Bei Liams Wangenkuss musste ich, wie gewöhnlich, wieder ziemlich idiotisch lächeln, weil es mir echt ein gutes und wohliges Gefühl gab, dass wir uns in der Öffentlichkeit so zärtlich und liebevoll behandelten. Das legten wir nie ab, egal wo wir waren. Uns war es nämlich scheiß egal, was andere von uns dachten und wie sie damit umgingen, ein gleichgeschlechtliches Pärchen vor sich stehen zu haben. Wir scherten uns keine einzige Sekunde drum, wie das für Außenstehende war - weil wir uns einfach zu sehr liebten, als dass es uns interessieren würde.
So ging es auch im Wartezimmer weiter; ein paar guckten auf, nur um ihre Neugierde zu befriedigen, wer gerade Neues dazugestoßen war. Da es eine Klinik für Jugendliche bis junge Erwachsene war, traf man hier nur auf Sechzehn bis höchstens Zwanzig Jährige. Auf Liams Worte hin, dass die Angestellten hier keine Ausnahme für mich machten, was die Bögen betraf, pikste ich ihm in die Seite und richtete ein trotziges "Is mir egaaaal" an ihn. Doch wich das Spielerische aus meiner Mimik und Gestik, als mir durch das Formular wurde, was das Bändchen an meinem Handgelenk eigentlich bedeutete. Liam bemerkte den Stimmungsfall sofort, und merkte stattdessen an, dass mich noch viel schlimmeres hätte erwischen können. Da ich meine Laune jetzt noch nicht, beziehungsweise ungern komplett in die Tonne kloppen wollte, ließ ich mich zu einem leichten, und doch belustigte Lächeln hinreißen, als er meinte, dass Schwarz nicht mal eine Farbe war. "Stimmt... is'n Kontrast...", überlegte ich matt, entschied mich dazu, nicht nachzulesen, was Stufe 3 hinter dem Rot hieß - obwohl ich es mir eigentlich schon denken konnte - und wollte mit den nächsten Fragen weiter machen. Liam regte sich allerdings neben mir, zog etwas aus seiner Jackentasche und griff sanft nach meiner Hand. Mein überraschter Blick folgte seinem Vorhaben, bis ich erkannte, was er mir um das Handgelenk gebunden hatte. Ein Lederarmband von ihm, direkt unter dem roten Bändchen. Er wollte mich um jeden Preis zum Lächeln bringen, glücklich sehen. Er wollte mich aufmuntern, weil ich mur vorstellen konnte, dass es ihm sonst viel schwerer fallen würde, mich hier zurück zu lassen, wenn ich ihn traurig verabschieden würde. So war er. Und genau deshalb, und aus zahlreichen anderen Gründen, hatte ich mich so krass in ihn verliebt. Augenblicklich legte sich ein warmes, niedliches Lächeln auf meine Lippen. Wie süß von ihm. "Gott, eigentlich machst du es mir mit diesen süßen Kleinigkeiten noch viel schwerer...", gestand ich, womit ich eben auf den Abschied für später andeutete, ehe ich ein liebliches "Danke..", an ihn richtete und mich zu ihm vorbeugte, um ihm einen sanften Kuss zu schenken. Oh man, ich spürte jetzt schon, wie schmerzhaft sich mein Herz verzog bei dem Gedanken, dass das einer der letzten Küsse für heute sein würde..
Schließlich füllte ich noch den Rest der Bögen aus, ging mit Liam wieder zurück zu der Pflegerin und reichte ihr das Klemmbrett samt Kugelschreiber. Daraufhin bekam ich als Tausch den Zimmerschlüssel, der aus einem schwarzen, runden Chip mit Nummer drauf bestand. Sie ließ uns Beide noch wissen, dass Liam mich bis zum Zimmer begleiten durfte, dann aber jedoch langsam gehen müsste. Ich nahm seine Hand, verschränkte meine Finger mit seinen und ging schweren Herzens den langen, im Moment ziemlich trostlos wirkenden Gang entlang, der zu dem Zimmer führen sollte. "Ich will nicht, dass du gehst, man....", murmelte ich unzufrieden quengelnd vor mich hin, bis wir vor der Zimmertür ankamen, die meine Nummer trug.

