Er konnte es sich absolut nicht erklären, wieso ausgerechnet Minho Yoon von allen anderen derjenige war, der ihm so.. fest in Erinnerung geblieben, und der eigentliche Anlass gewesen war, warum er sich gestern auf das Meeting gefreut hatte. Natürlich, ihn freute es immer, Neuzugänge zu begrüßen, für sie Judge zu spielen und sich mit ihnen zu unterhalten, ihnen zu ihren Träumen zu verhelfen, auch wenn es ein steiniger Weg werden würde. Harte Arbeit stand hier in Großbuchstaben geschrieben, bevor man an den Ruhm kam - selbst wenn man das Talent dazu hatte, man wurde erst zur Perfektion geschliffen und getrimmt.
Doch davon mal abgesehen, war ihm der Junge unter all den Fotos als aller erstes aufgefallen. 'Wen meinst du? - Den mit den haselnussbraunen Haaren.. er ist sehr hübsch.' Das Gespräch zwischen Taehyung und ihm würde er nie wieder vergessen, die Art und Weise, wie ihn der knapp Ältere wissend angegrinst hatte. Ihm den Namen des Jüngeren schmackhaft gemacht hatte, ohne, dass er es überhaupt hätte schnell genug realisieren können.
'Interessiert?'
Die Stimme des Models klingelte in seinen Ohren, als der Haselnussbraunhaarige ihm zuzwinkerte und er selbst den Blick zur Seite, zu seinem Manager, hatte gleiten lassen. Lediglich, um zu kaschieren, dass es ihm das Zwinkern ziemlich angetan hatte; mehr, als erwartet. Wie seltsam, er kannte ihn kaum, er war ihm völlig fremd, und er kam sich so.. oberflächlich vor, auch wenn es nicht an seinem Aussehen gelegen hatte. Sonst hätte er bei seinem Foto auch so reagiert, was nicht geschehen war. Aber als er ihm in die Augen gesehen hatte, spielte es in seinem Bauch verrückt; etwas, was er nicht ignorieren konnte. Und vielleicht wollte er es auch nicht ignorieren. Doch für die Aufgabe als Judge müsste er das in den nächsten drei Stunden tun.
Die Tür ging auf und besagtes Model, das ihm diesen Flo ins Ohr gesetzt hatte, betrat den Raum sowie - Suga Hyung. Augenblicklich strahlte der Blonde vor Freude, kam ihm sofort wenige Schritte entgegen und schlang seine Arme um ihn. "Schön dich wieder zu sehen, Suganie", wisperte er fröhlich und seufzte; er hatte ihn vermisst. Sehr sogar. Suga war ein so essentieller Teil von ihm, dass seine Abwesenheit sich anfühlte, als würde die Hälfte seines Herzens fehlen. Und er fühlte sich leer ohne ihn, nicht verstanden - unsicher. Aber kaum, dass er sich in seine Arme flüchten konnte, spürte er diese vertraute Liebe zu ihm. Dieses ich bin immer für dich da, ganz egal wo du bist, wo wir sind, und wer uns dabei zusieht.
Langsam ließ er ihn wieder los, lächelte ihn sonnig an, bevor er auch Tae umarmte und ihm sanft auf den Rücken klopfte. Der etwas stärkere Geruch von Deodorant stieg ihm in die Nase, roch gut, keine Frage - allerdings war es gepaart mit dem Umstand, dass er lieber stehen blieb, als sich hinzusetzen, offensichtlich. Jedenfalls für ihn, nicht für Außenstehende. Ein leises Kichern kroch über seine Lippen, er kniff die Augen ein wenig zusammen und schüttelte den Kopf. Taehyungie und Suga.. sie waren unglaublich.
Und auch unglaublich darin, es zu verstecken.
Die letzten, wichtigen Models setzten sich ebenfalls an den Tisch, bevor Lucas Vater das Meeting einleitete und ebenfalls wie Tae und seine Agenten stand, als sich zu setzen. War üblich; und Tae durfte sich das hinsetzen sparen, weil er abseits von Luca, da er Tae natürlich meilenweit voraus war, sein Liebling war. Die ganze Zeit über hörte Luca ihm aufmerksam zu, sowie der Rest der hier Anwesenden, auch wenn er die Worte bereits in und auswendig kannte. Trotz dessen warf er immer wieder mal einen offenen Blick in die Runde, lächelte den Neuen ermutigend zu und erhob sich, als es an ihm lag, sich vorzustellen und zu erklären, was sie nun erwarten würde.
"Wie jedes Model in Park Industries beginnt jetzt eine Art Testphase, in welcher der Fachleiter Bim Yong Se, Promi Stylistin Kim Hon Iu, Fotograf Min Suga und ich euch bewerten werden. Ihr braucht keine Angst davor haben.. nur einen starken Willen." Seine Stimme klang wie in Honig getaucht, sollte die Nervosität der Neuen eindämmen, insbesondere die der Mädchen, bei denen er schon Angst hatte, sie würden bei seinen Worten aufhören zu atmen. Oder vielleicht lag es auch einfach daran, weil seine Aura einnehmend und er selbst, was er auch musste, umwerfend aussah - in allem was er tat.

Minho gab sich wirklich Mühe sein entgeistertes Gesicht im Zaum zu halten, doch als Tae ihn kurz ansah, zupfte der Ansatz eines dreckigen Lächelns an seinen Mundwinkeln. Sein bester Freund fickte mit Min Suga. Jackpot.
