"Ich dich auch.", entgegnete ich sofort auf Liams Halt die Fresse, grinste schelmisch und quittierte seine Aussage mit einem extrem scheinheiligen Schulterzucken. "Ich mag's halt wenn du dir das nimmst was du willst. Wie sollte ich da nein sagen können." Und wieder lieferte ich ihm ein heißes Blickduell, obwohl gerade das zu diesem geilen Sex geführt hatte; aber widerstehen konnte ich dem nicht. Bis ich ihm bereits mit dem kurzen Kuss impliziert hatte, dass keinerlei Widerspruch von mir kommen würde. Ich konnte ihn genau so wenig widerstehen wie er mir. Und ich hatte so das Gefühl, dass das nicht bei diesem einen Mal bleiben würde; dafür ergänzten sich unsere Vorlieben viel zu gut.
Der Geruch von Sex lag in der Luft, was 'ne ordentliche Menge dazu beitrug, dass ich nicht gehen wollte. Und der Fakt, dass Liam es schon wieder so einladend und verlockend gestaltete, hier zu bleiben. Ein kurzes, raues Auflachen hallte durch das Zimmer, bevor ich kopfschüttelnd wieder zu ihm sah und dabei verboten schmal lächeln musste. Auch genannt das badboy-Lächeln. Und mit diesem schlenderte ich die paar, vielleicht drei Schritte zurück zu seinem Bett, beugte mich über ihn und hauchte ihm ein wissendes "Träum weiter." zu, bevor ich mich zu ihm legte. "Das war eine wilde Bettgeschichte. Warte mal auf Teil 2.", meinte ich dazu, lächelte übermütig, allerdings schon wesentlich müder und bereits mit den Augen geschlossen. Der Alkohol klang langsam, sehr langsam ab, jedoch nicht schnell genug, als dass ich mir die noch direkter werdenden Kommentare sparen könnte, oder mir ein wenig schwindelig war, als ich die Augen geschlossen hatte. Solange es morgen kein krasser Kater werden würde, hatte ich nichts zu befürchten. Außerdem war Liam neben mir. Mit ihm an meiner Seite konnte ich für gewöhnlich eh besser einschlafen.

Das Funkeln in Liams Augen sagte deutlich aus, dass er meine Aussage sehr... interessant fand, und es bestimmt in seinem Gedächtnis gut und tief eingespeichert hatte. "Willst du's nochmal schriftlich haben?", fragte ich bei seiner Nachfrage stattdessen ironischem, kecken Unterton, ehe er mich wieder so weit gekriegt hatte, sich zu ihm zu legen und neben ihm zu schlafen. Daran war ja jetzt nun wirklich nichts mehr außergewöhnliches, so oft, wie wir das schon getan hatten; außerdem hatten wir etwas wesentlich außergewöhnlicheres getan, da war das hier nichts mehr dagegen.
Das typische Liam-Lachen hinter mir trieb mir selbst ein kleines, feines Grinsen ins Gesicht, obwohl meine Augen geschlossen waren und ich eigentlich direkt auf dem Weg ins Land der Träume war. Dass er mich jedoch wieder in seine Arme und die Decke über uns zog, bekam ich natürlich noch bis ins kleinste Detail mit; egal wie sehr meine Aufmerksamkeit darunter litt, dass ich schon halb am pennen war. So etwas entging mir nie, besonders nicht bei Liam. Entspannt durchatmend kuschelte ich mich etwas in seine Umarmung und spürte, wie seine Küsse in meinem Nacken dafür sorgten, dass an meinen Mundwinkeln auf ein zweites ein sanfteres, feines Lächeln zupfte. Normalerweise sollte es für jeden total gefährlich sein, sich daran zu gewöhnen, von seinem besten Freund geküsst oder verwöhnt zu werden. Allerdings dachte ich nicht mal im Traum daran, dass das jemals ein Hindernis für uns sein könnte, oder eine Konsequenz, oder, dass wir es bereuen würden. Dafür kannte ich meinen Besten viel zu gut; soweit würde das nie kommen. Mit diesem letzten Gedanken schaltete schlussendlich mein Gehirn ab und ich schlief tief und fest in Liams Armen ein. Witzig, dass man bereits ein paar Vögel draußen zwitschern hören konnte.

