Eigentlich hätte ich mich unter normalen und gewöhnlichen Zuständen ohne noch eine Sekunde zu zögern an mein Tiramisustückchen geschmissen, weil ich wusste, dass Liams Oma die gemacht hatte und ich liebte so ziemlich alles was seine Oma zubereitete. Nur jetzt, nur heute schien ich dem Tiramisu ausnahmsweise keinerlei Beachtung zu schenken. Das hatte den Grund, dass es nun tatsächlich ernst wurde und ich mit Tiramisu im Mund kaum ordentlich zum sprechen hätte ansetzen können; vor allem nicht für das, was ich alles sagen wollte. Ja, ich wollte sprechen - auch wenn ich dafür ziemlich viel Mut zusammennehmen musste, wollte ich das tun. Nicht, weil ich Probleme gehabt hätte, wenn Liam meinen Part übernommen hätte; ganz und gar nicht. Allerdings konnte, und sollte, und durfte ich mich nicht immer hinter ihm verstecken, immerhin ging es hier darum, dass ich ihn auch heiraten wollte. Ich fand es für mich, ganz allein für mich, wichtig, dass ich das, was ich wollte, und was ich mir in den Kopf gesetzt hatte, auch so und nicht anders vor meiner Familie aussprach. Mein Blick glitt zu Liam, als dieser meine Hand in seine genommen hatte, und mich ebenso lange ansah, wie ich es tat. Waliyha und Safaa wurden sterbensneugierig, und wenn ich mich nicht täuschte, fing Waliyha langsam ebenfalls an, ein Gefühl für die jetzige Lage zu entwickeln - das sah ich in ihren Augen.
Doch wandte ich mich an meine Mutter. "Mom.. also.. du weißt, ich liebe Liam.. sehr sogar.. und.. das mag jetzt echt mega kitschig klingen- Waliyha hör auf so zu grinsen.. - aber ich habe in der Zeit, in der ich mit Liam zusammen war, erkannt, dass das.. wirklich was ernstes ist.. und dass ich..", dabei glitt mein Blick zu Liam und ich sah wahrscheinlich wieder aus wie der verträumteste Idiot auf Erden, "niemanden jemals so sehr lieben könnte als Liam.." Ein verliebtes Lächeln zupfte an meinen Mundwinkeln, ehe ich wieder mit ernsterer Miene - wenn das überhaupt mit meinen großen, braunen Augen möglich war - zu meiner Mom guckte. "Er macht mich zum glücklichsten Menschen auf der Welt und.. ich will ihn für immer bei mir haben.. und er mich bei sich." Safaas Augen waren bei jedem Wort eine Spur größer geworden, und auch Waliyha sah so aus, als würde sie gleich kreischen aufspringen. Was mir aber gerade am wichtigsten war: Dass ich es aussprach, und die Reaktion meiner Mutter zu sehen. "Wir.. werden heiraten. In drei Monaten.", gab ich nach einem tiefen Atemzug, relativ standhaft von mir. "Wir sind schon eine Weile verlobt und ich hab's nicht wirklich auf die Reihe bekommen es euch zu sagen.. Mom ich weiß, du wirst jetzt denken, dass wir verrückt sind, weil wir noch relativ jung sind und ich weiß, dass junge Ehen in unserer Generation von vielen zum Scheitern verurteilt werden, aber.. ich will das. Ich liebe ihn. Und ich weiß auch, dass es manchen aus unserer Familie irgendwie zu weit geht, aber das.. das ist mir egal.. ihr könnt nicht nein sagen, wie gesagt, drei Monate.." Was zu einem Flehen nach ihrem "Segen" geworden war, mündete in Standhaftigkeit und endete in einem schiefen, verlegenem Grinsen für die letzten Worte. Damit hatte ich wenigstens für ein paar Sekunden alle Drei totgeschwiegen, bis Waliyha quietschend vom Stuhl aufsprang, den Tisch in weniger als einem Bruchteil von einer Sekunde umrundete und mir um den Hals fiel. "Mera bara bhay wird heiraten AWWWWWW", quietschte sie und drückte mich fest an sich, während Safaa ebenfalls vom Stuhl sprang und einmal um uns herum, und dann zu Liam lief. "Darf ich auch was machen bei eurer Hochzeit? Darf-ich-darf-ich-darf-ich???", fragte sie ganz hibbelig und sprang auf und ab, "OHHH darf ich bei der Deko helfen? Büdde büdde büdde!", quasselte Waliyha dazwischen, bis meine Mutter endlich auch mal kurz zu Wort kam.