Der gemeinsame Auftritt hatte ihn für ein paar Sekunden von Luca abgelenkt, doch als dieser zuerst von Suga und dann von Tae umarmt wurde, grub Minho seine Zähne in die Unterlippe, wünschte sich gerade so verdammt sehr auf die andere Seite des Tischs.
Oder zumindest darunter. Direkt zwischen diese definierten Oberschenkel.
Aufmerksam beobachtete er die Mimik des - sichtlich - Kleineren, blieb an diesem bildschönen Lächeln hängen, das so anders war, als das erstarrte Fake Grinsen, das einem von den meisten Models entgegenstrahlte.
Wenn Luca Park lachte, ging die Sonne auf - eine Erkenntnis, die Minho unter die Haut kroch, ein Prickeln in seinem Körper streute, das sich bis in seine Fingerspitzen zog.
Kurz fixierte Minho seinen besten Freund, der hinter Luca stehen blieb, keinerlei Anstalten machte, sich hinzusetzen, obwohl sicher noch ein Platz frei gewesen wäre.
Fast zeitgleich mit dem blonden Topmodel auf der anderen Seite kicherte er subtil und seine Schultern zuckten bei dem unterdrückten Lachen ein wenig in die Höhe, bevor er seine Arme hinter seinem Kopf vornahm und sich ein wenig vorbeugte, als der CEO von Park Industries, begleitet von seinem Team, den Raum betrat und das Meeting eröffnete.
Während er redete, drehte Minho mit einer Hand an seinem silbernen Ohrring, hörte jedoch aufmerksam zu, nur kurz huschten seine Augen - wie zur Absicherung - zu dem Grauhaarigen auf der anderen Seite des Raums. Vor knapp einem Jahr hatte er das, was jetzt kommen würde, auch über sich ergehen lassen. Und er hatte es geschafft.
Minho zog seine Unterlippe zwischen seine Zähne.
Tae war aber auch das geborene Model, war dafür gemacht, sich in teure Designerklamotten zu schmeißen, den Runway zu erobern, die Cover der größten Modezeitschriften der Welt zu schmücken.
Bis vor ein paar Wochen hatte Minhos Leben sich im Internet abgespielt.
Doch der kleine Funken Zweifel wurde schnell ausgelöscht, als Luca sich vor ihm erhob und Minho den Kopf leicht neigte, ihn schief angrinste als er anfing zu sprechen.
Sicher, er hörte ihm zu, doch sein Blick hing die ganze Zeit auf seinen vollen, geschwungenen Lippen und seine Gedanken drehten sich um die Fantasie, wie diese honigsüße Stimme sich anhören musste, wenn der Blonde seinen Namen stöhnte, nach Atem rang, ihn anbettelte. Gottverdammt.
Langsam ließ Minho seine Hand von seinem Ohrring sinken, strich sich beiläufig über die Unterlippe, während er sich ein wenig in diesem Kopfkino verlor, sein Gegenüber nicht aufhörte, zu mustern.
Tae würde bestimmt sofort merken, was hier lief und das Minho sicher an sehr andere Dinge dachte, als an die anstehende Testphase.

Es war erstaunlich, wie gut Luca damit umgehen konnte, sein Angetan-sein von Außen absolut nicht durchscheinen zu lassen - selbstversändlich konnte er das, immerhin war das Model Business darauf ausgelegt, das Gesicht aufzusetzen, das gerade gesehen werden wollte. Und da er einer der unvoreingemommen Judges und seine Auswertung mit Abstand einer der wichtigsten war, vertuschte er das hinter einer Maske purer, strahlender und warmer Perfektion.
Auch wenn ihm die Blicke sowie die Gestik des Jüngsten nicht entgingen.
Er blickte zu seiner Rechten und nahm das Klemmbrett entgegen, das ihm von seinem Vater gereicht wurde. Wenige Sekunden lang beriet er sich mit dem Rest der Judges, was die Abfolge der Runden anging, während Sir Park Jong Su mächtige Worte sprach, die den Neuen nicht nur klarmachen sollte, wie wichtig ein Platz hier war - sondern auch, wie knallhart die Bewertung ausfallen würde. Selbst wenn man sich das bei dem Engelsgesicht des Blonden nicht einmal im Traum denken würde, selbst er musste objektiv sein und gewissenlos aussortieren.
Sein Vater übergab das Wort an ihn, wünschte den Kandidaten gutes Gelingen und verließ den Raum mit 2/3 seiner Agenten, während der andere Teil die vier Judges begleiten sollte. Einen Moment hatten die Neulinge Zeit, sich untereinander auszutauschen, aus dem Augenwinkel sah Luca, wie Taehyung sich an den Leuten vorbeischob und dem Jüngsten im Trupp um den Hals fiel. "Wir starten dann mit dem Fitness Teil, richtig?", vergewisserte er sich bei den drei Judges, welche einstimmig nickten, und die Agenten erwähnten noch, dass zwischendurch das Kamerateam vorbeischauen und Szenenaufnahmen machen wollte.
Daraufhin baten sie die Neulinge darum, ihnen und den Judges nun nach draußen zu folgen. "Ihr könnt euch auf dem Weg mental vorbereiten und noch einmal tief durchatmen, bevor es in die erste Runde geht", richtete Luca an die fünfzehn Testler, kurz streifte sein Blick wieder den Haselnusshaarigen und Tae neben ihm, der ihm gerade den weißen Kragen gerichtet und einen weiteren Knopf geöffnet hatte, bevor er sich leicht grinsend nach vorne drehte und die Horde an der Spitze der Formation, geleitet von seinem Manager, Suga, Stylistin Hon Iu und Bim Yong Se, nach draußen führte.
