Grinsend verdrehte der, mittlerweile, Blondschopf die Augen und vergrub seine linke Wange tiefer in den Pulli. Manchmal fragte er sich, wie jemand überhaupt diesen.. totalen Durchblick in Mathe haben konnte. Luca mangelte es in den meisten Fächern nicht an Intelligenz, sondern an Tatkraft; in Mathe war das so 'ne Mischung aus Beidem Vor knapp vier Monaten hatte er sich nicht mal dazu aufraffen können, sich überhaupt darum zu bemühen, Aufgaben zu verstehen; Hausaufgaben waren nur im strengsten Notfall ein Wort für ihn gewesen, ansonsten hatte er sie nie angerührt. Aber seitdem er mit Suga zusammenlernte, trimmte dieser ihn jeden Tag auf's Neue, am Ball zu bleiben - was seinen Noten zugegebenermaßen gut tat.
Abrupt unterbrach Suga ihn noch bevor er sein Vorhaben aussprach. “Du weißt doch gar nicht, was ich sagen will!“, rechtfertigte er sich, ehe er sein Anliegen offen darlegte. Vielleicht nicht zu 100% offen... aber den Grundgedanken hatte er geäußert. Bei dem Einwand des Jüngeren war er kurz davor gewesen, triumphierend zu grinsen und sich aufzurichten; doch kam ihm Suga mit seinem fiesen Tritt gegen den Stuhl definitiv zuvor. Sofort plumpste der Blonde mit einem Überraschungslaut zu Boden, wie ein nasser Kartoffelsack, und verzog das Gesicht zu einer schmerzverzerrten Miene. Die Hölle? Ha, damit kannte Luca sich seit den vier Monaten ziemlich gut aus “Das tust du eh schon!“, entgegnete er deswegen, zog sich mühsam auf die Beine und rieb sich den Hintern. “Scheiß Schwerkraft.“
Er richtete seinen Blick auf den noch immer sitzenden Suga, trat an ihn heran und umarmte ihn extra aufdringlich von hinten um den Hals. “Naahw du siehst aus als wär die jetzt schon brutal kalt. Lass mich dich wärmen, hmmm~“ Ein helles Lachen entwich seiner Kehle, noch im letzten Moment wich er zügig und sich von ihm abstoßend nach hinten aus, damit er ihm nicht noch eine rein haute. Ihm frech zwinkern nahm er seine Daunenjacke vom Kleiderharken und zog sie sich über.

Es war echt arsch kalt draußen, aber der Schnee fiel in sanfteren Flocken vom Himmel, während die Beiden nebeneinander her spazierten. Tief vergrub Luca seine Hände in den Jackentaschen, sein Blick schweifte über die weiße Schneedecke des Schulgeländes und er atmete durch. “Ahhh, endlich keine verfickten Zahlen. Der Geruch von Mathebuch wurde grad zu penetrant.“ Automatisch drehte er sich im Gehen zu Suga um, lief etwas weiter vor ihm und grinste spitzbübisch. “War das eigentlich 'n Versprechen vorhin? Das mit der Hölle.“ Seine Finger konnten nicht still halten, er griff nach einer handvoll Schnee, die die Schulmauern geschmückt hatte und formte sie zu einem Ball. “Ich glaub.. die Hölle besuch ich gern, wenn ich neben dir sitzen darf“, waren seine letzten Worte, bevor er den Jüngeren abwarf und Binnen von Sekunden um sein Leben rannte. Er konnte es auch einfach nicht lassen.

Suga grinste nur höhnisch als Luca auf den Boden plumpste. Man musste dazu sagen, dass er das natürlich alles nicht böse meinte, er hatte nur unglaublich viel Spaß daran gefunden, Luca zu ärgern, wann immer er konnte und es funktionierte erstaunlicherweise ziemlich gut.
Nicht nur, weil er einen satten Zentimeter kleiner als der Jüngere war...einer von Sugas Lieblingsgründen, ihn aufzuziehen.
Kurz blieb er vor ihm stehen und sah dabei zu, wie der Blonde sich aufrappelte, unterdrückte dabei ein leichtes Kichern. "Ich hoffe wirklich, du stellst dich on stage eleganter an. Das war sowas von nicht idolhaft.", kommentierte er dann und wippte einmal mit den Augenbrauen, wollte dann eigentlich weitergehen, doch Luca durchkreuzte seine Pläne und schmiss sich ihm von hinten an den Hals.
Automatisch versteinerte Suga zu einer Statur und seine Miene wurde für eine Sekunde komplett blank, bevor er Luca von sich schüttelte als wäre er ein nerviges Insekt auf seiner Schulter und ihn fast leidend ansah als könnte er diese Nähe absolut nicht ab. "Eher sterb ich den Kältetod.", untermalte er seinen Gesichtsausdruck noch mit einer passenden Aussage und verzog das Gesicht dabei.

Die Hände tief in seinen Manteltaschen und sein Gesicht bis zur Nasenspitze in seinem Kragen vergraben tappte Suga neben Luca über das Schulgelände. "Das war die bescheuertste Idee der Welt.", brummte er und blinzelte in den weißen Himmel, von dem es immer noch ein wenig auf sie beide herabschneite.
Auf Lucas Kommentar sandte er ihm einen Blick, der soviel aussagte wie "Wag es ja nicht" doch Luca wäre nicht Luca, wenn er ihn nicht doch mit einem Schneeball abgeschmissen hätte und einen Moment stand Suga im Schnee, seufzte leise wie ein Erwachsener, der einen Vierjährigen zu betreuen hatte, bevor Leben in ihn kam und er Luca nachjagte. "Ich. mach. dich. kalt!", knurrte er und streckte sich nach vorne um Luca einen vernichtenden Schubs zu Boden zu geben, doch die spiegelglatte Fläche des Wegs kam ihm zuvor und er rutschte nach vorne, stieß mit dem Blonden zusammen und landete ziemlich unsanft auf ihm im Schnee.
"Ughh...ich schwöre, ich hasse dich.", zischte er auf den Älteren hinunter und richtete sich wieder auf, um sich den Schnee vom Mantel zu klopfen. Aber das nicht ohne Luca vorher eine riesige Portion Schnee ins Gesicht zu drücken.
Rache musste sein. Und auch wenn Suga oft so tat, als wäre er zu erwachsen für den meisten Bullshit, im Endeffekt machte er ihn doch immer mit. Vor allem, wenn Luca ihn indirekt dazu anstachelte.