"Waliyha, Safaa, setzt euch bitte wieder hin, sonst seh ich euren Bruder gar nicht!" Schnell flitzten die Beiden auf ihre Plätze zurück und starrten uns erwartungsvoll an, während ich meine Mom abwartend betrachtete. Sie nahm diesmal auch meine Hand, die, die frei auf dem Tisch lag. "Hattest du Angst es mir zu sagen?" "Nein! Nein ich.. also ein bisschen.. also nicht wegen dir, aber halt.. wie gesagt wegen ein paar Tanten, Onkeln, oder Oma und Opa.. was ist wenn sie das nicht wollen?", fragte ich traurig, doch war die Reaktion meiner Mutter darauf, dass sie auch Liams Hand nahm und nun unsere beiden Hände hielt. "Liam ist ein Teil von dir, und damit ein Teil von uns. Hum aik khandaan hin." Mit einem liebevollen, warmen Lächeln sah sie zu Liam. Ein berührtes Lächeln umspielte meine Lippen, und ich drehte meinen Kopf auch zu ihm, um für ihn ihre Worte zu übersetzen. "Das heißt Wir sind eine Familie."

Liams Wangenkuss zaubete mir ein tieferes Lächeln auf die Lippen, doch als er aufstand, um meine Mom zu umarmen, konnte ich definitiv nicht erleichterter und vor allem glücklicher aussehen. Es tat so gut zu sehen, wie meine Mom ihn umarmte, wie als wäre er ihr eigener Sohn. Jetzt war er ja ihr.. Schwiegersohn. Wow, das klang so verrückt.. und machte mich im Inneren ehrlich gesagt noch viel hibbeliger für die Hochzeit - noch mehr als Safaa es gerade eben gewesen war. Kaum zu glauben, da ich eigentlich von Außen hin relativ ruhig auf meinem Platz saß. Aber das Lächeln in meinem Gesicht verriet mich - in erster Linie bei Waliyha. Diese klatschte freudig in die Hände, stützte ihren Kopf zwischen ihren Händen und grinste mich breit an. "Mama jetzt kannst du ihn Schwiegersohn Liam nennen", sagte sie, allerdings in meine Richtung, und kicherte unter ihrem breiten Grinsen quietschend auf. Ich sandte ihr, erst nachdem ich die unnötige Nervosität und Anspannung von vorhin durch einen tiefen Atemzug einfach abschüttelte, ein Augenbrauenwippen zu und lehnte mich kurz in Liam Umarmung. Jetzt war es mir auch vergönnt, das Tiramisustückchen anzurühren, ohne dabei Angst zu haben, mich zu verschlucken - dachte ich jedenfalls. Alles lief gut, wir redeten alle jetzt weitaus lebhafter über Liam und mich; also, wie das mit dem Antrag zu Stande kam, wann, wo, und lauter Zeug.