Im einladenden und wahnsinnig luxuriös aussehende Innenhof stand bereits ein langer Tisch, das Kamerateam, das für die richtige Belichtung sorgte, Kleiderstangen und ein riesiger Pool, der lediglich für Shootingzwecke genutzt wurde. Mitarbeiter kümmerten sich um das Einlassen des - wohlbemerkt, was noch nicht klar war, eiskalten Wassers - während die Stylistin zu den Kleiderstangen stolzierte und den jungen Männern vorschrieb, dass sie ihre Hose gegen eine Sporthose ihrer Wahl austauschen sollten, und oberkörperfrei bleiben mussten, wohingegen die Mädchen sowohl Sporthose als auch Sport BH anziehen sollten. In den zwei kleinen, champagnefarbenen Zelten hatten sie die Möglichkeit, sich umzuziehen - für die einen oder anderen schüchternen Kandidaten unter ihnen, insbesondere für die Mädchen, die vielleicht nicht gleich an ihrem ersten Tag komplett blank ziehen wollten.
Eine Sekretärin brachte Luca und Suga Kaffee, während sich die Kandidaten bereit machten, bevor sie sich nach einer Weile Smalltalk an den Tisch setzten - alle, außer Luca. Er musste schließlich noch erklären, was zutun war. "In der ersten Runde wird getest, wie fit ihr seid. Im Modelbusiness ist es wahnsinnig wichtig, in Form zu bleiben", erklärte er und lächelte ermutigend, bevor er zu seiner Linken blickte und auf den Fitness Coach deutete, der bereits seit Anbeginn hier gestanden war. "Mr. Kim wird ab hier übernehmen und euch sagen, was ihr zutun habt." Er schenkte den Kandidaten ein gutmütiges Funkeln, beugte sich zu den Boxen am Tischende und drehte die Lautstärke auf.
Musik spornte beim Sport an, und das würde ihnen helfen.

„Ich schwör, ich tret dir später so in den Arsch.“ Minho hatte die Stimme gesenkt, als Tae sich an den restlichen Models zu ihm durchgequetscht hatte, nachdem Lucas Vater den Raum verlassen und sie den Händen der Judges übergeben hatte.
Das verschwörerische Grinsen, das seine Lippen zierte, konnte er sich jedoch nicht verkneifen, als der Grauhaarige seinen Kragen richtete, noch einen weiteren Knopf öffnete, sodass die Holzperlen des Rosarios, das er trug, sichtbar wurden.
Ohne, dass es irgendwer anders mitbekam, schlug der Jüngere seinem besten Freund auf den Arsch, als sie nach draußen gingen und es war ihm in dem Moment auch egal, dass Tae in seinem Gesäß sowieso schon ziemliche Schmerzen haben musste.
Hatte er verdient.
Im Innenhof erwartete sie schon ein fast komplett aufgebautes Set und Minho beäugte den Pool für einen kurzen Moment, bevor er seinen Blick auf die Stylistin senkte und sich auf ihre Anordnung hin erstmal durch die Kleiderstangen wühlte. Er war bei weitem nicht so stilsicher wie Taehyung es war, doch Minho wusste, was an ihm gut aussah, weswegen er ziemlich schnell ein Paar hellgraue Sweatpants in den Händen hielt und zufrieden grinste.
Über die Kleiderstange hinweg warf er einen Blick zu dem langen Tisch, an dem sich die Judges versammelt hatten, Kaffee tranken und miteinander redeten. Die meisten der Neulinge hatten es vorgezogen, sich in den dargebotenen Zelten umzuziehen, doch Minho half sein nicht zu brechendes Selbstbewusstsein, was sein Äußeres anging, ziemlich dabei, sich nicht zu zieren, in der Öffentlichkeit auszuziehen.
Mit flinken, geübten Griffen hatte er die Knöpfe seines Hemds aufgemacht, war aus seinen Sneakern geschlüpft und hatte seine engen Jeans gegen die Jogginghose getaucht. Als er zwischen den Kleiderstangen hervorkam, zupfte er noch nachlässig an dem ziemlich tief sitzenden Bund, streckte die Arme über den Kopf, ließ die Muskeln in seinem Rücken spielen.
Alle Judges bis auf Luca hatten an dem Tisch Platz genommen, doch Minho beachtete die drei gar nicht, sein Blick lag auf dem Blonden, der sie aufmunternd anlächelte, eine Geste, die Minho ein heftiges Kribbeln in den Nacken jagte. Beiläufig drehte er die lange Kette, die er nicht abgenommen hatte, um seine schlanken Finger, bevor sein Blick zu dem Fitness Coach rutschte, der ihnen mitteilte, dass sie erstmal ein paar Runden laufen sollten, bevor es mit routinemäßigen Übungen wie Liegestützen, Sit-Ups und Klimmzügen weiterging.
Wie aufs Stichwort schallte ein poppiger Song aus den Boxen und Minho fuhr sich einmal durch die Haare, wippte bei dem Takt der Musik schon ein wenig auf der Stelle mit, bevor sich die Gruppe um ihn in Bewegung setzte. Minho lief als letztes los, schenkte Luca noch einen letzten, flirty Blick, bei dem seine Zunge über seine Zähne glitt, bevor er losjoggte. „Genieß die Show.“
Zum ersten Mal sprach er ihn an, nahm es sich heraus, diese fast frechen Worte demjenigen gegenüber hervorzubringen, der seine Performance heute bewerten würde.