Ein glockenhelles Lachen ertönte, als er Sugas Worte vernahm; die Spiele hatten begonnen! Es dauerte nicht lange, bis der Jüngere ihn eingeholt hatte, und kaum dass er sich zu ihm umdrehen wollte, brachte er ihn aus dem Gleichgewicht. Zuerst gewollt, dann ungewollt, weil Suga selbst ausrutschte - und auch wenn er's nicht gewesen wäre, Luca hätte ihn definitiv mit sich gerissen, so wie sich sein Arm instinktiv nach dem Anderen gestreckt hatte. Tollpatischig landeten sie im Schnee, abrupt ließ Luca den Kopf in die weiße, kalte Schneedecke fallen und lachte so herzlich, dass es dafür sorgte, dass er kleine Fältchen an den Augenwinkeln bekam. Dass sie im Schnee lagen machte ihm überhaupt nichts aus; und dass in seinen blonden Haarsträhnen genug Schnee hängen bleiben würde, um fiesen Frostschock im Nacken u bekommen, auch nicht. "Gib's zu, insgeheim wolltest du im Schnee mit mir kuscheln. Hrr~", schnurrte er scherzend zurück und grinste breit, ehe er sich aufrichten wollte - und sofort wieder zurück in den Schnee gedrückt wurde, da ihm Suga noch mehr Schnee in die Fresse klatschte.
"OAH", entglitt es dem Blonden schnappatmend, der Frost in seinem Gesicht war defintiv eine super Methode gewesen, um ihn wach zu schütteln. Ruckartig richtete er seinen Oberkörper im Sitzen auf, schüttelte sich den Schnee vom Kopf und nahm sich die Schneereste hektisch aus dem Gesicht. "Das bedeutet Krieg!", kündigte er an, sprang auf seine Beine und zog Suga von hinten an sich, um ihm das kleine Häufchen Restschnee fies in den Nacken zu schieben. Um auch sicher zu gehen, dass das Häufchen schön durch seine Körperwärme dahin schmolz, umarmte er ihn fest von hinten - und schloss Sugas eigenen Arme mit ein. "Widerstand ist zwecklos, Suga! Muhaha", rief er frech aus, setzte sich einem kleinen Wrestling Kampf mit dem Anderen aus, weil dieser logischerweise versuchte, sich zu befreien - und ihn umzubringen.
Nachdem er sich ganz sicher war, dass der geschmolzene Schnee eine kleine Wasserspur zwischen Sugas Schulterblättern hinterlassen hatte, drückte er seine kalte Nase sanft in seinen Nacken, bevor er ihn endlich losließ und sich, die Arme von sich gestreckt, rückwärts gehend von Suga entfernte. Sein Grinsen sagte so viel aus wie 'Come at me, bro' und er machte sich für jede Sekunde bereit, davon zu sprinten. Wenn's sein musste, in die kleine Gartenhütte, die besonders im Sommer sehr oft von den hier arbeitenden Gärtnern benutzt wurde. Im Witter stand sie nur leer rum, bietete aber relativ warmen Schutz.

Suga war fast froh, dass er Lucas Worte mit den zwei Händen voll Schnee abwürgte, denn diese Worte waren zwar lustig, aber irgendwie...taten sie auch weh und Suga mochte dieses Ziehen in seiner Brust nicht, weil er es nicht einordnen konnte, weil es sich fremd und falsch anfühlte. Genauso war es als er ihn eben umarmt hatte, Luca suchte ständig und überall Nähe. Doch das tat er eigentlich bei jedem und Suga sollte das eigentlich nichts ausmachen. Sollte. Eigentlich.
Schnell nutzte er den Moment, indem Luca sich prustend den Schnee aus dem Gesicht wischte um sich aufzurichten und seine gewohnte, leicht verurteilende Miene wieder aufzusetzen. Er hatte jedoch nicht damit gerechnet, dass Luca wieder so schnell auf den Beinen war und dem Jüngeren entwich ein hohes Geräusch als Luca ihn schnappte und ihm den Schnee in den Nacken packte.
"Fuck!", zischte er und begann sich wie ein wilder Stier, der aufbockte gegen Luca zu wehren, versuchte ihn sogar über seinen Rücken auszuhebeln und wieder in den Schnee zu pfeffern, doch Luca war erstens viel stärker als er und zweitens wollte ein kleiner Teil von ihm überhaupt nicht, dass er sich wieder von ihm entfernte.
Ein kaltes Brennen breitete sich in seinem Nacken aus und Suga zog die Schultern hoch, kniff die Augen fest zusammen und ballte die Hände zu Fäusten, als das Schneewasser seinen Rücken hinunter lief. "Fick dich, Luca.", stieß er zitternd aus und sein Atem schlug sich in einer dicken weißen Wolke vor ihm nieder. "Fick dich, man!", betonte er nochmal und drehte sich so bitterböse dreinschauend wie es ging zu dem Blonden um, der sich schon breit grinsend halb vor ihm in Sicherheit brachte.
Kurz glitt Sugas Blick an ihm vorbei zu der kleinen Gärtnerhütte und dann wieder zurück zu Luca und er machte einen kurzen, plötzlichen Satz nach vorne als würde er ihm tatsächlich nachrennen wollen - natürlich nur um Luca zu erschrecken - , ließ es dann aber sein und grub seine Nase wieder in seinen Mantel.
Seine Finger waren mittlerweile klamm und die Kälte in seinem Nacken verdammt ungemütlich. Ohne ein weiteres Wort stapfte er an Luca vorbei zu der Hütte, zeigte ihm dabei aber noch einmal den Mittelfinger, bevor er die leicht knarrende Tür öffnete und im Innern verschwand.
Hier war zwar nicht viel Platz, aber es war ziemlich gemütlich und definitiv besser als da draußen, fand er. Und es gab ein kleines Heizgerät, das irgendein Schüler wohl mal für das Allgemeinwohl hier gelassen hatte und das der Weißhaarige direkt mal bis zum Anschlag aufdrehte.

