Augenkontakt den Drang in ihm verstärkte. Er musste endlich mit ihm alleine sein; das aufgeregte Pochen seines Herzens würde ihn sonst verraten. "Wo wollen wir eigentlich heute Abend essen gehen, Jungs?", fragte Jin in die Runde und bettete das Kinn auf seine Knie. Abrupt verfielen die Jungs in eine Diskussion, wohin sie gehen wollen würden, worauf sie Bock hatten, doch hielt sich Luca aus dem Gespräch raus. Aus gutem Grund. "Uhm.. also ich wollte mit Suga", insinktiv legte er einen Arm um seine Schultern und lächelte niedlich, "heute noch wohin. Also, rechnet nicht mit uns." Er wechselte einen vielsagenden Blick mit Minho, à la du weißt schon was ich damit meine, sein Lächeln verrutschte ein wenig ins Unsichere, doch kaschierte er das, indem er sich aufrichtete und Suga die Hand als Hilfe hinhielt. Das Funkeln in seinen Augen strahlte eine Wärme aus, die mit den Sonnenstrahlen konkurrierte. Suga wusste nichtmal, dass Luca was mit ihm vorhatte. Natürlich wusste er das nicht, aber diese Entscheidung hatte er ihm geradewegs abgenommen.
Gentlemanlike, wie Luca eben drauf war und.. vielleicht heute ganz besonders, öffnete er dem Minthaarigen die Beifahrertür seines Autos, umrundete es schließlich und setzte sich hinter das Steuer. Mit einem feinen Grinsen im Gesicht schnallte er sich an, hatte Suga die Frage, wohin sie bitte fahren würden, nicht beantwortet und sie jedesmal mit einem geheimnisvollen "Wirst schon sehen", einem Kichern, oder einem sanften "Vertrau mir" beantwortet. Kaum, dass er den Zündschlüssel angesteckt hatte, zog er aus seiner Jeansjackentasche eine CD Hülle. Eine, die weder beschriftet, noch sonst irgendwas war. "Wir machen jetzt einen Roadtrip", erklärte er locker, holte die CD aus ihrer Hülle heraus und schob sie in den Spieler. "Das ist unser erster freier Tag als Bandmember, aber..", er drehte seinen Kopf zu ihm und sandte ihm ein Lächeln, das Eis zum Schmelzen gebracht hätte. "Wir haben lange nichts mehr unternommen, was nichts mit der Band zutun hatte.. so wie früher. Alsoooo.. den guten alten Zeiten wegen", leitete er ein, das Lächeln wurde zu einem Grinsen und er wandte sich dem Steuer zu, bevor er losfuhr und die CD anfing zu spielen. Er wollte raus aus dem bebauten Seoul.. und bis er Suga erzählen würde, was ihn dazu bewegt hatte, einen kurzen Roadtrip mit ihm zu machen, widmete er ihm - auch wenn er das vielleicht noch nicht ahnte - nun seine CD an ihn. Wie lange es dauern würde, bis Suga begriff, worum es hier ging, konnte Luca nicht sagen.. aber er würde, bis sie dort ankamen, wo er Suga hin entführen wollte, nichts sagen. Kein Wort. Lediglich zu der Musik mitsingen, die er für diesen Trip ausgesucht hatte.
Sugas Lächeln verzog sich zu einer Grimasse als Luca sich neben ihn pflanzte, ihm sein Poster aus den Händen nahm und ihm dann begeistert in die Seite piekste. Geschlagen von so viel Übermut auf einem Haufen verdrehte Suga die Augen und stützte seine Unterarme auf seinen Oberschenkeln ab, beugte sich vor, um sich von Minho eins der Magazine reichen zu lassen. In den letzten Tagen war soviel vor sich gegangen, dass Suga fast gar keine Zeit gehabt hatte, an den unangenehm drückenden Knoten in seinem Hals zu denken, an die Bitterkeit, die er geschluckt hatte wie Gift und die ihn von innen auffraß, ihn langsam verätzte. Doch auch Luca hatte es anscheinend aufgegeben, nach dem Urheber der CD zu suchen...oder die ganze Sache wenigstens hinten anzustellen. Aufgrund ihres vollen Terminplans waren sie diese Woche eh nicht in der Schule gewesen, also keine Gelegenheit, sich noch mehr lügenden Tussen in den Weg zu stellen. Worüber Suga ganz froh war. Gerade war er in eins ihrer Interviews versunken, da erhob Jin die Stimme und Suga schielte zu ihm hoch, bevor sein Blick zu Luca wanderte. Automatisch. Er selbst würde eh keinen Vorschlag machen und meistens...wenn er Luca nicht gerade absichtlich ein wenig ärgern wollte, hielt er bei solchen Entscheidungen immer zu ihm. Luca hatte immer gute Ideen, doch als der Schwarzhaarige neben ihm äußerte, er hätte heute Abend etwas anderes vor...etwas mit ihm vor, hob Suga die Augenbrauen, während sein dummes Herz bei Lucas freundschaftlich um ihn geschlungenen Arm ein wenig schneller zu klopfen begann. Fast ein wenig verständnislos sah er den Älteren an, bevor sein Blick zu seiner ihm dargebotenen Hand rutschte. Und natürlich nahm er sie...er würde immer, immer und überall Lucas Hand nehmen.
