Die vernichtende Hitze einer durstigen Sonne brach erneut über die Trockenwüste der gleichnamigen Stadt Qas Ibrim herein - keine Besonderheit für die Menschen, die ihre Leben an diesem mystischen Ort der Welt führten. Auch nicht für den Kronprinzen Ägyptens, der genau an diesem heiligen Ort geboren und erzogen wurde. Für ihn war die Hitze nichts weiter als ein allgegenwärtiges Element seines ehrwürdigen Lebensstandards. Ab und zu sah er es als einen außerordentlichen Störenfried an - besonders bei den heißen Hungerspielen der königlichen Jagd, die auch heute wieder einmal stattfanden. Und das ließ sich der rebellische, draufgängerisch veranlagte Prinz nicht aus den Fängen nehmen. Nichts ging über eine Partie feuriger Herausforderung und niederschmetterndem Sieges. Außer, es würde ein Sturm des Qas Ibrim Staubes durch die Gegend fegen und wüten, was in letzter Zeit immer häufiger seinen Lauf nahm. Das traf heute erfreulicherweise nicht zu, was die königliche Jagdzeit umso verlockender gestaltete. Die friedliche, beinahe idyllische Stille des Qas Ibrims wurde durch die polternden und rasenden Galoppschritte eines Pferdes gebrochen. Der Kronprinz trug den ägyptischen Namen des tobenden Wirbelwindes nicht ohne Grund. Die fünf besten Scharfschützen des Landes traten gegen ihren zukünftigen Herrscher an; doch keiner von ihnen besaß die aufbrausende, blindlings willensstarke Ader, von der er getrieben war. Die Zügel fest in den Händen, fegte Zayn in einer schwindelerregenden Schnelligkeit über die Wüste. Sein gesamter Streitwagen polterte, wandte sich heftig unter der Führung des Prinzens - doch er selbst stand wie eine Eins, wie ein Fels in der Brandung und hatte die vollkommene Kontrolle über das, was er tat, und dem, was er führte. Ihm war die Herrschaft direkt in jede einzelne Bewegung geschrieben, die er ausführte.
Dem Punktestand zu Folge führte Zayn, und er sah es auch nicht ein, jemand anderem den Vortritt dabei zu lassen - auch wenn er einen riesen Vorsprung hatte. Er ließ nicht locker. Er gab bis zum Ende alles, was er hatte, jeden Funken an Energie, bis es zum Ende kommen würde. Doch dieses Mal schien das Ende nicht den Lauf zu nehmen, den der Kronprinz gewohnt war. Nur flüchtig waren die tiefen Abgründe seiner braunen Augen zur Seite geglitten, als er etwas erblickte, das ihn auf der Stelle wieder dorthin sehen ließ. "Anhalten!", verkündete er. Augenblicklich zog er die Zügel fest an, zwang das Pferd mit dieser einzigen, mächtigen Bewegung dazu, unter lautem Gewieher und Aufschlägen stehen zu bleiben. Dies traf auch bei seinen Mitstreitern zu, die dem Befehl Folge leisten mussten. Der feine Sand wirbelte um den Prinzen herum wie eine Wolke, aus der er samt Streitwagen und Pferd heraus- und auf sas zutrabte, was sich in sein Blickfeld gestohlen hatte. Beziehungsweise, jemand. Und als er vor diesem Fremdling ankam, der reglos vor seinem Streitwagen in den Fängen des heißen Sandes am Ufer der Ibris lag, fiel der argwöhnische, irritierte Blick des Kronprinzen auf diesen Mann. Lediglich Zayns tiefgründigen Augen würden das sein, was der Fremde zu erkennen vermochte, wenn er seinen Kopf heben würde. Durch die Bedingungen, die in der wilden Trockenwüste herrschten - da viele Reisende durchaus an den Mengen an herumwirbelndem Sand erstickt waren - verdeckte ein weißes Tuch seine untere Gesichtshälfte; ab den Augen. Somit war jegliche Deutung einer Mimik schwierig - außer, man konzentrierte sich auf die Regung in seinen verführerisch dunklen Augen. Und da blieb einem nichts anderes übrig, als genau das zu tun, wenn man ihn ansehen wollte.