"Dafür bin ich viel lieber zu Zweit!", kommentierte Luca, konnte sich ein verschmitztes Lächeln nicht ganz verkneifen und ging dabei Stück für Stück auf Distanz. Es war nicht zu übersehen, dass er ganz genau wusste, wie einschüchternd und angsteinflößend Suga sein konnte - trotzdem würde er sich in gewissen Situationen nie zurückhalten können, ihn kurz anzustacheln. Mit der Aktion von gerade eben hätte er genau so gut sein eigenes Todesurteil geschrieben; kein Wunder, warum er sich mit jedem kleinen, lässigen Schritt von dem Jüngeren entfernte.
Dass er Suga nicht unterschätzte, wenn er meinte, er würde ihn umbringen, zeigte sich deutlich daran, wie er schlagartig mehrere Schritte auf einmal zurücklief. Luca war schreckhaft, was sich mit zunehmendem, kritischen Gesichtsausdruck des Anderen steigerte. Dabei wich das idiotisch sympathische Grinsen in Lucas Miene jedoch kein Bisschen. Einen weiteren Sicherheitsabstand später, steuerte sein Kumpel auf die Hütte zu - und das tat Luca ihm sofort gleich. Oder, besser gesagt, nach einer weiteren Sicherheitsabstandsminute.
Und schon suchte ihn der Drang heim, sich seinem Kleidungsstück zu entledigen. In diesem Fall, lediglich die vom Schnee durchnässte Jacke, die er nahe des Heizgerätes über eine hölzerne Stuhllehne legte. Ausgelassen durchatmend rieb er sich die Hände, sein Blick wanderte kurz über sämtliche Gartengeräte, Utensilien, Töpfe, Säcke, bis seine Augen schlussendlich bei Suga stehen blieben.
"Du solltest Pulse beitreten." Wie aus dem Nichts kamen diese Worte über seine vollen, von der Kälte geröteten Lippen; eine Blitzidee, die ihm offen gestanden bereits länger auf der Zunge brannte. Er slidete über die Kante des Holztisches rüber zu Suga und schwang sich, die Beine baumelnd, auf die Tischplatte direkt neben ihn. Wer oder was genau Pulse war, wusste Suga genau, immmerhin kannte er seinen Tagesablauf in und auswendig. Nicht etwa deswegen, weil es ihn interessierte, schätzte Luca, sondern weil er dadurch einplanen musste, wann er Luca für weitere Matheaufgaben quälen durfte.
"Ich mein das Ernst!", bekräftigte der Blonde und ein enthusiastisches Funkeln lag in seinen Augen. "Die Manager wollen unbedingt einen siebten Member, und ich meine", er zählte an seinen Fingern ab, "du hast 'n krasses Talent, Musik ist dein Leben, deine Texte sind der absolute Wahnsinn, du siehst gut aus, .. ob du tanzen kannst weiß ich nicht, aber.. da kannst du dich an mich wenden." Er wippte anzüglich mit seinen Augenbrauen und grinste breit, bevor er energiegeladen vor und zurück schaukelte. "Komm schon, man! Wie geil wäre das?"

Suga hatte sich schweren Herzens von seinem Mantel verabschiedet und sich einfach so nah wie möglich an das Heizgerät gesetzt, um den nassen Fleck auf seinem Rücken zu trocknen. Immer noch ein wenig missmutig, wie er eben immer dreinblickte, beobachtete er Luca, der seine Jacke aufhängte und sich dann in der Hütte umsah. Es dauerte nicht lange, bis sich eine angenehme Wärme darin ausgebreitet hatte und Suga schloss kurz entspannt die Augen, legte seine Wange auf seinen Knien ab.
Dann vernahm er Lucas Worte, die so plötzlich und aus dem Nichts kamen und der Weißhaarige hob abrupt den Kopf an. Er war sich sicher, dass Luca ihn noch nie verdattert oder überfordert gesehen hatte aber der Blick, den er dem Blonden schenkte, war genau das.
Jedenfalls hielt er für ein paar Sekunden an, bevor sein gewohnten Gesichstausdruck wieder zurückkehrte und Suga langsam anfing zu grinsen.
"Witzig, Luca. Wirklich witzig.", meinte er trocken und wäre er nicht in dem Moment zu faul dazu gewesen, hätte er Luca für diese absurden Worte vom Tisch geschubst.
Wortlos hörte er Luca zu und mit jedem weiteren Punkt, den er aufzählte, wurde sein Blick zweifelnder. "...ich bin kein Idol.", brummte er schließlich und legte seine Wange wieder auf seinen Knien ab, um Lucas Blick und seinem begeisterten Grinsen so geschickt auszuweichen.
"Und schon gar nicht in einer Gruppe." Luca sollte es am besten wissen, wie wenig Teamgeist Suga besaß...oder glaubte zu besitzen. Er kam nicht gut mit anderen klar, er war kompliziert, launisch und eigen und ganz sicher nicht einer dieser 24/7 Sunnyboys, die die Kpop Branche so bewarb.
Er würde niemals in sowas reinpassen...auch wenn es ihn reizte, mal was zusammen mit Luca aufzunehmen. Er hatte in den letzten Monaten natürlich einiges von Pulse gehört und auch einige der Member zu Gesicht bekommen, wenn sie Luca zur Probe oder zum Training abholten.
Kurz schweifte sein Blick zurück zu Luca, der vollkommen Feuer und Flamme zu sein schien und Suga presste die Lippen ein wenig fester zusammen. Es gestaltete sich mit fortschreitender Zeit immer schwerer, ihm was abzuschlagen...aber selbst Luca musste einsehen, dass Suga so etwas nicht hinbekommen würde.
Auch wenn er nichts lieber wollte, als seine Songs, seine Kompositionen irgendwann groß rauszubringen, auch wenn das sein größter Herzenswunsch war, seit er mit der Musik angefangen hatte.
Aber Luca kannte sicher tausende andere Leute, nicht zuletzt hier auf der Schule, die da besser reinpassen würden.

Mit Sugas Reaktion rechnete er noch bevor er einen Kommentar dazu von sich gab, weswegen es ihn nicht wunderte, dass er sich erstmal nicht drauf einlassen wollte. "Wir sind alle noch keine Idols, Suga", verbesserte er seinen Satz, wobei er ganz genau wusste, was der Jüngere damit gemeint hatte. Suga sah sich nicht als Idol, zumindest kam es ihm selbst nicht so vor - wohingegen Luca für diese Idee brannte.
Er sprang vom Tisch runter, stellte sich vor seinen Kumpel hin und war bereit, eine Ansprache zu halten. "Ich weiß, dass das für dich verrückt klingt. Ich kenn dich mittlerweile gut genug um zu kapieren, was gerade in deinem Kopf abgeht. Aber ich würde diese Idee niemals zur Sprache bringen, wenn ich nicht eisenfest davon überzeugt wäre, dass du riesen Potential dafür hast!" Er ging leicht in die Hocke, um den Augenkontakt zu Suga herzustellen, der sich mit seiner Position vehement dagegen sträubte. "Wirklich, Suga.. ich hab dich singen gehört. Deine Texte ziehen einen total in den Bann, auf 'nem ganz anderen Level", Lucas Augen leuchteten bei den aufrichtigen Komplimenten, welche er an den Hellhaarigen richtete. Ihm war klar, dass Suga an sich selbst und der Tatsache, er könne ein Idol werden, massiv zweifelte. Und er machte es sich seit längerer Zeit zur Aufgabe, ihm Selbstsicherheit zuzusprechen. Ihm das Gefühl zu geben, dass das, was er tat, etwas besonderes war - und es verdient hatte, erhört zu werden.
"Es ist.. du kannst so unfassbar gut mit Worten umgehen in deinen Texten. Du hast diese.. Einzigartigkeit, die bei uns einfach fehlt." Er reckte seinen Kopf etwas näher zu ihm, noch immer in der Hocke und zu ihm aufblickend. Das vertrauenswürdige, optimistische Funkeln in seinen Augen hätte eine Metropole bei einem Stromausfall erhellen können. "Wir brauchen genau so jemanden wie dich. Vertrau mir." Aus seinen Lippen formte sich ein warmes, breites Lächeln, seine Hand tätschelte das Knie des Jüngeren, in hoher Erwartung, dass er sich es zumindest mal überlegen würde.
Aus irgendeinem Grund setzte Luca so viel daran, Suga in sein Alltagsleben mit einzubinden. Überall, wo es ging - mit Suga zu teilen, sei es die Zeit, die Hausaufgaben, den Spaß, die zukünftigen Erfolge, war etwas, was Luca unvorstellbar glücklich stimmte.