Aber Minho wollte seine Aufmerksamkeit, auf jeden Preis, er wollte, dass seine Augen ihm über den Platz folgten, ihn nur noch mehr anspornten.
Der Beat der Musik begleitete ihn durch seine Runden um den Innenhof und Minho brachten die prüfenden Blicke nicht ein bisschen aus der Ruhe. Er wusste, an seinem Körper war nichts zu bemängeln, er hatte sich seit er denken konnte, Sport verschrieben, er hatte davon geträumt, Tänzer zu werden und dass ihm die anspornende Musik deswegen nur noch half, sich in Szene zu setzen, sah man sofort.
Ohne große Mühe reckte er sich nach der Querstange für die Klimmzüge, nachdem sie alle Liegestütze und Sit Ups hinter sich gebracht hatten, zog sich nach oben, hielt seine Körperspannung mit jedem einzelnen Zug. Immer wieder hatte er Lucas Blick gestreift, ihn bewusst gesucht, wenn er sich aus seinen Liegestützen oder Sit Ups nach oben gedrückt hatte und so auch hier.
Er konnte nicht aufhören, über den Platz hinweg mit ihm zu flirten, diese einladende Aura auszustrahlen, die jeden für sich vereinnahmte. Es war eigentlich nicht viel anders als bei seinen Streams, seine Zuschauer wollten eine Show...und fuck, war Minho gut darin, ihnen eine zu bieten.

Allesamt waren die Models gut und sportlich gebaut, etwas, was sie für diesen Job auch unbedingt sein mussten - manche mehr, manche weniger. Sowohl die Männer als auch die Frauen konnten der Welt und den Judges was bieten, sehr viel sogar; und trotzdem stach Luca einer von ihnen wieder ganz besonders ins Auge. Minho Yoon, ein Name, der auf seiner Zunge vermutlich wie Butter zergehen würde, sollte er ihn aussprechen; was er bewusst noch nicht tat. Schließlich hatte er, von Außen betrachtet, noch gar keinen, absolut keinen Grund dazu. Trotz seiner warmen, strahlenden Art blieb er durch seinen Status und dem Titel, den er trug, unnahbar - und das musste auch noch so bleiben, zumindest bis die Testphase durch war.
Genieß die Show. Abrupt schoss der Blick des Honigblonden zu dem Jüngsten der Kandidaten, für einen kurzen Moment schenkte er ihm einen Schimmer an Aufmerksamkeit - einen.. undeutbaren, irgendwie prinkelnden Schimmer. Und trotz dessen nahm er seine Augen, auch wenn er fein gelächelt hatte, entschieden wieder von ihm, guckte der Gesamtheit dabei zu, wie sie sich anstellte, welche Anforderung der Coach an sie stellte, wie sie sich schlugen und von der Musik antrieben ließen. Er dachte nicht einmal über die Worte, dem Ausdruck im Gesicht des Anderen, dem flirty Lächeln oder seinem halbnackten Körper nach; schlichtweg, weil er sich davon nicht beirren lassen durfte.
Dass er sich hin und wieder von ihm anziehen ließ, ihn für den Bruchteil einer Sekunde länger ansah, als die anderen, konnte er jedoch nicht verhindern.
Insbesondere, da der Haselnussbraunhaarige offensichtlich mit ihm flirtete, selbst quer über den gesamten PLatz; was zum Glück niemand wirklich bemerkte, oder besser gesagt war es nichts allzu Neues. Natürlich versuchten die Kandidaten, welche, die eben selbstbewusster waren, Lucas Gunst für sich zu gewinnen; denn seine Stimme zählte am meisten. Allerdings versuchte es keiner, über die Distanz zu ihm, keiner bis auf Minho.
Lucas Pokerface, das trotzdem noch sanfter war als all die der Judges zusammen, verriet nichts über die Gedanken, die er hatte. Dem unscheinbaren Ziehen in seinem Magen, bei dem er bereits entschieden hatte, es zu ignorieren, solange er über die Newbies urteilen musste. Somit ließ er seinen Blick, äußerlich unberührt, auf das Papier vor sich senken und notierte sich zu jedem etwas auf, sowohl Kritik als auch Lob. Nur bei Minhos Papier fiel ihm das.. schwerer. Er schluckte leich, kaum merklich, leckte sich flüchtig über die vollen, frisch betupften Lippen und schrieb konzentriert Dinge auf, die ihm an Minho aufgefallen waren.
Und das waren nunmal lediglich positive Sachen, jeder Kritikpunkt, den er versuchen würde, sich zusammenzureimen, würde ihm auf gar keinen Fall zugeschrieben werden können.
Die erste Runde, der Fitness Teil, nahm langsam seinen Ende, weswegen Luca es sich auch erlaubte, sich kurz der Musik zu widmen und seinen Kopf dazu zu bewegen, Suga neben ihm ein breites Grinsen zu schenken und sich wippend zu ihm zu beugen. Lachend lehnte er sich wieder zurück, zwirbelte den Stift zwischen seinen Fingern und richtete seinen Blick wieder nach vorne, als der Coach entschied, er habe die Kandidaten nun aufgewärmt und ins Schwitzen gebracht. Luca drehte die Musik wieder leiser, ehe Bim das Wort ergriff und die Newbies über die nächste Runde informierte: Der, wortwörtlich, Sprung ins kalte Wasser.