Ein paar Minuten später saß er in seiner weißen Bomberjacke neben Luca auf dem Beifahrersitz und wusste nicht, was er fühlen sollte. In seinem Inneren schien alles unkontrolliert hin und her zu rasen, alles zu verwüsten und die Tatsache, dass Luca ihm nicht sagte, wo sie hinfahren würden, machte das alles nur noch schlimmer. Trotzdem entlockten ihm die Worte des Älteren ein leichtes Lächeln und weil er seinen Blick in seine im Schoß gefalteten Hände gerichtet hatte, sah er nicht, dass Luca eine genauso unbeschriftete Hülle samt CD hervorholte, sie einlegte. „Mhh...nur wir zwei?“, fragte er dann und strich sich die mintgrünen Strähnen aus der Stirn, als er Luca ansah, der ihn so sonnig anstrahlte, dass er mit diesem Lächeln definitiv den Frühling hätte einläuten könnte. Und Frühling war genau das, was in Sugas Herz anbrach, als sie losfuhren, der erste Song startete und Suga ihn in den ersten paar Schlägen erkannte. Eine Weile hörte er zu, bevor sein Blick unweigerlich zu Luca wanderte, der eine Hand am Steuer hielt und die andere bequem in das offene Fenster gestützt hatte, durch das die laue Luft hineinzog und durch seine schwarzen Haare wehte. Suga konnte gar nicht anders als ihn dabei zu beobachten, wie er mitsang, wie er im Takt des Liedes mitwippte, einfach partout nicht stillhalten konnte und die Melodie mit jeder Faser seines Körpers einfach so zu genießen schien, dass es dem Jüngeren ein sanftes Lächeln ins Gesicht trieb. Doch es dauerte nicht lange, bis Suga...etwas bemerkte. Er wäre kein Songwriter und Komponist, wenn es ihm nicht aufgefallen wäre...wenn er nicht gemerkt hätte, wie diese Lieder untereinander zusammenhingen, fast eine Geschichte sponnen und Suga drehte den Kopf beiseite, sah aus dem Fenster auf seiner Seite, versuchte, seine Gedanken zu ordnen, durch die ein plötzlicher Wirbelsturm gefahren war. Straßen, Gebäude zogen an ihm vorbei, doch Suga sah sie nicht mal richtig, bemerkte auch nur am Rande, dass sie Seoul irgendwann hinter sich ließen.
If we walk down this road, we’ll be lovers for sure so tonight kiss me like it’s do or die and take me to the other side
Er sagte kein Wort, konnte es gar nicht, denn der Kloß in seiner Kehle schien noch weiter anzuschwellen und Suga begann seine Hände in seinem Schoß zu kneten, auf seiner Unterlippe rumzuknabbern und in seinem Herzen erwuchs Panik, denn er konnte nicht einordnen, was hier genau passierte. Wieso Luca eine CD eingelegt hatte, die seiner so ähnlich war, die genau seinen Gedankengängen folgte, die...exakt dasselbe Konzept hatte wie sein Valentinsgeschenk. Und wieso jedes Lied eine Liebeserklärung war.
Boom clap, the sound of my heart The beat goes on and on and on and on and Boom clap You make me feel good Come on to me come on to me now
Sein eigenes Herz schien sich nicht entscheiden zu können, raste wie wild in seiner Brust, bevor es in der nächsten Sekunde langsam und ruhig arbeitete und Suga einfach die Augen schloss, sich in den Songs fallen ließ, sich dazu zwang, sich zu entspannen. Langsam lehnte er den Kopf gegen die Lehne, atmete durch, bevor sein Blick zu Luca zurückkroch, er konnte nichts dagegen tun. Du weißt es, oder? Verdammt, du weißt es.