Zayns außerordentlich ausgeprägter Sinn war es, dass er auf einen Blick viele verschiedene Dinge gleichzeitig ausmachen konnte, während andere immer noch an einer Sache hingen und erst Schritt für Schritt zum nächsten kamen. Der Kronprinz war ein Visionär, er dachte schneller, als alle anderen, und agierte seiner Zeit immer ein Stückchen voraus, woran sich besonders seine Eltern hatten gewöhnen müssen - in einem Land, das von Tradition und ihrer Andersartigkeit geprägt wurde und zu etwas völlig Neuem, Besonderen gekrönt war. Doch der junge Herrscher ließ sich von nichts aus seinen Entscheidungen, seinen Empfindungen bringen. Der Fremde war nicht von hier; er war verletzt, jedoch nicht so, dass er tot war, aber zur selben Zeit schien genau das immer näher zu rücken. Trotz seines äußeren Erscheinungsbildes einer komplett fremden Person, die sich hier nicht besonders gut hätte unterordnen können, beherrschte er ihre Sprache - und aus dieser vernahm der junge Herr, dass er Hilfe benötigte. Dringend. Lange lag der unschlüssige Blick des Prinzen auf dem entstellten, verletzten Gesicht des anderen, der mit jedem schweren Atemzug um sein Leben zu kämpfen schien. Ein Kämpferherz. Zayn wusste nicht, was ihn dazu trieb, diesen fremden Mann nicht seinem eigenen Schicksal zu überlassen - schließlich konnte er alles sein. Ein Feind, ein Gesandter von Mördern, die ein Attentat auf ihn ausüben wollen. Doch hatte dieser Mann nichts. Nichts - bis auf seine blutgetränkten Kleider, die nur noch als Fetzen um seinen Körper lagen. Und schlussendlich war er, er selbst konnte es sich nicht erklären wieso, von ihm fasziniert. Ein kleines, schleichendes Bisschen, das allerdings sein Leben wert war. "Ein Fremder?" "Womöglich ein Feind?" "Einer der Gesandten Tehlanias'?" "Worum er bittet ist unerhört.", redeten seine Begleiter um ihn herum in einem Durcheinander. "Schweigt!", befahl der Prinz in einem herrschendem Unterton, der nichts und niemandem erlaubte, noch einen Mucks zu geben. Er konnte diesen Mann nicht hier lassen. "Er hat mich um etwas gebeten. Das werde ich nicht so stehen lassen." Sein königlicher Berater, der ebenso einer der Jagdbegleiter war, trabte ihm augenblicklich zur Seite. "Wenn es mir erlaubt ist zu sprechen, euer Majestät?" Ein Nicken Zayns folgte. "Was gedenkt Ihr zu tun? Ihr wisst nichts über ihn, Eure Gnädigkeit. Er könnte ein Feind sein, euer schlimmster Erzfeind, euer Mörder!" Seine Bedenken waren berechtigt, doch ließen sie den jungen Prinzen unberührt. "Das spielt alles keine Rolle. Sieht er so aus? Mit was soll er mich angreifen? Geschweigedenn mit welcher Kraft?" Die fließende, ägyptische Sprache klang aus dem Mund des Prinzen wie eine Sprache der Melodik, der Grazie; aus jedem anderen Mund klang sie nicht ansatzweise so schön wie bei dem Prinzen. Sein Blick glitt erneut runter auf den Mann, den er nicht hier liegen lassen wollte - und würde. Zayn war aus genau diesem Grund so beliebt bei den Untertanen: Er besaß Güte in Vollendung, Gnade in vollen Zügen, er gab jedem eine Chance, bei der er der Meinung war, sie sich verdient zu haben. Er regierte nicht mit dem Kopf; er regierte mit Herz und Verstand. "Wir bringen ihn ins Schloss!", verkündete er schlussendlich und sah zu seinen Mitstreitern, dessen Mienen zu schockierten und empörten Mienen verzogen waren. "Eure Majestät, das gleicht einer unermesslichen Überstürzung!", kritisierte der andere, doch schwieg Zayn ihn mit einem Blick in Grund und Boden. "Das war ein Befehl." Und an dieser Endgültigkeit durften sie sich nicht widersetzen. Der Prinz warf seine Zügel ab, stieg von seinem Wagen und ging auf den Fremden zu. Durch zwei Weitere schafften sie es, den Mann vom Boden zu heben, doch warnte Zayn die anderen, dass sie vorsichtig sein mussten, um ihm nicht noch mehr weh zu tun. Zusammen brachten sie ihn zu auf seinen Wagen, befestigten ihn und sicherten seinen verwundeten Körper so, dass der Prinz sich neben ihn hinstellen konnte und langsam den Trab zum Palast antrat.