Safaa ließ uns alle schnell wissen, dass sie kurz auf die Toilette verschwand, und als genau das der Fall war, ließ Waliyha eine gewaltige Bombe platzen. Ihr scheinheiliger Gesichtsausdruck vorhin, den ich nur kurz aufgeschnappt hatte, hatte es schon etwas anklingeln lassen - aber nun lag es an ihr, ihre "Sorgen" zu verkünden. Sie lehnte sich, in ihrer Bewegung, das Stück Tiramisu auf ihrer Gabel zu ihrem Mund zu führen, inne, und ließ sie sinken. Ebenso lehnte sie sich etwas nach vorne und senkte ihre Stimme, was eigentlich so dämlich war, weil meine Mom sie so oder so gehört hätte. "Ähh aber Zayn.. ich bezweifle bei dir sowieso dass du die Regel eingehalten hast, aber wie ist das eigentlich mit", sie deutete mit ihren Fingern zur Verdeutlichung Anführungszeichen an, "kein Liebe machen vor der Ehe?" Und ja, ja ich verschluckte mich an meinem letzten Tiramisustückchen, das ich genüsslich hatte in meinem Mund verschwinden lassen wollen. Ich war normalerweise offener, was "Sex" anging, aber.. vor meiner Familie war das nochmal ein GANZ anderes Thema. Der Gesichtsausdruck meiner Mom war ungefähr das unbezahlbarste gewesen, und das war mir leider etwas peinlich. "Alter Waliyha??? Wie kommst du jetzt auf sowas??? Hallo??? Wer hat dir das gesagt???" Ihr Blick darauf war auch ziemlich unbezahlbar. Sagte so viel aus wie: Are you kidding me. "Ich bin kein kleines Kind mehr, Zayn. Ich wäre nicht deine kleine Schwester, wenn ich dich nicht genau so einschätzen wür-" "Okay okay okay okay weißt du was? Einfach.. einfach PSHH sowas gehört nicht auf den Essenstisch!!!", quasselte ich ihr schnell in ihren Satz hinein und brachte sie, mehr oder weniger, eigentlich kichernd, zum Schweigen. Ich wagte es erst gar nicht, zu Liam zu gucken. Wenn mir das schon peinlich war, wollte ich nicht wissen, wie unangenehm IHM das war.

Wenn ich nicht selbst damit beschäftigt war, über den Tisch hinweg nach Waliyhas Hand zu schnappen um sie dafür zu "bestrafen", dass sie gerade so eine freche Frage gestellt hatte, wäre ich vor Liams unschuldiger, peinlicher Berührtheit beinahe gestorben. Irgendwie war es echt verrückt, wie peinlich ihm sowas war, obwohl er im Bett ganz anders war... aber diese Erfahrung war auch nur mir vergönnt. Dass er sofort das Thema wechselte war wirklich perfekt auf die Situation abgestimmt, auch wenn meine Schwester und ich uns noch einen Fight auslieferten und sie aus ihrem Kichern nicht mehr heraus kam. Geschwisterliebe.
Zum Glück wurde dieses Thema, insbesondere als Safaa wieder da war, nicht mehr besprochen und wir unterhielten uns alle wieder ganz "anständig." Nachdem die letzten Cappucinos, Tees und sonstiges ausgetrunken waren, übernahm ich diesmal die Aufgabe, die Tassen vom Tisch zu räumen. Und Waliyha machte es sich, was ich nur mit halbem Ohr mitkriegte, daran, Liam auszuquetschen. Schief grinsend schüttelte ich den Kopf und brachte das Geschirr zur Spülmaschine; Liam tat mir schon Leid bei meinen Schwestern. Sie waren schrecklich neugierig, immer und überall, und da Waliyha mittlerweile in einem Alter war, in welchem "unangenehme" Themen auf den Tisch gebracht werden konnten, suchte sie sich ihr bestes Opfer.