Wie ich es mir bei Liam gedacht hatte, bestätigte er mir nochmal, dass er mich nicht traurig sehen wollte und deshalb so niedliche, kleine und aufmerksame Dinge verrichtete, die mich prompt zum Lächeln brachten. Er war so unglaublich süß. Einfach der perfekteste Freund, den man haben konnte. Schließlich war es echt ein verdammtes Glück, wenn der feste Freund auch noch der beste Freund war, was nirgendswo verloren ging, sondern ständig wieder zum Vorschein kam. Und es machte mich so unglaublich glücklich, dass ich jemanden wie ihn immer an meiner Seite gehabt hatte - und auch nicht mehr verlieren würde. Ganz sicher nicht. Dafür war das Band zwischen uns, sowohl der Liebe als auch der Freundschaft, viel zu stark. So stark, dass es fast schon erschreckend war, wie das überhaupt möglich sein konnte. Wenn ich nicht an Seelenverwandschaft glauben würde - spätestens bei Liam und mir tat ich es.
Ich genoss den sanften, langen Kuss, den wir vor versammelter Mannschaft an Jugendlichen teilten, in vollen Zügen - da mir das schlichtweg nichts und niemand nehmen konnte. Insbesondere wenn es bald hieß, Abschied zu nehmen. Doch bevor das passieren müsste, durfte er mich wenigstens noch bis zum Zimmer begleiten und sich vergewissern, dass ich hier auch in guten Händen bleiben würde. Nachgebend seufzte ich auf seine Worte, senkte den Blick allerdings auf unsere ineinander verschränkten Hände. "Sind ja nur noch... ein paar Stunden.", versuchte ich mich selbst und ihn aufzumuntern und rang mir ein schiefes, bemüht trostspendendes Lächeln ab, was vermutlich verdammt süß aussehen musste. Einfach, weil ich mich trotz meiner Non-Begeisterung für diese Klinik versuchte, positiv gestimmt zu halten. Was mir zwar oft nicht ganz so gut gelang, doch ausnahmsweise wollte ich, dass es heute eben anders lief. Damit Liam nicht mit dem traurigen Ausdruck auf meinem Gesicht gehen müsste.
Mit diesem Gedanken drehte ich mich zur dunklen, hölzernen Tür, suchte den passenden Schlitz, in der der Chip passen könnte - bevor mir auffiel, dass eigentlich ein Sensor vor dem Knauf war, gegen den Man den Chip halten musste, damit dieser registriert wurde und man den Zugang ins Zimmer bekam. "High technology, tho.", kommentierte ich belustigt und grinste leicht, bevor die Tür aufging und wir das Zimmer betreten konnten. Sofort fiel mir das zweite Bett auf, das auf der anderen Wandseite des relativ durchschnittlich großen Zimmers stand, das eben für zwei Personen ausgerichtet wurde. Meine Tasche lag auf den frischen, lilienweißen Bettlaken des Betten drüben, neben welchem, symmetrisch zur anderen Hälfte des Zimmers, das für den Mitbewohner sein musste, eine breite, hell hölzerne Kommode stand. Auf der anderen Seite war in der Mitte eine Tür, die zum Badezimmer führen musste. An den Ecken tronten jeweils zwei Tische. "Ich glaub die stehen auf Symmetrie.", gab ich als erstes von mir und ging, mich dabei leicht interessiert umschauend, auf mein Bett zu. Ein großes Fenster, vor dem gerade ein relativ milchiger Vorhang hing, erhellte das Zimmer. Eine Weile sah ich mir nochmal kurz alles genau an, strich mit meiner Hand über das Holz der Kommode - der Drang alles anzufassen war wieder da. Weil neue Dinge und so. - bis mein Blick in meine offene Tasche fiel. Augenblicklich grinste ich vor mich hin. Und im nächsten Moment zog ich Lima Jr. raus und drehte mich, ihn stolz knapp vor meinem Gesicht, unter meine Augen haltend, zu Liam. "Hab ihn nicht vergessen!", verkündete ich stolz, ließ meine Hände mit dem Teddy schließlich langsam sinken und bedachte ihn mit einem niedlichen Lächeln.