Vielleicht übertreibte er mit den Titeln. Vielleicht hatte er sich so weit aus dem Fenster, wortwörtlich wie er gerade auf der Autofahrt tat, gelehnt und viel zu viele Liebeslieder drauf geladen. Vielleicht war seine Message dahinter zu stark, zu utopisch, zu romantisch, zu.. Luca. Er war klischeehaft, er war es super gerne, und er fühlte sich in Sugas Gegenwart, auch wenn er innerlich unglaublich aufgeregt und unruhig war, was er von Außen nicht einmal ansatzweise ausstrahlte, gut damit. Er genoss diese Art von Musik immer, und gerade.. gerade hatte sie eine ganz besondere Bedeutung. Just like first love. Er sang so befreit zu den Liedern, genoss den Wind in seinen Haaren mit jeder Faser seines Körpers, die Sonnenstrahlen, die Naturabschnitte, die sich endlich vor ihnen auf auffächerten - Seoul war viel zu hektisch, gestresst und vollgestellt für das, was er Suga mitteilen wollte. Doch war er nicht blöd. Mit jedem Blick, den Luca ihm zwischendrin zuwarf, nur kurz, da er sich auf die Straße vor sich konzentrieren musste, merkte er, dass er darüber nachdachte. Darüber, was das zu bedeuten hatte. Und als er flüchtig den Blick des Jüngeran auffing, kroch ein feines, kleines Lächeln in seine Züge. Er wusste, was Suga in diesem Moment gedacht hatte - er hatte es aus seinen Augen heraus gelesen. Er ahnte, dass Luca Bescheid wusste. Er sah wieder weg, befeuchtete seine trockenen Lippen, presste sie kurz aufeinander und steuerte auf die Bucht zu, die er im Auge hatte. Seine Hand am Steuer drippelte den Anfangstakt von Something Just Like This, es war der letzte Song auf der CD, den Luca komplett mitsang. So wie eigentlich fast jeden Song auf der CD, aber diesen ganz besonders. Luca ging sehr gerne auf diesen Song ab, die Melodie und der Refrain rissen ihn immer so enthusiastisch mit - diesmal war er jedoch, schien er jedenfalls, sehr entspannt und seelenruhig. Just something I can turn to, somebody I can kiss. I want something just like this. Es war der letzte Song auf der CD, und beendete damit auch ihre Hinfahrt. Zunehmend wurde Luca nervöser, sein Herz stolperte ein wenig mehr und schlug schneller, als er von der Straße runterfuhr und durch eine Landstraße fuhr, die ihn zu einem guten Platz der Bucht führte. Er drehte den Zündschlüssel heraus, schnallte sich ab und nickte nach Draußen. "Komm.", richtete er sanftmütig grinsend an ihn, bevor er die Fahrertür öffnete und als Erster ausstieg. Er hatte noch immer kein Kommentar abgeben, zu nichts, nicht einmal den Blicken oder sonst was. Obwohl er sich mittlerweile fast sicher war, dass Suga durchschaut hatte, was hier vorging. Oder zumindest auf seine Art und Weise. Luca setzte sich auf die Motorhaube, was einem den perfekten Ausblick über die Klippe verschaffte, raus auf die Weiten des Wassers, der Felsbrocken, das Rauschen der Wellen. Er ließ Suga so viel Zeit, wie er brauchte, wartete und drehte seinen Kopf leicht, als er sah, dass er zögerlich auf ihn zukam. Er klopfte auf den Platz neben sich, konnte nicht fassen, wie lässig er das anscheinend gerade alles machte, obwohl er innerlich zitterte vor Aufregung. Eine Weile lang saßen sie einfach nur nebeneinander, sagten nichts - das war es auch, was Luca als erstes wollte. Dass Suga Ruhe hatte, dass er in sich gehen könnte, sich auf alles, was er jetzt erwartete, vorbereiten konnte, dabei diese Aussicht und frische Luft genießen konnte. Nicht diese verpestete, wie in Seoul, wo es einem oft schwer fiel, klare Gedanken zu bekommen. "Als ich dich damals in dem Musikzimmer gestört hab..", brach er die Stille mit seiner angenehmen, hellen Stimme, sah auf den Boden vor sich und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen, ehe er zu dem Minthaarigen neben sich blickte. "Was war dein erster Gedanke von mir?" Er hatte keinerlei Ansprache hierfür geplant, ja, er hatte sich ein paar Sachen überlegt, die er erwähne wollte.. aber, was er ihm im Endeffekt sagen würde, lag jetzt ganz bei Luca selbst. Er würde auf das horchen, was sein Inneres ihm sagte.
