„Take care, okay?“
„Shit, Minho, I’ll be gone for less than half an hour and you’re acting like I’d go on a world trip.“
„Who knows, someone might stop by and kidnap you cause you look so cute in my sweater.“
„Shut up...haha, I love you.“
„Love you too.“

„...und basically ist sie dann heulend weggerannt. Aber was soll ich machen, mittlerweile müssten echt alle wissen, dass ich so straight wie ’ne Kurve bin und trotzdem kommen sie an Valentinstag alle angerannt. Aber woah, Jin hat einfach 14 Rosen bekommen...von Typen. Ich will nicht sagen, ich bin eifersüchtig, aber ich bin eifersüchtig.“ Minho grinste, fuhr sich durch die verstrubbelten dunkelbraunen Haare in seinem Nacken und beugte sich dann nach vorne, um ein heruntergefallenes Blatt aus den Stiefmütterchen auf dem Grab herauszufischen. Er saß bereits seit einer satten Stunde auf dem steinernen Boden vor der Grabreihe und spürte mittlerweile sein Gesäß schon nicht mehr wirklich, weil das Wetter - gemäß Mitte Februar - noch immer ziemlich frisch war. Schützend zog er gegen den Wind die Schultern hoch und vergrub seine Nasenspitze in seinem Schal, ließ seinen Blick über die feinen eingravierten Buchstaben auf dem Marmorstein vor ihm gleiten. Sein Grinsen verblasste und er stand langsam auf, betrachtete den Strauß Rosen, den er frisch in die Vase gestellt hatte. Jimin hatte Rosen geliebt, war immer von deren feinem Duft umgeben gewesen und Minho brachte ihm - wenn sein Stundenplan es nicht anders zuließ - auch in der tiefsten Nacht jede Woche einen frischen Strauß. Es war eine teure Angewohnheit, doch er konnte es nicht sein lassen, auch wenn es bereits ein Jahr her war, dass er hier umringt von Jimins und seiner eigenen Familie, ihrer Clique und einem Haufen anderer Leute, die er noch nie gesehen hatte, gestanden und Taes Hand hatte halten müssen, weil er so sehr gezittert hatte.
Ein ganzes Jahr war es her und trotzdem spuckten ihm die letzten Worte, die er an den Jüngeren gerichtet hatte, immer noch im Kopf herum. Er sollte drüber hinweg sein und...ein Teil von ihm war es auch. Der Teil, der tagelang mit niemandem gesprochen hatte, der sich wochenlang in seinem Zimmer verbarrikadiert hatte, der Teil, der ihn letzten Endes in den Sessel eines Therapeuten getrieben hatte, war drüber hinweg. Trotzdem kam er immer wieder her, hatte den Drang, über Gott und die Welt zu reden, weil er den Gedanken mochte, dass Jimin ihm immer noch zuhörte.
Auch als er den Friedhof verlassen hatte und sich auf den Weg nachhause machte, war ihm immer noch unnatürlich kalt und Minho grub sich tiefer in seinen schwarzen Mantel, ließ seinen Blick unbeteiligt beiseite schweifen...und blieb wie angewurzelt stehen.
Zwischen ihm und der anderen Straßenseite befand sich die Fahrbahn, doch Minho schien das in diesem Moment alles aus den Augen zu verlieren, machte wie in Trance einen Schritt nach vorne und machte dann einen Satz zurück, als ein Auto hupend an ihm vorbeiraste, ihm gerade noch so ausgewichen war. Wie als würde er aus einem Schlaf erwachen, blinzelte er, bevor sein Blick sich erneut auf den Typ auf der anderen Straßenseite fokussierte. Er hatte sein Gesicht nur ganz kurz gesehen, doch als er sich leicht in seine Richtung wandte, schien Minhos Inneres sich einmal umzukehren, als würde er fallen, als wäre er auf dem höchsten Punkt einer Achterbahn angekommen und würde rasant in die Tiefe stürzen. Sein Hals zog sich zusammen und alle seine Sinne schienen auf einmal nicht mehr richtig zu funktionieren und Minho war ohne Aufzupassen einfach über die Straße gerannt, quetschte sich ohne Rücksichtnahme durch die Passanten hindurch, die sich alle viel zu langsam zu bewegen schienen, als würde er sich durch einen Film bewegen, der in Zeitlupe lief und Minhos Schultern begannen zu beben, als er hinter ihm ankam, eine Hand auf seine Schulter legte und ihn ruckartig zu sich umwandte.
Sein Psychiater hatte ihm gesagt, er würde vielleicht irgendwann anfangen zu halluzinieren, sich Dinge einbilden, sie sehen...Dinge, die nicht echt waren, doch er konnte ihn unter seinen Fingern fühlen, das hier, das war keine Halluzination.