Dass ich die nächsten Stunden bis zu unserem nächsten Treffen verpennen würde, war durchaus eine realistische Anmerkung seinerseits, der ich echt keine Erwiderung entgegenbringen konnte - schlichtweg weil es ein Fakt war. Einer, auf dessen Erwähnung ich sogar leise lachen musste. "Vermutlich, alter..", stimmte ich deshalb zu und grinste schief drein, bevor wir das Zimmer betreten hatten und ich mich langsam umsah. Wenn ich gewusst hätte, dass es hier sein so langweilig aussehen würde, hätte ich irgendwas mitgenommen, was das Zimmer irgendwie, wenigstens ein biiisschen spannender gestaltet und... nach meinen kleinen Vorstellungen meiner Kreativität im Kopf ausgemacht hätte. "Oder ich mal den Tisch einfach gleich an.", scherzte ich zurück und ließ meine Augenbrauen vorhabend in die Höhe wippen - was eigentlich gar keine so abwegige Idee war... Meine Malutensilien hatte ich immerhin dabei, sogar 'n paar Sprühdosen weil die mir unheimlich wichtig waren. Ich hatte zwar nicht vor, irgendwelche Wände hier illegalerweise zu beschmieren, aber einfach nur, weil ich sie gerne bei mir hatte und, falls sich die Gelegenheit ergeben würde, sie doch irgendwo benutzen zu können.
An seiner Gestik, mir näher zu kommen und mich schließlich eng zu sich zu kommen, wurde mir klar, dass es jetzt hieß: Abschied nehmen. Ich schluckte meine Traurigkeit so gut wie es ging runter und horchte seinen Worten aufmerksam, während meine Arme sich um seinen Hals legten. Jede Faser meines Körpers sträubte sich dagegen, Liam gehen zu lassen. Aber ich wusste ganz genau, dass es nicht anders ging. Bedrückt nickte ich auf seine Worte, bis sich meine Mimik bei seiner kleinen Warnung veränderte und ich kurz, leise und niedlich, darüber lachen musste. "Als ob ich das jemals tun würde! Mein Platz ist in deinen Armen.. und nirgendswo anders..", flüsterte ich ihm am Ende hin bedeutungsvoll zu, auch wenn ich bereits merkte, wie der Abschied ziemlich schwer war. Das kurzanhaltende, traurige Funkeln in den Augen, konnte ich nicht unterdrücken - doch überbrückt ich, bevor er das wirklich registrieren konnte, den kleinen Abstand zwischen unseren Gesichtern und verschloss unsere Lippen zu einem langen, sanften, und doch intensiven Kuss, der uns Beide für die paar Stunden stillen sollte. Natürlich würde es das nicht schaffen, aber.. der Gedanke zählte. Ich verlor mich für eine äußerst schöne Weile in dem Kuss, da sich meine Lippen nicht von seinen lösen konnten, und ich diesem Gefühl nicht Widerstand leisten konnte, bis ich leicht vernahm, wie eine andere Person im Türrahmen stand und uns - wahrscheinlich - anglotzte. Das brachte mich jedoch auch nicht sofort dazu, von ihm abzulassen, ehe ich mich in Gedanken alarmierend dazu aufforderte, den Kuss lösen zu müssen. Für einen Augenblick sah ich Liam tief in die Augen; die Anwesenheit der anderen Person entging mir nicht, weshalb ich kurz danach den Kopf zu ihr drehte und meinem zukünftigen, ziemlich überrascht aussehenden Mitbewohner schmal, allerdings etwas freudlos, anlächelte. "Hay. Zayn.", richtete ich beiläufig und knapp an ihn, während ich meine Arme von Liams Schultern nahm. "Ich weiß wer ihr seid..", gab der Mitbewohner etwas vorsichtig, aber schief grinsend zu. Dafür erntete er sich ein leichtes Schmunzeln von mir, doch widmete ich mich erst noch meinem Freund. "Komm gut.. nach Hause und.. überleb mir die Jungs." Ein herzliches, leises Lachen verließ meine Lippen, was ich ihm auf dem Weg unbedingt mitgeben wollte.