Während Waliyha Liam folgte und versuchte, ihn über unsere Beziehung auszufragen, lief Safaa an unseren Schränken vorbei und blieb vor den Awards stehen. Meine Mom folgte mir in die Küche und redete nebenbei mit mir, während ich die Tassen in die Maschine räumte. "Und du bist mit dieser Entscheidung glücklich, richtig?", wollte sie nochmal von mir wissen, und ich fasste es zuerst etwas falsch auf, weshalb ich sie irritiert ansah. "Ja natürlich.. oder glaubst du mir nicht? Meine Rede war sehr glaubwürdig find ich..", murmelte ich verstimmt, woraufhin sie sofort das Gesicht mitleidig verzog und ihre Hand sanft auf meinen Oberarm legte. "Das meinte ich nicht, Jaan" - Kosename wie Liebling oder Schatz, was Liam in Zukunft auf öfters hören würde, jedenfalls von mir - "Ich will, dass du dir dieses Glück nicht wegnehmen lässt. Ich bezweifle es, dass Onkel, Tante, Oma und Opa es ablehnen werden.. aber falls doch, bitte sei nicht enttäuscht. Lass dir dein Glück nicht kaputt machen." Der verstimmte Ausdruck in meinem Gesicht verschwand sofort und ließ Platz für ein warmes Lächeln. Augenblicklich fand ich mich in einer Umarmung wieder, und ich drückte meine Mutter fest an mich. "Ich liebe dich, Mom.." "Ich liebe dich auch, Schatz." Ich löste mich aus der Umarmung, doch merkte ich, dass das nicht alles war, was sie eventuell noch anmerken wollte. Die Fältchen an ihren Augenwinkeln wurden mehr, als sie anfing, leicht ertappt zu lächeln. So niedlich ertappt, irgendwie. "Also.. du und Liam.. habt ihr schon...?" Bei dem Tonfall, den sie annahm, hätte es mir sofort auffallen müssen, aber mein Reaktionsvermögen erlaubte es mir nicht, es sofort zu checken. Ich blickte sie lange an, man konnte mir deutlich ansehen, dass es in meinem Hirn ratterte. Bis der Groschen fiel und meine Gesichtszüge sich schlagartig veränderten. "Mom!!! Sowas.. sowas fragt man nicht... maaaannnn.." Diesmal war ich derjenige, der sein Gesicht kurz peinlich berührt in den Händen vergrub, woraufhin sie leise lachen musste. "Ich bin auch nur eine Mutter, ich muss wissen wie mein Sohn lebt!" "....Mom, da gibts nich viele Unterschiede wie beim Gewöhnlichen, außer dass wir beide Typen sind", gab ich halb gedämpft von mir und ließ die Hände faul wieder sinken. "Okay okay, Antwort genug, Antwort genug!", sagte sie schnell und presste ihre Lippen zu Verdeutlichung, dass sie nicht weiter fragen wird, zusammen. Ich legte den Kopf schief und sah sie aus entschuldigenden Augen an. "Ich weiß, dass ist nichts was du dir vorstellen kannst.. n-nein oh Gott stell dir bitte jetzt nicht.. oh Gott wir lassen das Gespräch jetzt und hier", beendete ich meinen Satz hastig und ließ sie in der Küche stehen, um mich zu Safaa zu gesellen. GOTT wie peinlich.

Dass Waliyha meinen Verlobten kaum in Ruhe ließ fiel mir erst auf, als ich Safaa die chronologische Struktur unseres Awardschrankes erklärte. In diesem Zeitpunkt tauchte Liam nämlich hinter mir auf, schlang seine Arme um mich - was ich immer wieder genoss - und verbarg sein Gesicht an meiner Schulter. Zuerst sog ich die Luft etwas schärfer ein, bis mir auffiel, wie rot er deswegen wahrscheinlich sein müsste. Ein amüsiertes Kichern verließ meine Lippen und ich kraulte ihm kurz über den Nacken. “Waliyha lass es jetzt!“, richtete ich brüderlicher Ernsthaftigkeit an sie, ehe Liam in die Küche verschwand und ich mich damit anfreunden musste, dass Safaa es immer noch liebte, von mir Huckepack getragen zu werden.