Zornentbrannt stieg ich die Treppen zum Loft nach oben, die Kapuze der grauen Sweatshirtjacke tief in mein Gesicht gezogen. Auch obwohl ich noch meine schwarze Lederjacke drübergezogen hatte, konnte mir niemand die Kälte aus dem Inneren nehmen, die gerade in meinen Adern gefror. Ein krasser Kontrast zu anderen, denen durch Wut und Zorn heiß wurde. Bei mir war das alles nur ein bisschen anders; klassische Folge daraus: Verbitterte, kühle Reaktionen und abweisendes Verhalten. Und natürlich, die Ausraster, die alles nur noch schlimmer machten. Ich hatte jedoch allen Grund dazu. Polternd kam ich vor der Tür an, schloss sie auf, und ehe ich durch den Türrahmen gegangen war, schlug ich sie hinter mir ins Schloss - gewaltig. Jeder hätte wohl damit gerechnet, dass jetzt mindestens Risse in der Wand davon zustande gekommen wären. Aber das passierte natürlich nicht. War mir auch egal. Ich hasste es, dass ich mich bei Wutausbrüchen nicht unter Kontrolle hatte - oder, wenn ich die Nerven verlor. Ich vergaß in meiner Rage sogar, dass eigentlich mein Bester noch hier sein sollte. Doch der Gedanke daran beruhigte mich auch nicht mehr. Zu allem Überfluss klingelte mein Handy schon wieder, und als ich es aus meiner Hosentasche zu mir zog, verkrampfte sich meine Hand fest um das Ding, bevor ich es in die nächste, wahllose Richtung schmiss und gar nicht drauf achtete, dass es durch den Aufprall einen Displaysprung davon getragen hatte. Und noch mehr. War mir scheiß egal, als ob ich nicht das Geld für ein neues hätte. Und auch wenn, ich brauchte diese Scheiße nicht. Ich konnte es nicht fassen, dass die es danach noch gewagt hatten, mich anzurufen. Systematisch zählte ich in meinem Kopf ab, was ich in diesem Raum noch gegen die Wand pfeffern könnte. Eigentlich sollte ich auf den Schrottplatz. Dort hatte ich meine Wut immer ausgelassen, wenn ich nicht wollte, dass es jemand zu Gesicht bekam.

Mein komplettes, äußeres Erscheinungsbild hätte jedem im Umkreis von 30 Metern gezeigt, dass mit mir gerade nicht gut kirschen essen war, und ich wohl in diesem Zustand jedem eine Faust ins Gesicht schmettern würde, der mir zu nah käme. Wütend spazierte ich auf den Küchentresen zu, wandte mich im verbittert lässigem Gehen zu Liam und zog dabei meine Schachteln Zigaretten raus. "Wieso besorgst du dir deine Antworten nich bei Simon? Er weiß alles! Er weiß jeden Scheiß! Weil er jeden verdammten Drecksscheiß anzettelt!" Meine Stimme wurde von Wort zu Wort lauter und aggressiver - besonders den Namen unseres Chefmanagers hatte ich voller Verachtung gezischt - bis ich am Küchentresen angekommen und die Plastikflaschen vom Tisch schlug. "Weißt du was?" Schnurstracks kam ich auf meinen Besten zu. "Ich war Kippen kaufen okay. KIPPEN. KAUFEN." Überschwänglich hielt ich ihm die Packung vor die Nase, doch selbst die hatten mein komplettes Interesse verloren, weswegen ich sie aufs nächste Sofa pfefferte. "Die haben mich heut morgen angerufen und gemeint 'misch dich unter's Volk, zeig deinen Fans dass du sie vermisst' bla bla. Und ich nur so: Okaaaaay, whatever, ich liebe unsere Fans. Bisschen Luft holen mit ihnen könnte nich schaden." Abfällig und ziemlich kalt lachte ich auf, drehte mich um und ging Richtung Wohnzimmer. "Und weißt du, auf wen ich dort treffe? Von 1000000 Menschen in ganz London?", brüllte ich durch den Raum, drehte mich wieder zu ihm und starrte ihn in einer Schweigeminute an, in der meine Augen nur so vor Hass funkelnden. "Katherine." Ich riss mich außerordentlich zusammen, nichts zerbrechliches in die Finger zu bekommen, weshalb ich bei jedem einzelnen Wort nur die Kissen auf dem Sofa zur Seite schleuderte. "Diese. Kleine. Bitch. Im Laden. Direkt vor mir. Und Rate! Da waren fucking Paparazzis, die meine Reaktion festhalten!" Ihr fuhr mir durch mein Haar und wandte mich energiegeladen zu Liam um. "Sie waren schon da bevor ICH im Laden war. Sie wussten wo ich war. Und zu welchem Zeitpunkt. Und sie wusste es auch. Sie schieben ihr Geld in den Arsch damit ich wieder Schlagzeilen mache. Ich wette mit dir die knallen gerade jegliche Internetseiten durch und die Fans und...fuck alter!" Wieso konnten sie mich nicht einfach in Ruhe lassen? Machte es ihnen Spaß, mir jedes Mal vor Augen zu führen, wie mein Vertrauen und meine Gefühle sieben Monate lang missbraucht wurden?