Liams Art, sich meinem Mitbewohner "vorzustellen", brachte mich sofort wieder zum Lachen. So war er, mein Liam. Nur meiner, und ich.. tja, ich war eben auch nur seiner. Abwehrend hob der Mitbewohner leicht die Hände und grinste unschuldsbewusst schief. "Ich werd ihn auch nur länger ansehen, wenn es nötig ist, Sir", scherzte er, bevor er unsere kleine Abschieds-Privatsphäre respektierte und auf sein Bett zuging, ohne uns noch weiter anzustarren. "Ich krieg das schon.. irgendwie hin", erwiderte ich leise, nickte leicht und gab ihm noch das Versprechen, nichts Dummes anzustellen. Jedenfalls wollte ich das nicht... etwas Dummes anstellen. Ob ich das einhalten könnte war eine andere Frage... aber darüber wollte ich jetzt nicht nachdenken.
Mit dem letzten, kurzen Kuss den er mir gab richtete ich ebenfalls ein "Bis morgen", an meinen festen Freund, ehe er aus dem Zimmer verschwand und ich mich dazu zwang, ihm nicht hinterher zu sehen. Wenn ich ihm hinterher gesehen hätte, wäre es mir nur noch schwerer gefallen. Stumm ließ ich meinen Blick auf meine Tasche neben mir sinken. "Hey.. also.. ihr seid so richtig zusammen, oder..?", brach mein Mitbewohner sie Still, woraufhin ich zu ihm rübersah. "Nein. Wir tun nur so.", entgegnete ich sarkastisch, grinste dann jedoch leicht und schüttelte den Kopf. Der war, was das Schnellchecker Dasein anging ja noch schlimmer als ich.

Den restlichen Tag hatte ich damit verbracht, mich irgendwie einzuleben, auch wenn es mir ziemlich schwer fiel. Ich hatte mein Zeug eingeräumt, meinem Teil des Zimmers nach meinen Vorstellung etwaaas dekoriert, und war nach einer kleinen Smalltalkrunde mit Seth, wie er hieß, schlafen gegangen. Es stellte sich heraus, dass er so ein ähnliches Problem wie ich hatte, nur, dass er seine Emotionen nicht auf Wut projizierte, sondern auf extremer Gehässigkeit - und von dem, was er mir so erzählte, klang das schon verdammt sadistisch. Dabei war er ein netter Kerl, und das tat mir einfach... wahnsinnig Leid. Seine gute Seite wurde von der schlechten Seite aufgefressen, und was seinen Mitmenschen im Gedächtnis blieb, war nur die schlechte Seite. So funktionierte die Menschheit. Sie verabscheute jemanden für etwas, wofür er nichts konnte, und vergaß die guten Eigenschaften, die ihn ausmachten. Er war ein verdammt korrekter Kerl, und zu meiner Überraschung stellte sich heraus, dass er ebenfalls ein Raucher war.
Mein erster Therapietag endete damit, dass mir geraten wurde, etwas zutun, worauf ich stolz sein könnte, mich freuen könnte, anstatt mich von negativen Emotionen leiten zu lassen. Und da Seth nach meinem Therapiegespräch selbst busy gewesen war, hatte ich tatsächlich meine Zeichenutensilien ausgepackt und den Tisch angemalt. Im Graffiti Style, mit allen möglichen Symbolen, Schriften, Textstellen, die mir gefielen, die ich mit Liam assoziierte, beispielsweise. Und rauskam eine freaky, aber hella nice Tischplatte, auf die ich wirklich irgendwie stolz war. Ich hatte sogar den Tree-Hugger-Liam im Comicstil darauf verewigt. Nachdem ich wirklich Stunden daran gesessen war, bekam ich was zu essen und musste nochmal in ein Gespräch. Diesmal waren wir auf den Entschluss gekommen, dass ich mich nicht unterdrücken lassen sollte - mit anderen Worten, dass ich schrittweise die Dinge tun sollte, die ich mir damals nie zugetraut hatte. Aus Angst, dass sie nicht akzeptiert werden würden. Dass sie nicht gerne gesehen waren. Vom Management, zum Beispiel. Und damit fasste ich den Entschluss, mir morgen meine Haarspitzen platinsilber zu färben. Ein paar Stunden vor Liams Besuch hatte ich mich in der Klinik umgesehen, war Leuten begegnet, die meine Anwesenheit gemieden hatten. Und das nur wegen diesem Bändchen. Dummes Bändchen.. Es machte mich echt fertig, dass dieses rote Scheißteil der Grund dafür war, dass mich Leute mieden. Mit diesen trüben Gedanken verzog ich mich in mein Zimmer, schnappte mir mein Handy die Kopfhörer, um mich mit 'nem Notizblock auf's Bett zu setzen und es auf meine in einen Schneidersitz verschränkten Beine zu legen. Mein Therapeut hatte mir auch geraten, Gedanken aufzuschreiben, egal ob ganze Sätze oder nur Stichworte.