Weder die verwunderten Blicke seiner Untertanen, noch seiner Bediensteten oder sonst wem erhielten die Chance, den Prinzen von seinem Vorhaben abzuhalten oder ihn gar darin zu beirren. Er war sich seiner selbst auferlegten Aufgabe und Bürde bis ins kleinste Detail bewusst und machte nicht den Eindruck, sich dabei unsicher zu sein. Keineswegs. Er hatte den Fremden sofort in die Obhut seines Heilers El Haffar, einem außerordentlich gutem Freund und liebevoll 'Haffi' genannt, wissen lassen. Daraufhin hatte der Kronprinz noch Dinge erledigt, die mit der letzten Jagd in Verbindung gelegen waren, hatte sich entkleiden lassen, ein Bad genommen und wieder ankleiden lassen, bevor er sich in seinen Gemächern zurückzog. Das traditionelle, mystische Alltags-Königsgewand stellte den Prinzen nicht selten in ein wundervolles Licht der Erhabenheit. Allgemein, der junge Mann war der begehrenswerteste Mann in ganz Ägypten. Doch das war die letzte Sorge, die durch seinen Kopf fegte, während er durch das geschwungene Fenster der ägyptischen Baukunst blickte. Egal, was Zayn nach dem Zusammenstoß mit dem Fremden getan hatte - bei kurzen Besprechungen, beim Baden , beim Ankleiden. Der Neuankömmling war nicht eine Sekunde aus seinen Gedanken gewichen. Zayns Hoffnungen lagen darin, dass er ihn nicht zu spät entdeckt hatte. Er wollte, dass er lebte. Dass er überleben würde. Er wollte mehr über ihn wissen, und warum einer wie er ausgerechnet hier gelandet war. Der Kronprinz konnte sich vorstellen, dass seine Eltern von seiner Aktion nicht begeistert sein - und ihn ordentlich dafür stellen würden. Allerdings lebte Zayn schon seit neunzehn Jahren mit diesem Wissen im Hinterkopf. Und hatte es ihn jemals von seinen Entscheidungen abgehalten? Kein einziges Mal.
Nachdenklich lag sein Blick in der Ferne, bis ein junger Bediensteter darum bat, seine Gemächer betreten zu dürfen, und ihm mitteilte, dass der Fremde erwacht war - und mit ihm sprechen wollte. Nickend nahm der Prinz seine Worte in Kenntnis, blieb jedoch noch eine kurze Weile vor dem Fensterbogen stehen. Er dachte einen Augenblick darüber nach, was er ihm denn überhaupt sagen sollte, wenn er danach fragen würde, warum er ihn gerettet hatte. Aber schlussendlich beließ er das bei einem einfachen werden wir sehen, wenn es soweit ist in seinen Gedanken, ehe er sich aus seiner Position löste und sich durch die zahlreichen Gänge des Schlosses zu seinem Haffi begab. Auf dem Weg dorthin verbeugten sich die Wachen sobald sie den Prinzen erblickten; und auch als dieser den Raum betrat, verbeugten sich die Bediensteten in diesem Raum augenblicklich vor dem jungen Mann, ehe sie allesamt den Raum verließen. Diesmal schmückte kein Tuch sein Gesicht; diesmal offenbarte er dem Fremden mehr als seine tiefbraunen Abgründe. Sein Augenmerk fiel automatisch auf den Verwundeten, der mittlerweile schon einen Tick besser aussah als so, wie er ihm vorgefunden hatte. Immerhin trug er nicht mehr seine eigenen Blutflecken am Körper. In voller Grazie trat der Kronprinz an das Bett heran, wandte sich jedoch vorerst warm lächelnd an seinen guten Freund und legte ihm seine Hand freundschaftlich sanft an den Rücken. "Vielen Dank, Haffi. Ich wusste, du würdest mich nicht enttäuschen.", erklang es dankbar von ihm. Schließlich senkte er seinen Blick auf den Mann vor ihm. "Mir kam zu Ohren, du willst mit mir sprechen?" Ein höfliches und unvoreingenommenes Lächeln lag auf seinen Lippen; fast schon, als wüsste er nicht, warum der Fremde wohl mit ihm sprechen wollen würde. Fast so, als wäre es nicht ein Geschenk des Himmels gewesen, dass der Kronprinz Ägyptens des Leben eines wildfremden Mannes gerettet hatte.