Suga gab nur ein genervtes Stöhnen von sich als Luca ihm direkt Widerworte gab, sich dann vor ihm hinpflanzte - es fehlte wirklich nur noch dass er die Arme in die Hüften stemmte und ihm eine Predigt vom Feinsten hielt.
Missbilligend durchbohrte der Weißhaarige sein Gegenüber mit seinem Blick, hob dann auf seine Behauptung die Augenbrauen. Wenn Luca wirklich wüsste, was in seinem Kopf vorging...Suga war froh, dass er da wirklich Welten von entfernt war. Sein Kopf war manchmal kein schöner Ort.
Trotzdem blieb er stumm, hörte dem Blonden zu und auch wenn er sich innerlich dagegen wehrte, diese Worte ließen tief drinnen in ihm etwas sprießen, einfach nur den Gedanken, dass er ein Idol werden könnte, Form annehmen und Suga zog eine nicht gerade überzeugt wirkende Schnute. Irgendwo berührten ihn diese Worte, der Glaube, den Luca in ihn setzte und bei diesem herzlichen Lächeln, das er ihm schenkte, wurde dem Jüngeren ganz warm im Bauch trotz der Tatsache, dass er eigentlich immer noch fror.
Vertrau mir.
"Nein."

Eine Antwort, die er noch bereuen würde und die Luca nicht auf sich sitzen ließ. Am nächsten Tag saßen sie zusammen beim Frühstück und während Suga sein Müsli löffelte, bemerkte er, dass sein Gegenüber sich auffällig still verhielt und dass war bei Luca ein Grund, entweder Angst zu kriegen oder Misstrauen zu schieben. Suga entschied sich für Letzteres, senkte langsam den Löffel in seine Schüssel, doch als er dieses breite, eindeutige Grinsen des Blonden sah, war ihm klar, um was es ging.
"Naaaaaa?", machte Luca und wippte seine Augenbrauen nach oben. Sugas Miene blieb komplett unberührt, doch das "Nein", das er von sich gab war so endgültig, dass er eigentlich hoffte, dass Luca jetzt aufgeben würde. Doch Fehlanzeige.
Suga machte dieses Theater genau eineinhalb Wochen mit, ließ es zu, dass Luca ihn mehrmals am Tag diesem Blick und diesem verfickten Grinsen aussetzte. Auf dem Weg zum Klassenzimmer, in den Pausen, sogar manchmal während dem Unterricht, beim Sport, beim Lernen, doch Sugas Antwort blieb immer die Gleiche: "Nein." "N e i n!" "Neeeeeeeein!"
Und als Luca sich nach 10 Tagen sogar halb vor ihn auf das Klavier, auf dem er gerade geübt hatte, warf und sein Kinn in beide Hände stützte, ihn über das Instrument angrinste und dieses nervtötende "Naaaaaa?" von sich gab, war das Maß voll.
"Verdammte Scheiße, O K A Y!"

~*~

"Ich glaub, ich kotz gleich." Es war neu für Suga, nervös zu sein. Wirklich, wirklich neu. Nicht mal vor dem Einstufungstest, der ihm letztendlich den Platz im Internat ermöglicht hatte, hatte er dieses Loch im Magen gehabt, sich so gefühlt, als würde er gleich durchdrehen. "Ich verzeih dir das nie, glaub mir." Den Blick fest auf die geschlossene Tür vor sich gerichtet, musste er Luca nicht mal ansehen, er konnte sein überdimensional großes Grinsen quasi spüren.
Langsam holte er Luft, schloss kurz die Augen und drehte sich dann von dem Eingang weg. Zurück war jetzt auch keine Option mehr und Kneifen wollte er nun wirklich nicht. Wieso eigentlich auch? Er war gut vorbereitet, der Song, den er ausgesucht hatte, bedeutete ihm alles und deswegen gab er sich dabei automatisch noch mehr Mühe und ... eigentlich hatte er nichts zu befürchten.
Außer mit seiner Art anzuecken und dann nur mal wieder festzustellen, dass er mit seinem Charakter, seiner Sicht auf Dinge, einfach nirgendwo hinein passte. Kurz sah er Luca an und bereute es im nächsten Moment schon wieder, er sah aus als würde er gleich vor Stolz platzen.
"Fick dich.", murmelte Suga und verlegte sich wieder darauf, auf den Fußballen auf und ab zu wippen und sich ab und zu durch den Nacken zu fahren. Es war ihm selbst fast ein wenig peinlich, wie schlecht er darin war, seine Nervosität zu verbergen, wo ihm doch sonst so leicht fiel, unter einer Maske aus Genervtheit und ein paar stichelnden Sprüchen zu verstecken. Aber hier ging es um etwas viel Größeres.
Er würde das allererste Mal vor jemand anderem als Luca spielen und singen.