Fünf Herzschläge an starrte er sein Gegenüber einfach nur an, sah in diese dunklen, mandelförmigen Augen, tastete diese so bekannten, feinen Konturen ab, blieb an der süßen Nasenspitze, den vollen Lippen hängen. Die Stimme der Vernunft in ihm wusste: Er träumte. Anders konnte er sich das nicht erklären. Eine andere Erklärung gab es hierfür gar nicht, doch der Anblick seines Gegenübers stampfte jede Rationalität in Minho nieder.
Seine Augenbrauen zuckten und Minho wusste, dass ihm die Tränen in die Augen stiegen, seine Lippen vor lauter Schock anfingen zu zittern und dass seine Stimme so klang, als hätte man ihm gerade das Herz rausgerissen und mit bloßen Händen zerquetscht.
“Jiminie..."

Zwei Tage, vor zwei Tagen hatte er noch Stunden im Flieger von Michigan nach Seoul verbracht. Die Umzugsangelegenheiten wären beinahe nicht zu bewerkstelligen gewesen, hätten seine Großeltern mithilfe von Freunden nicht bereits ihre neue, zukünftige Wohnung ausgeräumt und hergerichtet - direkt über dem Blumenlade, das seine Mom übernahm. Wie gut das Geschäft hier laufen würde, das wussten sie alle noch nicht, allerdings war Luca zuversichtlich genug gewesen, hatte ihr beim Auspacken und Einrichten geholfen, seine kleine Schwester auf den Schultern getragen und dafür gesorgt, dass sie pünktlich zu Valentinstag alles in Gang bekommen würden. Der Abschied von Michigan war ihm nicht sehr schwer gefallen, in den Staaten hatte er sich darin gewöhnt gehabt, von einem Ort zum anderen zu ziehen. zu pendeln, selbst wenn das die letzten fünf Jahre, wenigstens, etwas nachgelassen hatte. Sein Dad war wegen geschäftlichen Angelegenheit oft versetzt worden, und da seine Mutter auf ein intaktes Familienleben bestand, waren sie immer direkt an den nächsten Ort gezogen - für, wenn's hoch kam, zwei Jahre. Länger als das waren sie nie an einem Ort geblieben, was es für ihn schwer gemacht hatte, Freundschaften zu schließen, die wirklich lange hielten.
Mit einer Tüte vom All-You-Can-Eat am Arm streifte er durch die Wohnstraßen Seouls. Morgen würde sein erster Schultag anfangen und.. er hatte absolut keine Ahnung, was ihn erwartete. Er war es gewöhnt, der Neue zu sein, was nicht bedeutete, dass ihn das weniger nervös machte. Das letzte Mal, dass er in Korea gewesen war, lag schon eine ganze Weile lang zurück.. doch war er froh, hier zu sein, hoffte, dass es sie diesmal auch länger hier halten würde. Seine Großeltern hatten es sich immerhin gewünscht, und wenn sein Dad wieder verlegt werden würde..
Luca seufzte abwesend, vergrub seine Hände in den Taschen seiner Daunenjacke, während das nächste Lied in seinen Stöpseln skippte. Den Laden seiner Mom bereits im Sichtfeld erblickend ahnte er nicht, welche Figur versuchte sich den Weg zu ihm zu erkämpfen, bis er schlagartig zurückgedreht wurde und die Tüte an seinem Arm unruhig raschelte, überrascht riss er die Augen ein wenig auf. Instinktiv zog er sich mit einer Hand die Kopfhörer aus den Ohren, starrte den jungen Mann, der sich in sein Blickfeld geschoben und ihn offensichtlich zu sich gedreht hatte, perplex an.
"Uh..." Verwirrt blinzelte er ihn an, seine Augenbrauen zogen sich etwas zusammen, leicht, da er nicht ganz verstand, warum ihn der Typ so komisch ansah. Und vor allem, warum er ihn mit Jiminie angesprochen hatte. Ein Name, wie er vermutete; eine Verwechslung, wie er dachte. "Uhm.. Sorry, du.. musst mich mit jemandem verwechselt haben", meinte er etwas unbeholfen, starrte ihn noch einen flüchtigen Augenblick an, bevor er sich langsam wieder in Bewegung setzte und von ihm abwandte, die Beanie auf seinem Kopf zurecht zupfte. Es bereitete ihm etwas Unbehagen, dass er den Fremden so hatte stehen lassen müssen, doch was blieb ihm anderes übrig? Kam schon mal vor, dass man jemanden verwechselte - bei so vielen Menschen, die hier spazieren gingen. Luca ahnte nicht, was seine Anwesenheit auslöste.
Das Glockenklingeln über seinem Kopf signalisierte diese, als er den Laden betrat und seiner Mutter die Tüte mit dem Essen überreichte. Gleich daraufhin wurde er dazu aufgefordert, hinten die neuen Säcke Blumenerde auszupacken, zu verstauen und im Anschluss eines vorne zur Theke zu bringen, um die neuen Pflanzen umzutopfen. Also verschwand der Blondhaarige aus dem Sichtfeld, doch kurz daraufhin ertönte das Klingeln über der Tür erneut und er hörte seine Mutter den nächsten Kunden in hellem, freundlichen Ton begrüßen.