Dadurch, dass ich so energiegeladen und zornentbrannt war, spielte ich sogar bei Liam für vielleicht zwei Sekunden mit dem Gedanken, mich auf seiner Umarmung zu lösen - doch besann ich mich eben durch diese Umarmung eines Besseren und zog stattdessen die Luft scharf ein. Ich hatte diesen ganzen Bullshit so satt, ich hatte diese Publicity so satt, diese Gerüchte, einfach alles! Ich wusste, dass es Konsequenzen für das Privatleben hatte, sobald man berühmt wurde; dieses Risiko waren wir alle eingegangen. Doch für mich war es nicht am einfachsten, die Fresse darüber zu halten, wenn sich das öffentliche Leben zu sehr in das Privatleben einmischte, dass es wirklich gewollt zu einem Problem wurde. Und jedes Mal, wenn ich mir sagte, dass das schon wieder werden würde, wusste ich eins: Ich belog mich selbst. Ich würde es nie auf die Reihe kriegen, damit umzugehen. Egal wie sehr ich das Singen liebte. Egal wie sehr ich meine Jungs liebte. Und Liam. Meinen Bro, natürlich.
"Ich könnte in einer Tour kotzen, alter.", murrte ich schlecht gelaunt und verschränkte die Arme verstimmt vor der Brust, sah mit einem ziemlich bitteren Blick nach vorne. Und auch wenn ich wusste, dass Liam mir mit dem Bier helfen wollte, konnte ich dafür nicht viel Begeisterung zeigen. Nachdem er abgetreten war, schaute ich ihm kurz hinterher, bevor ich mich zu dem Sofa neben mir drehte und mich drauf fallen ließ. Vielleicht würde ich mich jetzt wieder beruhigen. Jedoch brodelte es in mir allein schon an den Gedanken an unsere Konversation draußen im Laden. Bestimmt saß das Management einem Manuskript, was sie mir alles sagen sollte und wie sie auf was zu reagieren hatte. Durch meine abweisende Reaktion sähe das für die Medien jetzt bestimmt folgend aus: Katherine begegnet Ex-Freund Zayn Grantham, der ihr gebrochenes Herz wie ein Stück Scheiße behandelt. Das reichte schon aus, dass ich wieder nach einem Kissen griff und es in die nächste Richtung katapultierte. Unabsichtlicherweise landete es direkt unter dem geöffneten Deckel des Flügels, was durch den Aufprall mit den Saiten ein schiefes Geräusch mehrerer Töne machte.

Obwohl ich mich äußerlich ein kleines bisschen dagegen sträubte, dass Liam mich umarmte, wusste ich im Inneren, dass das nur ein Schutzmechanismus war. Und dass es genau das war, was ich gebraucht hatte. Jemanden, der mich in den Arm zog. Mich, einen, der nicht danach aussah, als ob man ihn umarmen sollte, müsste, dürfte. Und genau derjenige es war, der es am meisten nötig hatte. Der ohne dem Wissen, verstanden zu werden, verloren wäre. Komplettes Versagen vor sich hätte, über das er nicht hinweg sehen könnte. Und ich wusste nicht, wieso ich wieder so tief dachte. Vermutlich, weil ich das sonst nie durfte, nie tun konnte - und es nur für mich alleine tat, wenn keiner hinsah. Doch Liam schien es zu verstehen. Er wusste, wie fertig es mich machte, an vergangenes erinnert zu werden, zu etwas gezwungen zu werden, was ich nicht tun wollte. Zu etwas, wodurch mir die Hände gebunden waren. Ich wüsste nicht, wo ich ohne Liam heute wäre.