Luca guckte zu seinem Hyung rüber und musste beinahe entschuldigend schief Grinsen, da er genau wusste, dass er grad absolut keinen Bock hatte, die Newbies fotografieren zu müssen. "Lass dich nicht ärgern, Hyung~~", trällerte er niedlich, bevor er seinen Kaffee an sich nahm und ein paar Schlucke trank, dabei von Bim und der Stylistin kurz in ein Zwischengespräch verwickelt wurde.
Nach dem spontanen Shooting würden sie erstmal eine Pause von 15 Minuten einlegen, in welcher sie sich nicht nur austauschen müssten, sondern in welcher auch Luca kurz vor die Kamera treten sollte: Wegen dem Behind the Scenes Video, das zwischendrin gedreht wurde.
Schließlich musste er der Fashionwelt aus erster Hand berichten, was Park Industries für sie bereit hielt.

Minho hatte irgendwie schon damit gerechnet, dass der Pool nicht umsonst da aufgebaut worden war und als er er umringt von den restlichen Neulingen die nächste Runde erklärt bekam. In der langsam ansteigenden Hitze des Sommertages hatte sich eine leichte Schweißschicht auf seiner Brust gebildet und Minho begann schief zu grinsen, als ihnen mitgeteilt wurde, dass der nächste Teil sie alle definitiv abkühlen würde.
Mit einer Art prickelnden Vorfreude drehte er den Kopf zu dem gefüllten Becken, bevor sein Blick kurz wieder zu dem Richtertisch huschte, Luca streifte. Er würde Tae später unbedingt ein wenig über ihn ausquetschen müssen.
Wenn er ihn heute überhaupt noch zu Gesicht bekommen würde, immerhin war sein bester Freund ja auch ziemlich eingespannt hier. Wie aufs Stichwort erhob sich der Grund, wieso Minho Tae in den letzten Wochen desöfteren abends nicht mehr zu Gesicht bekommen hatte, am Tisch und Minho beobachtete den Weißhaarigen, der an ihnen - ohne sie eines Blickes zu würdigen - vorbeiging.
Sein erster Tag und das direkt vor der Linse von Min Suga. Kein Druck.
Minho fuhr sich durch die Haare, bevor sie aufgefordert wurden, ihre Klamotten wieder nach Wahl zu wechseln. Die Wahl fiel ihm nicht schwer und Minho stieg wieder zurück in seine ripped skinny Jeans - seine „bring sie zum Sabbern“ Hose und lehnte sich gegen eine der Zeltstangen, beobachtete locker grinsend wie seine Vorgänger einer nach dem anderen in den Pool sprangen und dann direkt vor die Linse gezwungen wurden.
Das ganze lief alphabetisch und da Minho mit dem Y in seinem Namen gestraft war, war er einer der Letzten, der schließlich aufgerufen wurde. „Ich hoffe, du hast zugehört, kid. Reinspringen, rauskommen und deine Minute läuft. Keinerlei Hilfestellung von mir, du musst wissen wie du dich der Kamera präsentierst.“
Minhos Lippen umspielte ein feines Lächeln, Min Suga war vielleicht eine Stimmungsbombe...nicht. „Klar wie Wodka.“, nickte er dann und schwang sich die schmale Leiter nach oben über den Rand des Pools, machte einen lässigen Schritt und tauchte einmal komplett unter.
Er hatte schon bei den anderen Models gesehen, dass das Wasser anscheinend eine Temperatur um den fucking Nullpunkt haben musste, so wie einige von ihnen vor Kälte geschnattert hatten und Minho konnte es ihnen nicht mal übel nehmen.
Die Kälte kroch direkt in seine Knochen und die Luft, die über seine Haut zog, als er auftauchte, war so stechend eisig, dass er aus Reflex fast die Schultern hochgezogen hätte.
Er schüttelte sich kurz, bevor er aus dem Wasser kraxelte, die Stimme des Assistenten, der die Reflektorscheibe hielt, den Start seiner Zeit ankündigte. Jetzt oder nie.
Entschlossen warf Minho den Kopf zurück, ließ eine Hand in seine Haare wandern, strich die durch das Wasser dunkler gewordenen Strähnen zurück. Er hatte nur eine Minute, aus der er alles rausholen musste und verdammt, Minho gab alles, zog seine Unterlippe zwischen die Zähne, drehte die Holzperlen um seinen Hals um seine schlanken Finger, drehte, räkelte und wandte seinen Körper für die Kamera, unterdrückte das Schaudern, das ihm bei den eiskalten Tropfen, die an ihm hinunterliefen, über die Haut kroch.
Minho war aus Busan, war direkt am Meer aufgewachsen, hatte als er gerade mal laufen konnte, schon in den Wellen gespielt und sie als er älter wurde bezwungen.
Minho war ein Surfer und das Wasser liebte ihn, glitt an ihm herunter, sammelte sich in den Wölbungen in seinem Bauch, in den leichten Kuhlen um seine Hüftknochen, die in dem Bund seiner Jeans verschwanden. Einige der Shots hätten unmittelbar in eins der Sportmagazine wandern können, andere eher in Pornoheftchen, doch was war falsch daran, dass er der Kamera ein paar mehr Facetten von sich bot?