Das überdimensional stolze Grinsen in Lucas Gesicht wich keine einzige Sekunde, schien von einer zur nächsten sogar immer breiter zu werden. Er konnte seine Freude, dass er Suga dazu hatte überreden können, sich als siebter Member in Pulse casten zu lassen, einfach nicht mit Worten beschreiben. Andererseits, es war offensichtlich, dass das eine seiner ausgeprägtesten Charaktereigenschaften darstellte: Jemanden von einer Sache überzeugen, die am Anfang völlig unmöglich, quasi undenbkar schien. Für Luca gab es dieses 'undenkbar' jedoch nicht; er ließ nichts unversucht. Mal davon abgesehen ging es primär, in diesem Fall, gar nicht darum, dass er stark überzeugt hatte; Suga musste sich sehr lange, so oft, und kontinuierlich damit konfrontieren lassen, bis diesem praktisch keine andere Wahl geblieben war, als Lucas Angebot anzunehmen. Aufdringlich, aber effektiv - das war die Devise.
Seine Jungs hatten Suga bereits flüchtig kennengelernt, wenige Tage vor dem Casting. Jetzt hieß es nur noch - warten. Luca emrkte, dass der Jüngere ziemlich nervös war; eine Seltenheit, die ihm ein leises Lachen entlockte. "Wir haben Kotztüten da. Nur für den Fall." Er zwinkerte dem Weißhaarigen frech zu, bevor er sich überschwänglich zu ihm drehte und den Kopf neigte. Suga stand mit dem Rücken zu ihm, doch die Anzeichen seiner Nervosität waren nicht zu übersehen.
"Meine Antwort darauf kennst du schon..", entgegnete er schelmisch, lachte angenehm und legte seine Hände auf die Schultern des Anderen. Mit sanftem Druck begann er, seine Schultern zu massieren, ließ die Daumen zwischen seinen Schulterblättern auflockernd kreisen - Sugas Muskulatur war komplett angespannt. Für ihn war das nichts Neues, er massierte die Jungs nach einem langen, anstrengenden Tag immer mal spontan zwischendurch. Seine Massagetechniken nahmen sie unheimlich gerne in Anspruch; so 'ne Sache, die er unter allen am besten drauf hatte.
"Entspann dich, du stellst es dir viel schlimmer vor, als es ist", redete er auf Suga ein, während seine Finger zu dessen Nackenmuskulatur weiter wanderten. "Du gehst da rein und haust sie um. Genau so, wie du mich umgehen hast." Seine Hände ließen von Sugas Schultern ab, stattdessen legten sie sich auf seine Arme und drehten ihn zu sich. "Sieh mich an", er nahm Sugas Hände in die Seinen und drückte sie fest, zuversichtlich. "Du packst das. Ich steh fast direkt gegenüber von dir.. also, wenn das ein Problem ist geh ich zur Seite, aber", er lachte, ehe er seine Hände nochmal drückte. "Du hast es bis hierher geschafft. Das ist der Anfang von was verdammt Großen, und ich werd dich da nie alleine lassen." Ein warmes Grinsen entblößte seine weißen Zähne, ehe der Moment, in welchem er ihm Zuversicht und Vertrauen zusprach, verging und einer der Sekretärinnen rauskam. "Sie können jetzt eintreten."
Luca warf dem Jüngeren erneut einen optimistischen Blick zu, bevor er ihm freundschaftlich gegen die Schulter schlug - was viel zu sanft und streichelnd gewesen war für einen eigetnlichen 'Schlag' - und ihm den Vortritt überließ, den Raum zu betreten. Die anderen Jungs von Pulse warteten schon ganz neugierig und grinsten automatisch, als die Suga in seiner Begleitung eintrat. Luca gesellte sich zu ihnen, die gut zwei Meter von den Judges entfernt standen und lehnte sich neben Minho an. "Der wird's, ich sag's dir.", flüsterte er seinem Besten zu, welcher das Lächeln an seinem Ohr förmlich hätte spüren müssen.

"Halt die Fresse." Suga wusste nicht, ob er lieber gehabt hätte, dass Luca aufhörte so behindert zu grinsen oder einfach weitermachte, weil dieses scheiß Grinsen ihm schon so oft den Tag gerettet hatte und er sich daran festklammern konnte, an dieser Gewissheit, dass der Blonde ihn immer und überall unterstützte. Sogar bei sowas Großem wie dem hier.
Unter all der Nervosität verspürte er einen Funken Dankbarkeit und als Luca seine Hände auf seine schmalen Schultern legte, zuckte er kurz aufgrund der plötzlichen Nähe zusammen, spannte dann den Kiefer an und ließ es einfach zu, dass der Ältere ihn massierte, um seine angespannten Muskeln zu lockern. Und zusätzlich sorgte er mit seinen Worten dafür, dass auch Sugas innere Anspannung, dieses Loch in seinem Magen und dieses erdrückende Gefühl in seiner Kehle ein wenig geringer wurde.
"Du bist aber viel einfacher zu begeistern...", hielt er stur dagegen und verzog das Gesicht dabei ein wenig, was Luca aber nicht sehen konnte, weil er gerade seinen Nacken bearbeitete, ihn dann jedoch zu sich umdrehte und ihm direkt in die Augen sah. Suga unterdrückte ein leises Schnauben, wusste er überhaupt, was er ihm da versprach? Was sein dummes Gehirn mit Worten wie "ich werde dich da nie alleine lassen" anstellte?
Doch er nickte nur und ein leises "Ich weiß" bahnte sich den Weg aus seiner Kehle, bevor er seine Hände aus Lucas zog und mit den Fingerknöcheln knackte. Er machte ihn nervös und beruhigte ihn gleichzeitig. Wie konnte sowas überhaupt möglich sein?
Wie konnte ein einzelner Mensch soviel Effekt auf ihn haben?
Sugas Gedanken wurden jäh unterbrochen, als sich die Tür öffnete und eine junge Frau sie hineinbat. Es fühlte sich so an, als würden seine Beine sich einfach von selbst bewegen als er ihr nach drinnen folgte, Luca direkt hinter ihm, als würde man ihn an unsichtbaren Fäden wie eine Marionette steuern.
Kurz sah er die Judges an, die in einer Reihe von Tischen vor ihm saßen, Pulse lehnte ein Stück versetzt hinter ihnen an der Wand und Suga wünschte sich automatisch, sie alle würden ihn nicht so erwartungsvoll anstarren.
Doch er wusste nun, wie er sich einigermaßen gut anstellen konnte...er würde sie einfach alle ausblenden. Alle bis auf einen.
Luca ging an ihm vorbei, stellte sich zu seinen Bandmembern und ließ Suga vorne an dem für ihn aufgestellten Keyboard samt Mikrofon stehen.
Einen Moment herrschte Stille und Suga sah zwischen Luca und den Judges hin und her, bevor er sich zusammenriss und den Kopf höflich neigte.
"Hallo, mein Name ist Min Suga. Ich bin sechzehn Jahre alt und hab heute eins meiner eigenen Stücke mitgebracht. Ich hoffe, es..." Sein Blick glitt zurück zu Luca, zu diesem aufmunternden Lächeln, diesem sicheren Ausdruck in seinen Augen. "...es gefällt Ihnen."

Dann fing er an zu spielen, ließ seine Finger, die schon so viele Notenfolgen angeschlagen hatten, über die Tasten des Keyboards gleiten, bewegte den Kopf dabei leicht im Takt mit, bevor er anfing zu singen.