Sugas Blick rutschte automatisch durch die Frontscheibe an den Horizont als dort etwas in sein Sichtfeld rückte, was seine Aufmerksamkeit auf sich zog, ihn sogar kurz davon ablenkte, dass es ihm schwerfiel, normal zu atmen. Für ein paar Sekunden verschwand seine Nervosität als die Felsen, Klippen, die kleine Bucht vor ihnen auftauchte und Luca von der Straße abfuhr, sie auf eine Landstraße kamen und dieser bis zur Bucht folgten. Die letzten Takte des Lieds verklangen und Suga senkte den Blick wieder, drehte den Kopf nur leicht beiseite als Luca ihn sanft dazu aufforderte, mit ihm zu kommen und auszusteigen. Wie festgewachsen beobachtete der Jüngere wie Luca auf der Motorhaube Platz nahm, in der Betrachtung der Wellen versank, doch er rührte sich erstmal nicht, erlaubte sich in den paar Sekunden, in denen er sich auf das, was jetzt kommen mochte, vorbereiten konnte, dazu, seinen Gefühlen freien Lauf zu lassen. Automatisch vergrub er sein Gesicht in seinen langen, schlanken Fingern, beugte sich ein wenig vor und zwang sich, mit einem tiefen Atemzug zur Ruhe. An seinem Arm klimperte der Yin Anhänger, reflektierte das Licht, das von außen einfiel und Suga biss die Zähne zusammen, öffnete dann die Autotür. Vor was hatte er Angst? Luca hatte ihn ins Gefecht geführt, er musste diese Schlacht jetzt schlagen...er hatte nichts mehr zu verlieren, denn Luca hatte ihm seine Maske, seinen Schutzpanzer abgenommen. Das hier war Luca...und Luca...Luca, konnte ihm gar nicht wehtun. Oder? Zögernd trat er an den Schwarzhaarigen heran, nahm dann Platz neben ihm und sie verfielen beide in Schweigen. Kein unangenehmes Schweigen, die Stille glich der, die sich über sie legte, wenn sie zusammen im Musikraum saßen, wenn sie im Wohnzimmer in der WG gammelten, Suga über Songs brütete, während Luca an ihn gelehnt, da saß, ihm einfach nur zusah. Es war eine angenehme, dankbare Stille, in der Suga sich auf die Szenerie, die sich ihm bot, konzentrierte, auf den leichten Wellengang, die Schaumkronen, die auf dem Wasser tanzten, die Art, in der sich das Licht brach, den frischen Wind, der zu ihnen hinüberwehte und ihnen durch die Haare fuhr, Sugas Jacke um ihn herum aufbauschte. Es war so friedlich, wirkte fast als wären sie ganz alleine auf der Welt, als wäre dieser Ort nur für sie geschaffen worden und Suga merkte, wie er Stück für Stück ruhiger wurde. Lucas helle Stimme durchbrach schließlich die Stille und Suga musste unweigerlich ein wenig grinsen, als er an ihr erstes Treffen im Musikzimmer dachte. Es war jetzt schon über ein halbes Jahr her und doch erinnerte er sich viel zu gut daran. „Mhh...willst du eine schöne oder eine ehrliche Antwort?“, fragte er und schielte schon fast belustigt zu dem Älteren herüber, bevor er wieder ernst wurde und darüber nachdachte, wie er am besten auf seine Frage antworten sollte. „...ich war genervt, misstrauisch...ich dachte es ist unmöglich, dass eine einzige Person von jedem gemocht werden kann, ohne fake zu sein.“, antwortete er schließlich ehrlich, sah Luca mit zusammengezogenen Augenbrauen an. „Aber du hast mir schnell das Gegenteil bewiesen...ich schätze mein zweiter Gedanke war irgendetwas wie...die fucking Sonne geht mit ihm auf.“ Suga lächelte leicht in sich hinein, zog die Knie an und verschränkte seine Arme darauf, Luca hatte Licht in seine tiefste Finsternis gebracht, jede dunkle Ecke hell erleuchtet...und er hatte nie aufgehört, zu scheinen. „Was für ein glücklicher Zufall das doch alles gewesen ist..."