Etwas länger als Zayn es für gewöhnlich tat lag sein Blick auf dem Fremden, nachdem er - erneut und ohne irgendeine Inkorrektheit in seinem Satz in fließendem Ägyptisch - gesprochen hatte. Mit einem den Dank annehmenden, gütigem Lächeln nickte er leicht, bevor er die Stimme erneut erhob. "Ich hätte dich dort auf keinen Fall sterben lassen können. Der schlimmste Tod und vor allem der langsamste ereilt einen in der brennenden Wüste. Keine äußerst... angenehme Angelegenheit." Ein beinahe schon schiefes, jedoch stets feines und leicht distanziertes Lächeln - da er schließlich nichts über ihn wusste - unterstrich seine Aussage, bevor er sich Haffi zuwandte und ihn darum bat, ihn und den Fremden alleine zu lassen. Obwohl Zayn eine der offensten Persönlichkeit der Königsfamilie war, führte er äußerst ungerne Gespräche vor anderen Leuten, wenn er sich eigentlich nur mit einer einzigen Person unterhalten wollte. "Ich will auch nicht, dass du dich weiterhin bei mir bedankst. Das, was ich tat, war vielleicht nicht meine Pflicht oder meine Aufgabe. Aber es war eine Bürde der Menschlichkeit, die mich trieb." Etwas, was viel zu oft verloren ging in diesen brutalen Herrschaftszeiten; der Kronprinz hatte schon oft mit diesem Verhalten Missgunst bei seinem Vater erhalten. Doch hatte dieser allmählich erkannt, dass diese Art des Herrschens, wie es der junge Mann annahm und tat, die klügere und angesehenste Variante war. Auch wenn es dadurch hieß, Risiken eingehen zu müssen. So, wie er es eben gerade tat, indem er sich mit dem Fremdling alleine in einem Raum aufhielt. Gewagt, oder natürlich? Das lag im Auge des Betrachters.
Langsam wandte sich der junge Prinz von dem Bett ab und ging zu den traditionell verzierten Vorhängen, die über dem Fensterbogen hingen, um sie nachdenklich zu mustern. Jedoch nicht, weil er sich für diese Muster interessierte; die sah er immerhin jeden Tag. Nein, nachdenklich über den Mann, von dem er immer noch genau so wenig wusste, wie davor. "Wie kommst du eigentlich hier her? Du scheinst nicht von hier zu sein." Damit drehte er sich wieder zu seinem Gesprächspartner und musterte ihn diesmal genauer. Außerordentlich interessiert, aber auf eine Art und Weise, die einem eine Gänsehaut bescheren konnte. Eigentlich hatte er sich bereits ein eigenes Bild im Kopf gebildet, Vermutungen darüber aufgestellt, die ebenfalls mit den Wunden im Zusammenhang standen. Nur sicher waren keine von den ganzen Thesen, welche er innerlich aufstellte; dafür mussten sie erst einmal Stück für Stück entweder von dem Verwundeten bestätigt, oder widerlegt werden.

Der Kronprinz konnte aus den Worten des anderen heraushören, dass er sich in seiner Schuld sah - und das vermutlich auch eine Weile lang so bleiben würde. Allerdings hatte der junge Mann selbst keinerlei Ahnung, wie er das begleichen könnte, wenn es darum gehen würde, irgendwas daran zu begleichen. Für ihn selbst hatte das keine Wichtigkeit; für manch andere umso mehr. Zum Beispiel sein Vater. Doch zu dem musste er im Augenblick nicht kommen, auch obwohl er seine Empörung über die Tat seines Sohnes bis hierher riechen konnte.
Irgendwas an dem Fremden war so vertrauenswürdig, dass Zayn nicht anders konnte, als ihn zu duzen. Im Prinzip machte er sich auch nicht viel daraus; für ihn war der Fremde ein einfacher Mann, so hatte er jedenfalls ausgesehen und gewirkt. Woher hätte ausgerechnet er wissen sollen, dass es sich bei ihm um eine völlig andere Persönlichkeit handelte, wenn jener es nicht einmal selbst zu wissen vermochte? Eben genau darüber wollte er mehr erfahren, über seinen Aufenthalt hier, seine Herkunft - weshalb er langsam wieder näher an das Bett herantrat und den Neuen stets mit aufgewecktem Interesse in den verführerisch dunklen Augen ansah. Hingegen seinen Erwartungen wusste besagter Neuer nichts über seine Herkunft, kein bisschen. Er konnte ihm lediglich das mitteilen, was vor Kurzem von Statten gewesen war. Mehr nicht. Einen Augenblick verzog der Prinz die Miene mitleidig, ehe es zu einem nicht minder mitleidigem, leichten Lächeln wurde und direkt neben Liams Bett, wie sich gerade herausgestellt hatte, zum Stehen kam. "Das hört sich nicht sonderlich erfreulich an... ich hätte liebend gerne mehr gewusst." Und das hätte er wirklich. Er war neugierig darüber, woher dieser Mann kam, welche Sprache er eigentlich sprach, was für ein Leben er geführt hatte. Der wissbegierige, kleine Junge von damals war eben nicht vollständig ins Erwachsenen-, ins Herrscherleben hineingewachsen, auch wenn das sonst in allen möglichen Hinsichten zu 100% schon der Fall war. Wenn es um etwas Neues ging, um etwas völlig Neues, dann war der Prinz viel zu neugierig.