You were the shadow to my light, did you feel us
Another start, you fade away
Afraid our aim is out of sight, wanna see us
Alive

Es war einfacher, als er gedacht hatte, sich vorzustellen, dass sich nur er und Luca in diesem Raum befanden, dass er nicht mal hier war, sondern dass sie beide in dem großen, immer leicht staubigen Musiksaal saßen, er am Klavier und Luca lehnte vor ihm, betrachtete ihn über das elegante Instrument hinweg, ein leichtes Lächeln im Gesicht und im Takt zu seiner Musik leicht mit dem Kopf wippend.
Suga ließ ihn nicht aus den Augen, nur in den kurzen Momenten, in denen er den Blick auf seine spielenden Finger senkte oder sie bei den etwas schwereren, emotionaleren Tönen schloss. Er würde nie mit Luca mithalten können, was Vocals anging, doch seine Stimme hatte ihren ganz eigenen Touch, der gerade unglaublich passte und zur Geltung kam. Suga hatte etwas Sehnsuchtsvolles und Verzweifeltes an sich, wenn er sang und sein Gesicht, seine Stimme zeigte soviel mehr Emotionen als er je im Alltag zur Geltung brachte.
Doch dieser Song hatte auch einen zweiten Teil, den er zu Rappen begann und hier blühte er komplett auf, spielte mit einer Hand weiter und ließ seine Gestik seinen Text untermalen, blickte Luca durch die Breite des Saals genau in die Augen und als er zum Ende des Raps kam, deutete er genau auf ihn, ließ es zu, dass ein schmales, kaum wahrnehmbares Grinsen seine Lippen umspielte, in dem Moment war er Feuer und Flamme.

I should throw 'em out, I should just forget it
The past can only hurt you if you let it
But I let it, 'cus I'm still about you
Life is fucking crazy but it's crazier without you

Alle Angst fiel für ein paar Sekunden von ihm ab, als er Lucas Reaktion sah und als die letzten Töne seiner Fingerschläge verklangen, fühlte Suga sich seltsam befreit, trat einen kleinen Schritt zurück und atmete durch, zum ersten Mal seit er angefangen hatte zu singen, glitt sein Blick zurück zu den Judges und das betäubende Gefühl, diese Angst verurteilt zu werden, kroch wieder in ihm hoch. Aber er hatte es geschafft, er hatte sein Bestes gegeben und wenn das nicht genug war...dann hatte er doch Recht behalten. Und Luca hatte sich geirrt.

I'm so faded, faded, faded, faded, yeah~

Lucas Hände verschwanden hinter seinem Rücken, gelassen lehnte er gegen die Wand und überkreuzte seine Fußknöchel. Lustigerweise, was er Suga verschwiegen hatte, war er verdammt aufgeregt. Sein Herz schlug aufgrund der Vorfreude, welche er für Suga empfand, in konstant schneller werdendem Tempo gegen seine Brust, Adrenalin strömte durch seine Venen, als er bemerkte, wie die Judges seinen Namen notierten. Er fühlte sich fast wie bei seinem eigenen ersten Mal, die Blicke derer, die Suga anhörten, unterschieden sich in keinster Weise zu dem Szenario, das er selbst erlebt hatte.
Von Außen wirkte Luca wie die Gelassenheit in Person, als wäre er sich so sicher, so unglaublich sicher, dass Suga dieses Ding killen würde. Insgeheim hatte er aber keine Ahnung, mit welchem Song er die Judges überraschen würde. Nicht einmal ansatzweise; selbst bei Sugas Übungssessions hatte er sich zusammengerissen und nicht gelauscht. Vielleicht bei den Anfangsnoten, doch er wollte sich selbt den Gefallen tun und abwarten.
Die ganze Zeit über ließ Suga ihn nicht aus den Augen, nahm sein 'sieh mich an' von vorhin anscheinend wortwörtlich - und Luca fühlte sich umso besser dabei. Zum ersten Mal wurde ihm diese.. kleine Bestätigung zuteil, dass Suga ihm vertraute. Wenn er ihm nicht vertraut hätte, wäre er auch nicht hier - aber in diesem Augenblick spürte der Blonde, dass sich der Jünge auf seine Aura fixierte, auf seine Zuversicht baute. Du schaffst das, Suga. Ich glaube an dich.
Die ersten Silben kamen über Sugas Lippen, und just in diesem Moment spürte Luca, wie sich seine Nackenhaare aufstellten. Wow.. Sein Lächeln begleitete die Singstimme des Jüngeren, langsam nickte Luca im Takt mit, sein Fuß wippte ein wenig, es war ihm partout nicht möglich, sich von Sugas Musik nicht in den Bann ziehen zu lassen. Kurz schielte er zu den Judges, welche zwar hochkonzentriert aussahen, allerdings erkannte er diese kleinen Anzeichen, dass ihnen gefiel, was sie zu hören bekamen - das minimale Bewegen des Kopfes, das leichte Zwirbeln des Stiftes, die wenigen Notizen. Denn im Gegensatz zu anderen schrieben sie lediglich was auf, wenn es etwas zu kritisieren gab - und keiner von den Jungs hatte es ohne Notizen reingeschafft, das war tatächlich ein Ding der Unmöglichkeit.
Lucas Brustgegend erwärmte sich, er fühlte die Worte, die Suga sang, nahm sie auf, konnte nicht anders als innerlich auszuflippen. Talentierter ging's nicht; wenn er nicht aufgenommen wurde, würde Luca nicht nur drei Besenstiele auf einmal fressen - sondern gleich mit aussteigen.
Sugas Song endete, die letzte Noten verklangen im Castingraum und tauchten es schließlich in vollkommene Stille. Der Blonde drehte seinen Kopf zu seinen Mates, sandte ihnen ein 'ich hab's euch doch gesagt' Blick zu, als diese ihn anerkennend und völlig sprachlos anstarrten. Als ob Luca einen Idioten mitgebracht hätte; er besaß ein Gehör für außergewöhnliche Talente.
Klatschen durften sie noch nicht. Erst, wenn das Urteil ausgesprochen wurde - strikte Regeln. Die Judges steckten ihre Köpfe zusammen, waren so trainiert darin, ihr Urteil im Flüsterton abzusprechen, dass selbst der Näheste an ihnen nichts verstand. Luca blickte zurück zu Suga, nickte ihm Mut zusprechend zu und biss sich auf die Unterlippe, als sich das Oberhaupt nach einer gefühlten Ewigkeit von seinem Platz erhob. Augenblick schlug ihm das Herz bis zum Hals, er kreuzte seine Finger hinter dem Rücken so fest, dass er befürchtete, sie gleich zu brechen; tausende 'bitte, bitte, bitte's durchzogen seinen Kopf, und hielt fast schon die Luft an.
"Min Suga", fing der Mann an, schob seine Brille zurück auf den Nasenrücken und machte eine lange Pause. Alter, spuck's aus! Langsam formte sich ein Lächeln auf den Lippen des Mannes. "Ich heiße Sie herzlich Willkommen bei Pulse." Schlagartig riss Luca seine Augen auf, wechselte mit seinen Jungs einen Blick, schoss zurück zu dem Oberhaupt, drehte seinen Kopf hektisch zu Suga - und stieß, sich sofort von der Wand wegdrückend, einen Jubelschrei aus. "Glückwünsche", hörte man noch die Judges sagen und wollten ihm eigentlich die Hand reichen, allerdings schoss Luca so schnell zu ihm, dass ihre Hände erstmal in der Luft hingen. "ICH HABS DIR DOCH GESAGT, MAN!", rief Luca und riss vom Keyboard weg ihn in seine Arme, wuschelte ihm durch das Haar, lachte triumphierend.
Er hatte es ihm gesagt.
Suga gehörte zu ihnen. Suga gehörte zu ihm.