Da ich nur einen der beiden Kopfhörer in meinem Ohr hatte, und nebenbei ein paar Sachen aufschrieb oder irgendwas auf das Papier kritzelte, vernahm ich das Klopfen an der Tür natürlich sofort. Mein unergründlicher Denker-Blick schoss nach oben - auch feierlich von unseren Fans der "always-into-modeling"-Blick genannt, weil sie finden, dass ich ständig und überall auch ungewollt wie ein Model schauen konnte -, was jedoch im Bruchteil einer Sekunde in ein breites, freudiges Grinsen überging. Meine Augen strahlten, während das Grinsen auf meinen Lippen instinktiv verschmitzter wurde. "Ich steh auf Zimmerservive a la Boyfriend.. Wo ist das "Nicht-Stören" Schild?" Lachend nahm ich in der Zeit, in der er sich die bemalte Tischplatte ansah, den Kopfhörer aus meinem Ohr, stoppte die Musik und schob den Block von meinem Schoß neben mich. Natürlich hatte ich keine Geheimnisse mehr vor Liam, aber.. ich wollte nicht, dass er auf Anhieb erkannte, dass es mir, was die sozialen Kontakte hier anging, nicht unbedingt besser ging. Immerhin hatte ich irgendwie Seth, mit dem ich mich einigermaßen gut verstand. Die anderen waren entweder zu still, zu desinteressiert, oder einfach nur für nichts und wieder nichts "verängstig" beziehungsweise wollten sie nichts mit mir zutun haben. Non-Akzeptanz an einem Ort, der eigentlich zur gesellschaftlichen Akzeptanz verhelfen soll. Diese Ironie.
"Jaaa.. du weißt, ich kann meine Finger nur schwer still halten, wenn ich etwas sehe, was mir zur Inspiration verhilft", erwiderte ich scheinheilig schulterzuckend und lächelte leicht zu ihm hoch, bis er sich neben mich setzte und ich endlich diese Liebe verspürte, die ich in meinem Tagesablauf dringends brauchte... von ihm... von Liam. Mit einem leisen, fast schon lautlosen, erleichtertem Seufzen nahm ich den sanften, liebevollen Kuss entgegen und kuschelte mich in seinen Arm, indem ich meinen Kopf auf seiner Schulter ablegte. "Ja.. wie jeder erste Tag in einem Gebäude das den Eindruck macht als würde es dich einsperren wollen. Langweilig." Ich drehte meinen Kopf leicht zu ihm. "Aber.. ein biiiiisschen... aufschlussreich. Ich soll mir Schritt für Schritt kleine Dinge überlegen, die ich jetzt machen könnte, die mich.. glücklich machen, ohne den Gedanken, dass es jemandem nicht gefallen könnte oder.. nicht akzeptiert werden würde oder.. sonst was.", murmelte ich leise, seufzte und hauchte ihm einen Kuss auf die Haut seines Halses. "Was ist in dem Ordner?", fragte ich nebenbei noch nach, da mir das nicht entgangen war, dass er ihn auf meinen bemalten Tisch abgelegt hatte. "Und.. wie war dein Tag eigentlich so?", fragte ich beiläufig weiter, als mein Blick langsam zu seiner Hand glitt und ich meine zu dieser führte, um sie zu halten, bis ich inne hielt und... das rote Armband um sein Handgelenk sah. Komplett rot, ohne Muster, ohne Stein, nichts. Langsam glitten meine Augen zu meinem Handgelenk und dem Bändchen, das mich eben ausmachen sollte, und wodurch ich noch bis vor ein paar Sekunden wieder trübe Gedanken bekommen hatte. Er hatte nicht wirklich... augenblicklich durchzog eine angenehme Wärme meine Brust, obwohl es eigentlich nur eine Vermutung war, als ich überrascht zu ihm aufsah. "Hey das.. das rote Armband da.. ist das..", setzte ich an, nachzufragen, ließ die Frage aber in der Luft hängen, weil er selbst ohne Satzende verstehen würde, was ich fragen wollte.