Sie Schlagwörter 'im Kampf verwundet' und 'gegen Stein geprallt' besannen den Prinzen wieder, dass er schlimme Wunden mit sich trug, die jetzt zum Glück von Haffi gesäubert und behandelt worden waren. Nichts desto trotz ließ es den Prinzen nicht in Ruhe, wenn er sich nicht selbst darüber vergewisserte. "Und die Wunden? Schmerzen sie noch sehr?", fragte er deshalb nach, um seine Ungewissheit zu befriedigen.

Zayn war mit allen Wassern gewaschen und mit den Tugenden in seiner Familie äußerst streng vertraut. Das hieß: Höflichkeit, Vornehmlich agieren, wie ein gebürtiger, ehrenvoller Prinz durch die Gegen zu laufen. Aber er war nicht nur in der Hinsicht wie er dachte oder agierte anders; sondern auch, was seinen Charakter als Prinzen anging. Die Fassade aus Höflichkeit brachte er jedes Mal, wenn er Fremde kennenlernte und mit ihrer Anwesenheit konfrontiert wurde. So war das in ihm verankert, dafür hatte die strenge Erziehung gesorgt. Doch wäre Zayn nicht der Wirbelwind des Palastes, wenn nicht irgendwo ein kleiner Haken dahinter steckte. Diesen Haken musste man nur heraus provozieren, und schwupps erhielt man nicht mehr den Kronprinzen Ägyptens, sondern Zayn. Lediglich Zayn. Genau diese Art von Provokation sandte der Fremde ihn zu, weshalb es dem Prinzen sichtlich schwer fiel, noch weiter die Höflichkeitenfassetten aufrecht zu erhalten. Erkennbar daran, wie sein Lächeln bei der Gestik des anderes sichtlich schiefer wurde. Liam nahm sich selbst auf den Arm, auch wenn sein Schicksal nicht das angenehmste war, das man erhalten hätte können. Schlussendlich bei seiner Frage brachen seine erzwungenen Prinzipien eines höflichen Umganges, wie es ein Herrscher tun sollte, und er begann, außerordentlich breit zu grinsen. Genau deshalb wollte er ein Gespräch unter vier Augen führen - um herauszufinden, wie der andere tickte. "Eigentlich", erklang es spielerisch theatralisch und er hob den Finger, "Kronprinz von Ägypten und Thronerbe des mächtigen und erhabenen Herrschers Aldahin LeDali." Mit einem überheblichen Ausdruck im Gesicht, der die Theatralik seiner Worte darstellen sollte, sah er auf Liam hinab, bevor der Prinz keine Chance mehr darin sah, sein leises, melodisches Lachen aufzuhalten. "Aber für dich, Zayn. Einfach nur Zayn." Es war lange her, dass jemand seines Alters, beziehungsweise ein paar Jahre über seinem Alter, aber eben in seiner Jüngeren-Klasse, in diesem Schloss aufgetaucht war. Die meisten in seiner Gegenwart waren entweder mindestens fünfzehn Jahre älter, oder noch Kinder. Es war lange her, dass der Prinz einen wirklichen Freund gehabt hatte - vielleicht würde sich das durch das ereilte Schicksal Liams ändern?