Aufrichtig, leise vor sich hinlachend, richtete er den Blick wieder nach vorne - Sugas rhetorische Frage musste er nicht beantworten. Er würde immer die Wahrheit wissen wollen; vor allem jetzt, wo ihm Lügen aufgetischt worden waren, die ihn zum verzweifeln gebracht hatten. Obwohl er einer Lüge wohl auf ewig verzeihen würde: Sugas. Und er vertraute so sehr auf ihn, auf ihn und seine Ehrlichkeit, die ihm gerade alles, absolut alles bedeutete.. und er wurde nicht enttäuscht. Er sagte ihm gerade heraus, was sein erster Eindruck gewesen war, und es unterschied sich massiv vond dem, was andere über ihn sagten. Der Grund, warum er Suga als Einzgiem glaubte, blindlings, ganz gleich, ob die Wahrheit schön, schlecht, traurig, mitreißend, oder sonst was war. Bei seinen nächsten Worten senkte Luca den Blick auf seine Finger, drehte an seinen Ringen und.. lächelte. Idiotisch. Irgendwie.. als könne er mit diesem Kompliment nicht umgehen, weil es ihn sonst hätte rot werden lassen können, was es zum Glück nicht tat. Daran war aber auch nur seine Ausdrucksweise Schuld: die fucking Sonne geht mit ihm auf. Die Wärme in seiner Brustgegend kehrte wieder ein und wurde stärker, angenehm stärker, mit jedem Wort, das aus Sugas Mund kam. Seine Stimme.. "Serendipity.", entgegnete er leise, auf die letzte Aussage, und vestummte erstmal. Er hatte dieses Wort nicht umsonst erwähnt, und Suga müsste damit unwiderruflich klar sein, dass Luca es wusste. Verdammt, und wie er es wusste. Langsam, nach diesem angenehmen, verträumten Schweigen, in welchem Luca an seinem Yin Anhänger gezupft und gedreht hatte, drehte er den Kopf zu dem Minthaarigen neben sich. Alles oder nichts. Er musste weitermachen, er durfte nicht aufhören, er musste das, was ihm auf der Seele brannte, Stück für Stück aussprechen, musste herausfinden, was es in ihm auslöste. "Darf ich.. darf ich dir.. vier Fragen stellen? Und du darfst nur mit 'Ja' oder 'Nein' antworten.." Geduldig wartete er darauf, bis er seine Zustimmung bekam, stresste ihn bei dieser Entscheidung auch nicht - sowie bei den Fragen. "Du kannst dir mit jeder Frage Zeit lassen, in Ruhe darüber nachdenken.. vielleicht willst du vorher noch ins Wasser springen", witzelte er, streckte ihm die Zunge leicht aus, bevor er liebevoll lächelnd in die Weite blickte. Er ließ sich auch mit den Fragen Zeit, er wollte das alles ruhig angehen. Ohne Zwang. Ohne Stress. Nur Suga und er. "Erste Frage. Der Song.. Serendipity. Basiert es darauf, dass wir uns kennengelernt haben?", fing er mit seiner ersten Frage an, guckte wieder zu Suga und drehte sich halb zu ihm, ließ sein linkes Bein von der Motorhaube baumeln, während das andere an ihn gezogen lag. Mit jeder Frage, die er stellte, schlug sein Herz ein wenig schneller. Nicht nur, weil sie ihm so wichtig waren.. sondern weil die Antworten darauf von weitaus größerer Bedeutung waren. "Zweite Frage.. die CD. Die mir anonym an Valentinstag gegeben wurde.. das Mädchen, das sich nicht traute, weil es Angst hatte, es wäre nicht gut genug für mich.. und dass es das Beste für mich will.. bist das du?" Darauf kannte er die Antwort zwar schon, und zwar ziemlich genau, doch.. der letzte Teil. Der schmerzte ihm, und er musste wissen, ob Suga das wirklich auf sich bezogen hatte. "Dritte Frage. Damals, als wir uns zum ersten Mal und.. ziemlich mies gestritten haben, als Cherry's Kiss da gewesen ist. Warst du da sauer auf mich, weil du.. eifersüchtig gewesen bist?" Seine Stimme klang ruhig, hell und warm, aufrichtig und.. unvoreingenommen. Er brauchte Antworten auf diese Fragen, er wollte Suga hören. Er wollte ihn sehen, in all seinen Facetten und Formen.
Forevermore 
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29.12.2017 20:44 (zuletzt bearbeitet: 29.12.2017 20:46)
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