Suga verspürte den Drang, wegzulaufen, sich in Luft aufzulösen, in einem Loch, das sich augenblicklich im Boden auftat, zu verschwinden. Sein Blick fixierte die Judges, er bekam nicht mal richtig mit wie Pulse anscheinend total überwältigt von seinem Song war.
Eine schiere Ewigkeit schien zu vergehen, in denen sie sich beratschlagten und Suga wurde immer unsicherer. Wieso dauerte das so lange? Innerlich überschlugen sich alle seine Gedanken, war der Song vielleicht zu...gefühlslastig gewesen, zu viel Emotion, zu viel seiner eigenen komischen Gedanken? Hatte er zuviel von sich in diesen Song gesteckt?
Eine schiere Ewigkeit verging, bis der Mann in der Mitte sich erhob und erstmal total neutral seinen Namen nannte, kein bisschen durchscheinen ließ, was er gerade mit den anderen beschlossen hatte. Suga hielt die Luft an und es war total absurd, denn was würde schon passieren, wenn er es nicht geschafft hatte? Alles würde wieder so wie vorher sein, er würde zum Internat gehen, seine Songs schreiben, Luca wäre noch bei ihm...zumindest noch für zwei Jahre, bis sie ihren Abschluss machten, nichts würde sich ändern...aber Suga wollte, dass sich etwas änderte.
Und er wollte, dass es sich mit Luca änderte. Dass sie sich nicht in zwei Jahren Lebewohl sagen müssten und das auch nur vorausgesetzt, dass Luca nicht so sehr in Pulse' Angelegenheiten hineingezogen wurde, dass er nicht sogar früher gehen musste.
Suga biss die Zähne zusammen, nein, nein das wollte er nicht.
Und als er das Lächeln auf den Lippen seines Gegenübers sah, fiel ihm ein ganzes Gebirge vom Herzen und seine Lippen teilten sich in einem zitternden Atemzug, als die Worte des Judges zuerst langsam durch ihn hindurchsickerten, dann in ihn einschlugen wie ein Blitz in einen Baum.
In der nächsten Sekunde hatte sich Luca auf ihn gestürzt, zog ihn in eine schraubstockartige Umarmung und lachte so ausgelassen und freudig, dass Suga nicht anders konnte, als es ihm gleich zu tun.
Luca hatte ihn noch nie lachen gehört, noch nie richtig lachen gehört und Suga wusste nicht, wann ihn das letzte Mal oder ob ihn überhaupt schon einmal solche Glücksgefühle durchströmt hatten. Langsam löste er sich aus der Umarmung des anderen und bekam es gerade noch hin, den Judges allen die Hand zu reichen und sich tausendmal zu bedanken, bevor er sich in einem riesigen Group Hug wiederfand und die Hände vors Gesicht schlug, um zu verstecken, dass er kurz davor war, vor Dankbarkeit in Tränen auszubrechen.
Um ihn herum war Pulse immer noch total am Ausrasten und überschüttete ihn mit einem Schwall von Komplimenten und Suga lachte einfach nur, es war alles so surreal und seine Schultern begannen zu beben als er Luca wieder in die Arme schloss, sein Gesicht in seiner Schulter vergrub. Er hatte so scheiße Angst davor, einfach gleich in seinem Schlafsaal aufzuwachen, zu realisieren, dass das alles nur ein dummer Traum war, dass er nie mit Luca in dem Musiksaal gesprochen hatte, dass das alles hier nicht wirklich passierte.
Automatisch schlossen sich seine Arme fester um den Älteren, ohne ihn hätte er das nie überstanden, nie.
"...danke, Luca." Danke, dass du an mich geglaubt hast, als es niemand getan hat. Nicht mal ich selbst.

Der schönste Klang, den Luca hörte, war das Lachen Sugas. Er hatte es geschafft. Er fühlte sich so lebendig wie nie zuvor - und damit war nicht nur Luca selbst gemeint. Ein Unmaß an Stolz puslierte durch seinen Körper, seine Arme lagen fest um Suga, sein Lachen war so laut, seine Augen strahlten vor Freude, seine Hände wuschelten immer wieder durch die weißen Haare, andauernd wiederholte er "Ich hab's dir doch gesagt!" und "Ich wusste es!" Ein riesen Schwall an Glücksgefühlen prasselte auf ihn herab, wurde durch das darauffolgenden Gruppenkuscheln massiv verstärkt. Die Jungs improvisierten Jubelgesang, sprangen Suga an, er bildete die gefeierte Mitte ihres engen Kreises. Abrupt schlang Luca seine Arme um die zwei Kameraden zu seiner jeweils Linken und Rechten, reckte den Kopf in die Höhe und stieß jaulend einen Triump aus - das Klicken einer Kamera übertönte ihn schwer.
Luca drehte seinen Kopf zu Minho, der sich aus dem Gruppengekuschel, -gespringe, -gejubel befreit hatte, um Momentaufnahmen zu tätigen. Das breiteste aller Grinser lag auf den Lippen des Blonden. "Minho, du Genie!" So musste das sein. So musste es gefeiert werden. Immer wieder hörte man die Jungs sagen "Jetzt bist du einer von uns, Suga!", allesamt waren sie unglaublich froh über ihren Neuzugang. An forderster Front, Luca Park.
Minho hielt jeden dieser Momente fest, auch, wie Luca sich den Jüngeren nochmal persönlich krallte und die Wange gegen die Seine drückte, die Augen vor Freude zusammenkniff, in die Kamera lachte, Suga quasi am Nacken runterzerrte, um ihn etwas zu überragen, damit er ihm einen Kuss auf den Schopf aufdrücken konnte. "Wir killen die Scheiße!", rief er ihm entgegen und lehnte seine Stirn lachend an Seine, ehe sie von den Anderen wieder in einer Gruppenumarmung nahezu zerquetscht wurden. Unisono stimmten sie ein: "Feel the Pulse, Pulse, Pulse, Pulse!"