Nachdem ich das Kissen geworfen hatte, verschränkte ich meine Arme vor der Brust und ignorierte seinen Ausruf. Also, ich tat so. Ich hatte es gehört. Und streng genommen bereute ich es ein klein wenig, dass ich das Kissen dahin geworfen hatte. Unzufrieden mit den Zähnen knirschend blieb ich noch ein paar Sekunden sitzen, bevor ich mich lautlos in mich hinein seufzend aufrichtete, aufstand und eigentlich mein Zimmer im Blickfeld hatte, auf welches ich zusteuern wollte. Eine Kiffen käme mir jetzt gelegen. Bis mich das Anklingen der Klaviertasten von Liam aus inne halten ließ. Und von 180 auf 0 fielen der Zorn mitsamt seiner Wut von meinen Schultern und hinterließen nur noch eins, das überwältigt werden musste: Den Tiefpunkt, den ich mit vollkommenem niedergeschlagen sein erreichte. Ich war fertig mit den Nerven. Hatte nich mal mehr Bock, zornig zu sein. "...Liam?" Aus meiner Stimme konnte man das Niedergeschlagene, Kraftlose förmlich heraushören. Ich war echt down grade. Deshalb hatte ich eigentlich high werden wollen, hahaha. Ha. Aber entschied mich dagegen. Ich ging auf ihn zu und setzte mich auf den Hocker neben dem Klavier. "Kannst du was spielen? Irgendwas? Mit egal was, ich würd grad nur einfach gern was hören.."

Normalerweise wäre ich nicht von meinem Vorhaben abgekommen. Ich verpisste mich gern, wenn es mir einfach nur scheiße ging und ich auf nichts Bock hatte, in mein Zimmer und drehte mir einen. Was für gewöhnlich auch deshalb einfacher war, da wir mehrere in dem Loft waren und es dadurch nicht sofort auffiel, wenn einer kurz mal verschwand. Aber gerade weil Liam und ich die einzigen waren, die ihre Chillerwochen noch bis zum Ende hin zusammen verbrachten, würde es ihm sofort auffallen. Er versuchte mich ständig vom Kiffen abzuhalten. Seit der Mörderphase vor ein paar Monaten ging ihm das nahe. Fand ich tatsächlich irgendwie richtig ... süß... aber trotzdem war es oft meine Sturheit, die bei so einer Diskussion dazwischen kam und dann in einem Streit ausartete.
Da ich weder für Streit, noch für sonst irgendwas Nerven hatte, wählte ich den harmlosen Weg der Ablenkung und bat Liam stattdessen, mir etwas vorzuspielen. Ich konnte kein Klavier spielen, gefallen tat es mir jedoch sehr. Ich liebte es, wenn er Klavier spielte. Oder Louis. Louis verzauberte damit aber eher Harry, und da er immer mega bitchy wurde, wenn ich in seine Stücke wahllos reinbrabbelte oder auf den Tasten klimperte, tat ich das nur bei Liam. Ihn machte das scheinbar nie was aus, und genau das machte ich mir jedes Mal zum Ziel. Ihn aus der Konzentration bringen, aus der Ruhe, Aufmerksamkeit gewinnen. Davon war am Anfang allerdings nichts zu sehen. Ich saß lediglich auf dem Hocker neben ihm, betrachtete seine Finger, die abwechselnd über die weißen und schwarzen Tasten tanzten; und alles in einem schien meine Haltung gerade reaktiv trostlos zu sein. Trotzdem genoss ich seine Impros, und hin und wieder bekam ich sogar ein feines Lächeln, sobald ich gewisse Motive unserer Songs heraushören konnte. Und dann, als wäre es die Formel einer Heilung gewesen, hob ich meinen Zeigefinger faul, und ließ ihn lasch auf eines der Tasten fallen. Reglose Mimik. Nur diese eine Taste. Und nochmal. Reglose Mimik. Und in voller Montur, zehnmal hintereinander. Nur diese eine Taste. Und dann musste ich doch etwas breiter lächeln.