Etwas anzüglicher als eigentlich geplant wippte ich ungläubig mit den Augenbrauen bei Liams Worten und lachte auf, als er mir frech zuzwinkerte. Ohhh ja, das hatte definitiv in meinem Tagesablauf gefehlt. Die Zeit mit Liam, die Insider, die Scherze, diese... Bromance mit steigender Tendenz zu 'ner Romance. Einfach alles, was ich wirklich brauchte, um den Tag mit einem breiten, ehrlichen Lächeln abschließen zu können. Leider nicht in seinen Armen, und nicht über die Nacht, aber.. wenigstens hatte ich ihn für ein paar Stunden bei mir. Außerdem musste das auch so sein; bei uns, bei mir wurde ja bereits festgestellt, dass Liam der einzige war, der mich beruhigen konnte. Der eine ausreichende Wirkung auf mich haben konnte, die mich von meinen Trips wieder zur Besinnung holen konnten. Er war einfach... der wichtigste Bestandteil meines Lebens.
Niedlich kniff ich die Augen leicht zusammen, als mein Freund mich auf die Wange küsste und grinste vor mich hin. Es war so süß von ihm, wie er mir mit allen Mitteln und ohne viel dabei anstellen zu müssen Komfort und dieses bestimmte, warme Wohlbefinden zusprach. Bis meine Antwort auf den Tag heute zu seinem Entschluss führte, dass es also wie in der Uni war. Ein matteres Lächeln zupfte an meinen Mundwinkeln. "Ich wäre lieber mit dir in der Uni.." Ein leises Gemurmel, das durch ein lautloses Seufzen untermalt wurde, bevor er weitersprach und ich den Blick nur nebensächlich sinken ließ. Fast schon gleichzeitig waren meine Augen auf den Block geglitten, der neben mir lag und nicht allzu viel von dem preisgab, was ich dachte. "Mhh.. nur dies und das.. nichts weltbewegendes." Eine Weile lang starrte ich nur stumm vor mich hin, spielte an meinem Lederarmband, das ich seit gestern nicht mehr abgelegt hatte - und auch nicht mehr ablegen würde.
Dass ich jedoch seinen Eigengeruch durch den liebevollen, kurzen Kuss an seinen Hals wieder bei mir haben konnte, zeigte mir wirklich, dass er bei mir war. Sofort kuschelte ich mich an ihn, als wir uns aufs Bett sinken ließen und hatte mehr oder weniger ohne viel nachzudenken nach seiner Hand gegriffen. "Ich dich auch..", gestand ich leise, blickte zuerst gar nicht auf unsere Hände hinab, sondern hörte ihm erstmal zu. "Vorlesungen.. hmm.. und du hast echt alles für mich mitgeschrieben?", gab ich überrascht von mir, bevor mein Lächeln dankbar wurde. "Das ist echt süß von dir... typisch Daddy." Jetzt konnte ich doch nicht anders, als kurz dreckiger zu Grinsen.
Bevor mir das rote Armband an seinem Handgelenk aufgefallen war. Automatisch, während ich so draufstarrte und ihn danach gefragt hatte, verschränkten sich unsere Finger ineinander. Und bei seiner Antwort auf meine halbe Frage, glubschte ich zu ihm hoch. Das... oh Gott, wie... wie lieb von ihm... ich wusste nicht mal was ich dazu sagen sollte, weil es.