Lange konnte ich sie allerdings nicht durch das unser Loft tragen, da zappelte sie unruhig und lief zu Liam. Ein Blick auf mein Smartphone und die Nachrichten, die ich knapp beantwortete, waren das einzige, was ich in der Zwischenzeit hatte machen können - Liam tauchte kurz danach direkt vor mir auf. Sein alarmierender Blick sprach Bände, und gepaart durch die Worte, wurde mir die Lage schnell bewusst. Zu schnell. “...fuck NIALL“, stieß ich fluchend aus, und nicht einmal eine Sekunde dauerte es bis Liam und ich auf die Tür zustürzten und die Treppen nach unten bretterten - und fast stolperten. Zum Glück geschah das gerade noch so NICHT, und wir kamen ziemlich hektisch und unbeholfen vor Niall und Waliyha zum Stehen. Allein der Bruchteil seines Satzes verdeutlichte uns bereits, dass wir zu spät gekommen waren. “..so laut wie die manchmal sind, das hört man bis nach unten zu mir!!!“ Oh. Nein. Ich ging schon davon aus, dass Liam und ich den exakt selben Gesichtsausdruck drauf hatten. Für mehr als ein entsetztes und wahnsinnig ertapptes “ALTER“ hatte ich keine richtigen Worte.

Liam fand als erstes, obwohl er der Sensiblere war, wenn es um DAS Thema ging in Gegenwart von anderen, der seine Worte wiederfand und Nialls Aktion ordentlich zur Rede stellte. Beziehungsweise mega anzweifelte, weil der Jockel sich einfach das Recht genonmen hatte, Liam und meine BETTGESCHICHTEN nicht irgendwem, sondern meiner Schwester zu erzählen. Fassungslos schüttelte ich den Kopf und zog die Augenbrauen argwöhnisch zusammen. Das ärgerte mich tatsächlich; Waliyhas Benehmen war unangebracht, auch wenn ich sie echt lieb hatte. Auf Urdu fragte ich sie, was sie sich dabei gedacht hatte, woraufhin sie antwortete, dass sie einfach zu neugierig war - insbesondere weil es eben Liam und ich waren. “Okay nein das reicht jetzt“, bot ich dem Wirrwarr, da jetzt auch Niall noch mit Liam diskutiert hatte, Einhalt. “Niall: Fresse oder ich stopf sie dir mit Chickenwings! Waliyha: Wenn du noch weiter rumfragst such ich mir eine andere Trauzeugin.“ Augenblicklich schreckte sie auf, lief zu mir und stieß ein aufgeregtes “Ich darf deine Trauzeugin sein???“, aus, was ich mit einem “Vorausgesetzt du hältst jetzt endlich deine Klappe“, unter eine Forderung stellte. Damit hatte ich sie gut geködert. “OKAY OKAY okay okay ich bin still!!!“, quasselte sie schnell in einem Satz runter und schlug sich die Hände vor den Mund. Ihren Kulleraugen konnte ich dann doch nicht widerstehen, weshalb ich mit der Hand leicht durch ihre Haare wuschelte. “Du weißt, dass ich dich lieb hab, aber manchmal kannst du echt nerven.“ Mit einem typischen Großer-Bruder-Grinsen zog ich sie in meine Arme. “Und Niall: Harry möchte Blumenmädchen mit dir sein. Damit das klar ist!“

Ich wusste genau, wie unangenehm das für Liam war - und mittlerweile sah ich darüber auch nicht mehr ganz so hinweg wie früher. Früher war's auch etwas anders gewesen; besser gesagt hatte ich auch nie vor anderen abgesehen von unseren Jungs irgendein Sterbenswörtchen verloren. Und auch wenn ich mich mal in einem Interview dazu äußerte, endete es nie darin, dass ich zu weit ging. Zwar war ich dadurch, dass ein Teil von mir seit der Klinikssache etwas ruhiger geworden war, manchmal immer noch vorlaut, aber niemals in einem Maße, dass es Liam verärgern würde.