Die Aussage seines Gesprächspartners quittierte der Prinz mit einem zuerst überraschten Ausdruck im Gesicht, das deutlich wurde, indem er seine Augenbrauen in die Höhe hatte wandern lassen, ehe er amüsiert auflachen musste. "Sie an... da ist jemand von der frechen Sorte, die kein Blatt vor den Mund nimmt." Und doch wurde sein Lächeln jetzt selbst eine große Spur frecher. "Schön, einen Gleichgesinnten gefunden zu haben." Lachend drehte er sich von ihm weg und spazierte zur anderen Seite des Raumes. "Dann will ich mal nicht so sein und deine Unannehmlichkeiten etwas vermindern.. obwohl doch eigentlich ein so großer und starker Mann damit umgehen müsste?" Spielerisch allerdings keineswegs herablassend, eher äußerst witzig, zog er Liam auf und grinste ihn übermütig an. "Da du vorhin von Kämpfen gesprochen hast, bin ich mir ziemlich sicher, dass du deine Fertigkeiten doch bestiiiimmt unter Beweis stellen kannst. Natürlich, wenn du wieder fit auf den Beinen bist." Das wollte Zayn unbedingt. Wissen, mit was für einem Kämpfer er es zu tun hatte. Vielleicht konnte er sogar dadurch in Erfahrung bringen, an der Art und Weise, wie er vorging, ob er aus den Orten kam, aus denen er schon bereits Kämpfer erlebt hatte.

Es war tatsächlich eine gelungene Abwechslung, dass es jemanden gab, der sich dem Kronprinzen auf eine freche und interessante Art, die jenen nicht störte, widersetzte. Anstatt sich ihm wie jeder x-beliebige Untertan in Qas Ibrim zu unterwerfen und seine Füße zu küssen, bekam er es mit einem - fast schon wortwörtlich - Wildfang zutun. Es machte Zayn insgeheim nur noch neugieriger, und in Binnen von Sekunden spürte der begehrteste und schönste junge Mann aus Ägypten den Drang, Liam besser kennenzulernen. In all seinen Fassetten, Farben und Formen. Liam machte ihn sehr, sehr neugierig. Und diese Neugierde galt gestillt zu werden.
Übermütig auflachend spielte der Prinz nebensächlich an seinen goldenen Armreifen an den Handgelenken, die zu den königlichen Gewändern immer dazugehörten. Demonstrativ senkte er seinen Bick auf den Schmuck und zog die Augenbrauen selbstsicher hoch. "Ich bin der Prinz. Ich kann tun und lassen und duzen was ich will.", gab er fein selbstgefällig von sich, als er seinen verlockenden Gegenspieler wieder anblickte, grinste diesen frech an, ehe er die graziösen, diesmal verspielteren Schritte zur anderen Seite vornahm.
Dass sich der Prinz nicht ein einziges Mal dazu besonnen hatte, sich niederzulassen, war auf seinen Status als Wirbelwind eben genau deswegen zurückzuführen. Er konnte einfach nicht still sitzen. Zayn war ständig in Bewegung, wenn es etwas Neues gab oder er nervös war oder schlichtweg von der Präsenz einer anderen Person angezogen wurde. Und, auch wenn der Prinz das zu diesen Stunden nicht nicht wahrnahm, handelte es sich um Letzteres, was auf diesen Umstand zutraf. "Mach ich dich nervös? Ich bitte um Verzeihung, es liegt in meiner Natur, dass Leute um mich herum durch meine Anwesenheit schnell nervös werden.", scherzte er frechen Untertones und ließ sich schließlich dazu hinreißen, sich auf den Stuhl neben dem Bett niederzulassen. Seine Worte waren zwar eines Scherzes zuzusprechen, entsprachen jedoch witzig- oder traurigerweise, je nach dem, der Wahrheit. Er konnte keine anständige Konversation aufrecht erhalten, ohne zu merken, dass sein Gesprächspartner vermutlich gleich die Nerven verlor, weil der Kronprinz mit ihm sprach. Etwas, was Zayn oftmals übermäßig störte.
Kurz lachte der Prinz munter über seine Antwort, bevor er beinahe abrupt verstummte, als Liam das Gesicht schmerzhaft zusammenzog. Es tat ihm unheimlich Leid, dass die Schmerzen ihn so sehr einnahmen; er sah es nicht gerne, wenn seine Leute litten. Komischerweise betrachtete er Liam automatisch als einer von "seinen Leuten", woran durchaus das sympathische Lächeln nicht ganz unbeteiligt war. "Natürlich bin ich dein Gegner. Wer sonst?", kommentierte er schließlich zustimmend und erwiderte das herausfordernde Grinsen seines Gegenübers mindestens genau so herausfordernd. Wäre für ihn eine Vorstellung der Unmöglichkeit, wenn er sich diese Gelegenheit entgehen lassen würde.