Einfach nur gut tat. Es fühlte sich gut an, es.. es gab mir Sicherheit. "Aw.. aw Liam.. mein Gott hörst du mal auf so süß zu sein, gibt's doch nich..", brachte ich irgendwie heraus, vergrub mein Gesicht an seiner Brust, um das leicht Verlegene in meinem Ausdruck zu verbergen. Damit kuschelte ich mich jedoch noch enger an ihn, weil diese Nähe etwas war, was ich so sehr brauchte.

Unabsichtlich hatte ich wohl doch etwas deprimierter geklungen als ich es mir eigentlich vorgenommen hatte. Andererseits war es eben schwer zu verstecken, dass ich mich noch immer nicht sonderlich gut damit abfinden konnte, in diese Klinik gesteckt worden zu sein. Wenn ich doch eigentlich so viel mehr mit Liam unternehmen könnte in der Zeit... Aber ich versuchte mir so oft wie möglich einzureden, dass wir wieder besser zusammen sein konnten, sobald ich mich hier bewährt hatte und rauskam. Bis dahin musste ich mir Mühe geben, daran zu arbeiten..
Der warme Ton in Liams Stimme gab mir allerdings ein beruhigendes Gefühl, sodass ich mich etwas enger an ihn kuschelte. Als ich ihm dabei erzählte, was mir der Therapeut gesagt hatte, bot er mir an, diesen Wünschen mit seiner Hilfe nachzugehen, wenn ich das wollte. Und dass er mir danach diesen sanften Kuss auf die Lippen drückte, wurde mir wieder auf's Neue klar, wie gut mir seine Anwesenheit tat. Seine Liebe. Dass ich nicht mehr ohne ihn klarkommen würde. Eine verrückte, verzweifelt schöne Abhängigkeit, die ich anstelle von .. beispielsweise die Drogen früher, entdeckt hatte. Kurz und liebevoll erwiderte ich den Kuss, bis ich ein kleines, vorhabendes Lächeln auf dem Gesicht trug. "Es gibt da... echt was, was ich gern machen würde. ...hätte voll Bock, meine Haare zu tönen. Aber halt nicht alles, sondern nur", ich zog meine Hand kurz zu mir und fuhr mir durch die Spitzen meines dunklen Haares, "hier so. Neuen Style kreieren und so.. hätte da voll Lust drauf." Ich biss mir auf die Unterlippe und grinste aufgeweckt kindlich, wie ich sein konnte. Ich wollte das echt durchziehen. Ich wollt diesen Style echt unbedingt ausprobieren.
Der blaue Ordner hatte für einen Augenblick meine Aufmerksamkeit gehabt, und als Liam auch noch hinzufügte, die Sachen aus der Uni sogar für mich zusammengefasst zu haben, wurde mein Gesichtsausdruck zu diesem Ahw. "...okay, aber das heißt ja jetzt, dass ich deine Mühe so schätzen muss, dass ich das auch alles mitlerne... oh maaaan." Gespielt davon nicht sonderlich begeistert zu sein, seufzte ich, lachte jedoch danach und erwiderte den nächsten Kuss grinsend. Gott, ich brauchte auf jeden Fall so viele Küsse wie möglich, um die nächste Nacht ohne ihn verbringen zu können.
Als ich jedoch wegen seiner süßen und treuen Art einfach mega verlegen wurde und mein Gesicht deshalb an seiner Brust vergrub, spürte ich sofort, dass er mich fester an sich drückte und vernahm auch sein leises Lachen. Noch schaute ich nicht auf, kuschelte mich an ihn und hörte ihm zu, was er dazu sagte. Und das füllte mein Inneres umso mehr aus, mit jedem Wort, das er an mich richtete. Er wollte es wirklich, er wollte mir beistehen. Er wollte mich um jeden Preis unterstützen, er ließ mich nicht alleine... er wollte, dass wir das zusammen durchstanden. Schließlich blickte ich doch wieder zu ihm auf, das berührte Funkeln in meinen Augen war ziemlich deutlich. Das bedeutete mich.. unglaublich viel. Liam bedeutete mir unglaublich viel. Automatisch wanderte meine Hand jetzt aus seiner Hand an seine Wange, ich reckte mich zu ihm hoch und verschloss unsere Lippen zu einem etwas längeren, intensiveren Kuss. "Danke Liam.. einfach.. einfach nur danke.. ich liebe dich.."