Lasziv streckte der Zwanzigjährige seine Arme über den Kopf, als würde er sich dehnen, wandte sich halb um, um die Muskeln in seinem Rücken ins Bild zu kriegen, öffnete seine Lippen ein wenig mehr, warf einen fast devoten Blick seitlich über seine Schulter in Richtung von Suga, der immer mal wieder näher kam, den Winkel des Schusses änderte, um seine Posen aus verschiedenen Perspektiven einzufangen.
Die Uhr tickte und Minho zählte innerlich mit. Er war es gewohnt, ein gewisses Zeitfenster zu haben, in dem er sich zu präsentieren hatte, wechselte nach jedem Klicken der Kamera die Pose, schloss die Augen, als die Sonne perfekt stand, die Wassertropfen auf seiner leicht gebräunten Haut zum schimmern brachte.
„Zeit ist um!“
Leicht lächelnd legte Minho seine Handflächen aneinander, klatschte kurz und deutete dann eine leichte Verbeugung in Richtung des Fotografen und seines Assistenten an, bevor er Platz für den Nächsten machte. Er fror wie die Hölle und erst jetzt bemerkte er die Gänsehaut in seinem Nacken nur allzu deutlich.
Trotzdem grinste er über das ganze Gesicht, als er sich ein paar übrige Wassertropfen aus den Haaren wischte, weil er eigentlich ein sehr gutes Gefühl hatte.

Die Neulinge hatten sich bei den Fitness Aufgaben bewiesen und Durchhaltevermögen gezeigt, mit der Aufgabe, ins kalte Wasser befördert zu werden und auf Knopfdruck vor der Kamera posieren zu müssen, hatten sie schon eher ihre Schwierigkeiten. Allerdings waren diese Darstellungen der Model-Realität gar nicht weit hergeholt, Luca hatte schon weitaus schlimmeres über sich ergehen lassen müssen, um vor der Kamera eine gute Figur zu machen.
Wortwörtlich.
Die dunklen Gedanken hatten nichts in seinem Kopf zu suchen, waren nur ein flüchtiges Abbild seiner Vergangenheit und schwanden mit jedem Kandidaten, der sich ins Wasser begab und Zähne klappernd wieder rauskam. Natürlich gab es auch hier Spitzenreiter, die diese Hürde perfekt zu überwinden wussten, andere hingegen hatten ihre Schwierigkeiten. Objektiv, wie er an die Sache rangehen musste, merkte er sich genau das an und ließ sich von absolut niemandem um den Finger wickeln, was seine Beurteilung anging.
Dachte er zumindest. Als Minho Yoon als einer der Letzten wieder in seinem Sichtfeld auftauchte und es in der folgenden Minute auch nur um ihn ging, lag Lucas konzentrierter Blick selbstverständlicherweise auf ihm. Die zerissenen Hosen schmiegten sich eng an die Beine des Hellhaarigen, hingen tief und schwer, vollgesaugt mit Wasser, als er aus dem Becken stieg - und er brachte sich in Szene. Und wie. Taehyung hatte definitiv nicht gelogen, als er gemeint hatte, Minho hätte Erfahrung mit der Kamera; er wurde unmittelbar Zeuge davon, wie erfahren er tatsächlich war.
Selbst wenn ihm die wahren Gründe nicht klar waren; das tat auch nichts zur Sache. Was zählte war die Vermutung, die Luca bereits vom Bewerbungsfoto aus aufgesteltt hatte: Bei Minho handelte es sich nicht nur um ein hübsches Gesicht, sondern einem Naturtalent. Hübsch sein war das eine, doch sich in der richtigen Art und Weise zu präsentieren, mit der Kamera zu spielen ohne sie zu berühren, sich in jeder erdenklichen Hinsicht auf die Situation abgestimmt darzustellen, der Linse das zu geben, was einem Augenschmaus entsprechen sollte - ein Talent.
Und diese Szenerie brannte sich viel zu tief in sein Gedächtnis, als ihm lieb gewesen wäre. Das Kribbeln in seiner Magengegend wurde unmittelbar schlimmer, sein Puls verschnellerte sich ein wenig bei dem Anblick der Wassertropfen, die an seinem nackten Oberkörper zeronnen, seine Gestik, die ihm eine Gänsehaut einjagen hätte können, hätte er den Blick nicht wieder auf das Papier gesenkt und sich Notizen gemacht.
Luca hatte in seinem Job und der jahrelangen Erfahrung, die er gewonnen hatte, Bekanntschaft mit tausenden, attraktiven Kerlen gemacht. Doch keiner von ihnen hatte es ihm so angetan, wie es bei dem Haselnussbraunhaarigen gerade der Fall war. Elektrisierend. Luca konnte es nicht leugnen, innerlich jedenfalls nicht; Minho Yoon war dazu fähig, seine Knie erweichen zu lassen. Und das obwohl sie sich nicht kannten, und er professionell und geübt genug war, um es hinter einer perfekten Maske zu verstecken.
Allerdings änderte das nichts daran, wie seine innere Ruhe ein Ende nahm und er vor sich hinlächeln musste.
Du hast mich.