Lustigerweise war ich es gewesen, der dieser Lage entschieden und bestimmt ein Ende setzte. Lag eigentlich daran, da es sich um meine kleine Schwester handelte - und da war ich eben immer ein bisschen anders. Mehr der große Bruder als der ruhigere, labile Mensch. Diese Seite kannte niemand so gut wie Liam. Wahrscheinlich fiel es den Leuten aus genau diesem Grund so schwer, zwischen uns das allgegenwärtige Thema “top or bottom“ mit einer eindeutigen Antwort zu beenden. Selbst Niall sah mich etwas skeptischer, fragender an, als ich mich nach Waliyhas und seiner Entschuldigungseinheit zu Liam gedreht und ihm einen kurzen Kuss auf die Lippen gedrückt hatte, mit der Sicherstellung “Alles wieder gut?“. Niall sah mich sogar ziemlich lange an, die Arme rechts und links an die Hüften gestemmt, als müsste er selbst in Gedanken überprüfen, ob sein Wissen auf Richtigkeit beruhte. Dazu sagen tat ich jedoch nichts - das Thema war jetzt gegessen. Innerlich verdrehte ich nur grinsend die Augen.
Der restliche Abend verlief perfekt, besser hätte ichs mir auch wirklich nicht vorstellen können. Trotzdem ereilte mich am Ende des Tages irgendwann echt die Müdigkeit, Kuscheln mit Liam kam mir super gelegen. Zur Routine wurde es ohnehin geworden, genau so wie die Tatsache, dass wir immer in seinem Bett schliefen. Das hatte sich nie geändert. Ich kuschelte mich lächelnd an ihn, sodass sein Gesicht nur wenige Millimeter vor meinem lag. Ein leises Lachen entwich meiner Kehle und vergrub meine Finger leicht an seine Brust. “Ich liebe dich immer noch mehr..“, widersprach ich in alter Manier, dicht gegen seine Lippen, “und ja.. hätte echt nich gedacht, dass es so ablaufen wird.. auch das kleine unerwartete Zwischending von Waliyha.“ Das Lächeln wurde etwas schiefer. “Sorry dass sie so aufdringlich war.. das is was komplett Neues für sie und sie hypet das zu krass“, meinte ich und ließ dabei meine Finger leicht an seiner Brust spielen. “Niall wusste am Ende nicht mehr, ob seine Wahrnehmung komplett richtig is..“, kicherte ich amüsiert. Das war schon echt lustig, dass man mir das zutrauen würde - ich war davon gänzlich und zu 110% abgeneigt.

Ich erwiderte Liams zärtlichen Kuss lächelnd und seufzte leise, verträumt in mich hinein. Ich liebte ihn einfach so sehr, es war echt abnormal. Bei seinen Küssen konnte ich nie anders, als automatisch zu lächeln. Dieses Lächeln wurde mit jedem gestammelten Wort, das Liam an mich richtete, breiter. Warmer. Und irgendwie ein bisschen verliebter. Er war so niedlich, wenn er sich für etwas schämte, oder einfach unsicher war. Aber das war völlig in Ordnung, jeder hatte etwas, was einem unangenehm war. “Shh is schon gut“, meinte ich leise hauchend und legte meinen Finger von seiner Brust auf seine Lippen. “Du brauchst dich dadurch echt nicht verunsichern lassen. Ich versteh das.“ Ich zog meinen Finger wieder zu mir und glitt mit meiner Hand zurück an seine Brust. “Und dafür liebe ich dich auch. Es gibt gewisse Dinge, die niemanden zu interessieren haben.“ Ich lehnte mich zu ihm und verschloss unsere Lippen zu einem längeren Kuss. “Außerdem.. finde ich das super süß..“, kicherte ich ein wenig verspielt gegen seine Lippen.