~*~

Gegen das Auto gelehnt guckte Luca in den dunklen Himmel, 22:00 Uhr. Er hatte für Suga den Chauffeur gespielt, nein, er hatte es freiwillig gewollt. Und jetzt hieß es: Ab ins Internat zurück, Sachen holen, und in die WG einziehen. Lucas Wangen taten schon so weh vom Grinsen, dass er nur noch ein kleines Lächeln hinbekam - alles andere schmerzte wahnsinnig. Mittlerweile erreichte ihn jedoch auch eine gewisse Müdigkeit, die das ebenso erklärte. Sein Blick glitt automatisch zur Seite, als er eine Figur vernahm, die auf ihn zukam. "Na, soon-to-be Idol, Verträge alle mitgenommen?", fragte er zufrieden und guckte auf die Stofftüte - mindestens zwei Batzen an Vertragsunterlagen und Personalfragebögen sollten darin verstaut sein.

Noch immer wummerte Sugas Herz wie ein Presslufthammer gegen seine Rippen, er fühlte sich als wäre er auf irgendeiner verdammten Droge und er konnte wirklich nur sehr, sehr schwer das breite Grinsen unterdrücken, das ab und zu an seinen Mundwinkeln zupfte.
Es war spät geworden, nachdem er sich schweren Herzens aus der Gruppenumarmung und von Luca gelöst hatte, hatte man ihn in einem seperaten Raum geführt, wo er noch einmal mit den Judges gesprochen hatte und noch ungefähr mit gefühlt 10000 anderen Personen, die zum Management oder sonst wie zum Team um Pulse gehörten.
Sein Kopf brummte von all den vielen Namen und Gesichtern, die er sich nun merken musste und er war eigentlich froh drum, als er entlassen wurde und nach draußen ins Freie trat. Es war dann doch alles ein bisschen viel gewesen und die Tatsache, dass er in der Nacht vorher vor Aufregung nicht geschlafen hatte, machte sich nun langsam bemerkbar.
Doch er war auch gleichzeitig seltsam aufgekratzt, ein Gefühl, das sich nur noch verstärkte als er auf dem Parkplatz ankam und sah, dass Luca die ganze Zeit auf ihn gewartet hatte und Suga grinste leicht auf seine Worte. Soon-to-be-Idol. Es war seltsam so genannt zu werden, doch gleichzeitig war es so ein unglaublich gutes Gefühl.
"Mhm...ich glaube, ich muss morgen ausnahmsweise mal deine Hilfe in Anspruch nehmen, damit ich das alles ausgefüllt bekomme." Suga hob die Tasche, in der sich unzählige Mappen und Unterlagen befanden kurz hoch und stellte sie dann zwischen seinen Füßen ab, als er vor Luca zum Stehen kam.
Einen Moment lang sah er ihn nur schweigend an, bevor sein Blick zu Boden glitt, er wieder grinsen musste. Suga erkannte sich selbst nicht wieder, er hatte in den vergangenen 4 Stunden so viel gelacht und gegrinst wie in seinem ganzen Leben noch nicht.
"Scheiße man...ich hab immer noch echt Schiss, dass das alles hier ein Traum ist. Kneifst du mich?", wollte er dann wissen und hielt Luca seinen Arm hin, nachdem er seine Jacke hochgezogen hatte. Es war spät und bitterkalt, doch es machte Suga absolut nichts aus, obwohl er sonst immer so eine Frostbeule war.
Allein hier mit Luca zu stehen und mit ihm zu reden und das vor dem Hintergrund dessen, was heute passiert war, gab ihm ein so warmes und wohliges Gefühl, dass die Eiszeit hätte einbrechen können und es wäre ihm egal gewesen.
"Die Jungs sind alle echt schwer in Ordnung..." Waren sie wirklich, all die herzlichen Worte hatten Suga total überwältigt, denn Komplimente, ehrliche Komplimente waren etwas, mit dem er nicht umgehen konnte. Trotzdem war es noch irgendwie komisch, sich vorzustellen, mit ihnen allen in eine WG zu ziehen, obwohl sie sich noch kaum kannten.

Spielerisch selbstgefällig verschränkte Luca seine Arme hinter dem Kopf. Dass er tatsächlich seine Hilfe beanspruchen müsste, da die Papiere zum Kotzen verstrikt und bis ins kleinste Detail protokolliert waren, stand außer Frage. "Das Blatt hat sich gewendet, Suga. Du musst mich schon anflehen. Und, ah, vergiss das 'Großmeister Luca' nicht." Ein verschmitztes Lächeln durchbrach seine Fassade und er lockerte seine Arme wieder, sofort folgte er der Kopfbewegung des Jüngeren, ließ sich von seinem Grinsen anstecken und biss sich auf die Unterlippe - der Schmerz in seinen Wangen war echt ätzend. Doch den blendete er automatisch aus; der Grund dafür stand schlichtweg direkt vor ihm.
Ein herzliches Lachen entwich seinen Lippen und er warf seinen Kopf in den Nacken. Er streckte den Arm nach Suga, wuschelte ihm durch die Haare und drückte seinen Kopf spielerisch mit einem festen Ruck runter, um ihn aus dem Gleichgewicht zu bringen. "Das ist kein Traum, man, wann checkst du's endlich?!", rief er ihm entgegen, stieß sich vom Auto ab und packte seinen Kopf. "Du bist jetzt ein Pulse!", rief er ihm entgegen, zog dessen Kopf gegen seine Stirn und ließ ihn mit dem selben Impuls wieder zurück schaukeln. Seine Grübchen zogen so unangenehm an seinen Wangen, doch sobald er Suga auf diese Art und Weise vor sich sah, war es, als ob er keine Macht mehr über seine Mundwinkel hätte.
"Sag mir, dass ich Recht hatte.", forderte er und winkte ihn mit beiden Händen zu sich, und wiederholte, "Du musst zugeben, dass ich Recht hatte!" Spielerisch abwartend hob er das Kinn, verschränkte die Arme vor der Brust. Seine Lippen standen offen, seine Zunge leckte über seine Zähne. Er würde erst Ruhe geben, wenn Suga sich vor ihm eingestand, dass Luca verdammt nochmal Recht gehabt hatte.