Zwei Hände auf seiner Schultern rissen ihn aus den Gedanken, erschrocken zuckte er zusammen und guckte schnell hinter sich. Das breite, charmant wissende Lächeln Taehyungs strahlte ihm von oben entgegen, die Sonnenbrille auf der Nase, trotz dessen konnte er erkennen, dass er auf die Papiere schielte. "Na, Kumpel, gefällt dir was du siehst?", hörte er die verlockend tiefere Stimme des knapp Älteren und das feine, dreckige Lächeln, das seine Mundwinkel in die Höhe trieb, hätte ihm eigentlich klar machen müssen, was er anspielte. Glücklicherweise waren die Stylistin und Bim außer Höhrweite, jedoch änderte das nichts daran, wie gefasst Luca an die Sache ranging. "Bis jetzt gab es eigentlich echt wenige, bei denen ich stark kritisieren konnte. Ich glaub die Saison ist dieses Jahr mal die Richtige", gab er von sich und verdrehte den Kopf in den Nacken, um ihn von unten anzublinzeln und grinste niedlich. "Was juckt mich die Allgemeinheit", entgegnete Tae schulterzuckend, beugte sich zu ihm runter und raunte ihm vier Worte ins Ohr, die Lucas gefasstere Miene beinahe zu brechen gewusst hätte.
"Wie findest du Minho?" Leise lachend richtete er seinen Blick wieder nach vorne, schüttelte leicht den Kopf über Taes ständige Versuche, ihm seinen Besten immer und immer wieder schmackhaft zu machen. Als wäre das noch nötig... doch das musste er ja nicht wissen. Noch nicht, jedenfalls.

Suga hatte sich in seinem Stuhl zurückgelehnt, ein Knöchel über sein Knie gestützt und die Spitze seines Stifts immer wieder gegen die Fläche des Tisches klappern lassen, ab und zu an seinem Kaffee genippt, den man ihm und Luca gebracht hatte. Er war froh um die Koffeinspritze, er hatte zwar heute Morgen schon zwei Tassen gehabt, aber er würde den Tag nicht überstehen, ohne nicht irgendwen in Grund und Boden zu keifen, wenn er nicht noch mindestens zwei Weitere intus bekam.
So unbeeindruckt wie es nur ging beobachtete er die Frischlinge, die sich von Kim über den Platz jagen ließen, dann noch allerhand andere Übungen absolvieren mussten, bevor es in die zweite Runde ging und die Neuen nun quasi in seiner Hand lagen.
Sein Mienenspiel hatte sich die ganze Zeit kaum verändert, Suga legte generell wenig Emotionen an den Tag, wenn er bei Park Industries war, er hatte auch kein bisschen darauf reagiert, als Tae sich so offensichtlich nicht im Meetingraum hatte setzen wollen.
Der Grauhaarige war aber jetzt nicht hier, weswegen Sugas volle Konzentration auf den neuen Models lag, bis auf ein paar wenige Punkte schrieb er sich auch kaum etwas auf, beobachtete ein paar Ausgewählte aber schonmal ein wenig länger. Manche Gesichter waren ihm von den Bewerbungen, die er ja alle ausgiebig studiert hatte, noch ziemlich präsent im Gedächtnis geblieben. Kurz schielte er zu Luca rüber und hob eine dunkle Augenbraue, als er die spärlichen Notizen bemerkte. Ahh, Minho Yoon. Der, der die Nerven gehabt hatte, noch einen blöden Kommentar loszulassen, bevor er losgejoggt war.
Suga sagte nichts, beobachtete jedoch immer mal wieder, wie der Hellhaarige Blicke zum Richtertisch bzw ausschließlich zu Luca warf.
War nicht das erste Mal, dass Neue versuchten, seine Aufmerksamkeit und Gunst zu erlangen und Suga verdrehte darüber schon innerlich fast die Augen ins Jenseits, bevor er sich bei Lucas Kommentar seufzend aus seinem Stuhl erhob und ihm für seine frechen Worte sanft gegen den Hinterkopf klapste.
Während Bim den Ablauf des Shootings erklärte, hielt Suga kurz Rücksprache mit einem der Laufburschen, deren einziger Job es war, den Reflektor zu halten, denn Suga hatte sich nichts Weiteres zur Verfügung stellen lassen, als dieses Hilfsmittel. Er wollte kein komplett aufgebautes Studio hier draußen haben, das brauchte er auch alles gar nicht, lediglich das treffende Sonnenlicht.
Würden Models sich vor einem natürlich geschaffenen Hintergrund unter natürlichen Konditionen nicht verkaufen können, wie würden sie sich dann in einem richtigen Studio anstellen?
Suga hob die Kamera hoch, machte einen probeweisen Schuss von dem Pool, der mittlerweile randvoll mit Wasser gefüllt war, nickte dann leicht zum Zeichen, dass es losgehen konnte.
Eine knappe halbe Stunde später stand das letzte Model vor seiner Linse und Suga hatte Mühe, sich damit zurückzuhalten, die Blondine nicht wieder zurück ins Wasser zu schubsen. Sie machte es ihm schier unmöglich, was Ordentliches auf die Beine zu stellen und Suga war nun wirklich niemand, dem es schwer fiel, gute Bilder zu schießen. Selbst mit unerfahrenen Models bekam er atemberaubende Shots hin, doch als das Mädchen ihn auf die andere Seite des Pools kommandierte, weil sie unbedingt wollte, dass er sie aus dieser einen Perspektive fotografierte, war er dann doch mit seinem Latein zu Ende.
„Jahh, ich denke wir sind hier fertig, Schätzchen.“, merkte er trocken an, obwohl ihre Zeit noch lief und schickte das Model mit einer unwirschen Handbewegung aus seiner Sichtweite, richtete sich aus seiner nach vorne gebeugten Position auf und schnaubte leise. Gott, wirf Hirn runter.
Als er zu Luca zurückkam, hatte Taehyung sich zu ihm gesellt und Suga streifte den Jüngeren nur kurz, senkte seinen Blick dann auf seine Kamera und scrollte durch die Ergebnisse des Shootings, ließ sich von seiner Anwesenheit absolut nicht aus der Ruhe bringen.
„Also...der Letzten verpass ich gerne höchstpersönlich ein Arschtritt, wenn du es nicht tust.“, teilte er Luca dann relativ unverblümt mit und lehnte sich über den Tisch, wühlte in dem Stapel seiner Notizen, bis er den Namen der Blondine gefunden hatte. Direkt unter ihr lag ein weiterer - eher mäßig - ausgefüllter Zettel und erst in dem Moment durchbrach ein kleines, wissendes Grinsen Sugas gefasste und unterkühlte Professionalität.
„Mhh, Bambi also...hast dir ja echt Mühe gegeben, den zu kritisieren.“
Seine dunkle Stimme tropfte von sarkastischer Anerkennung, während er sich wieder seinen Fotos widmete, ein wenig zurückscrollte, bis er das gefunden hatte, was er suchte und er Luca wortlos die Kamera reichte, damit er sich die Fotos ansehen konnte, den kurzen Moment dabei nutzte, um Tae kurz und unauffällig anzusehen.

"Keine Antwort is' auch 'ne Antwort, honeyboy.", säuselte der Grauhaarige verräterisch leise und massierte der Ikone Koreas sinnlich die Schultern. Er war zwar erst seit knapp fünf Minuten hier, hatte jedoch genug im Blick gehabt um eindeutig zu sagen, dass Minho sich verdammt gut schlug. Bei dem Anblick seines Besten fiel ihm einzig und allein ein Wort ein: Delicious. Und das, exakt das sagte sein Lächeln aus, das er dem Haselnusshaarigen schenkte, als sein kleines Shooting geendet hatte und er dessen Augen einfing.
Auf Taes Zeitplan stand nicht, dass er seinem Besten dabei zusehen sollte, wie er vor der Kamera strippte - auf hohem Niveau -, doch wurde ihm von Oben mitgeteilt, dass er bei dem Auswahlverfahren dabei sein und mitwirken durfte. Als Coach, als Motivation - oder auch als Paradebeispiel, als Inspiration. Seine eigenen Shootings hatten sich um eine Stunde verschoben, der Verkehr verhinderte das Antänzeln der Kunden. Zu Taehyungs Glück.
Mal davon abgesehen, dass er seinen Besten in den Himmel loben und supporten wollte, lag seine Anwesenheit noch in einem ganz anderen Interesse - und diese Art von Interesse kam in Form eines tattöwierten, weißhaarigen Fotografen auf den Jurytisch zu. Alarmierend schmerzhaft zog es in seinem Hintern, als wolle ihn sein Körper bei jedem kurzen Blick, den er mit ihm teilte, daran erinnern, wie er ihn dazu gebracht hatte, nicht mehr richtig gehen zu können.
Jedenfalls nicht ohne Schmerzen. Got me walking side to side, hm? Asshole. Doch wäre es gelogen, wenn er nicht genau das hatte damit herausprovozieren wollen. So kurz vor dem Meeting.
Tae kniff die Augen ein wenig zusammen und beäugte die Tusse, die Suga als Letzte fotografiert und die ihm offensichtlich nicht gefallen hatte. "Dass die nich taugt hätte ich dir auch so sagen können.. ihre Tasche ist 'ne A93279 faux chanel." Sein Gesicht verzog sich zu einer abgehobenen, angewiderten Miene und er schüttelte den Kopf, senkte seinen Blick auf Lucas Auswertungsbogen und grinste breit bei seinem schwachen Versuch, Bambis Bewertung zu rechtfertigen. "Ach honeyboy, gib doch zu, dass er zum anbeißen ist.", bekräftigte er seinen Wingman Status, ließ dabei sein eigenes Urteil nicht gerade außen vor und wippte anzüglich mit den Augenbrauen, bevor Luca sich erhob und den Kandidaten die Handtücher höchstpersönlich reichte.
Interessant, wie er sich aus der Sache rettete - er war so bodenständig. Tae griff ins Leere und stützte sich stattdessen auf der Stuhllehne ab, unterhielt sich mit Suga als wären sie nichts weiter als Bekannte, Kollegen, Freunde. Dass seine Augen ab und zu mehr verrieten, sobald sie sich ansahen, konnte niemand anderes außer Suga selbst erkennen.
"Tae, Süßer, Luca kann sich leider nicht dafür aufopfern, den Neulingen ein Beispiel zu geben.. doch wenn Sie nichts zutun hätten-" "[i]Oh, mit dem größten Vergnügen!", unterbrach er die Stylistin in ihrer Ansprache, umrundete den Tisch und streifte sich die Schuhe von den Füßen, wohingegen seine Hände ihm das Shirt über den Kopf zog. "Was genau nochmal? Poolshooting? Raus rein, right?", bei den letzten Worten schossen seine Augen abrupt zu Suga, für den Bruchteil einer Sekunde. Seine dreckigen Gedanken drehten sich, sobald Suga auch nur in der Nähe waren, nur um das Eine.
Doch kaum, dass er sich ins kalte Wasser begeben hatte und sich wieder raus zog, saß die Professionalität, für welche er nicht umsonst als Park Industries' zweiter Liebling gekürt wurde, wie angegossen. Seine Miene zeigte nichts von dem rumblöndelnden, lässigen Typen - sie hatte sich in kürzester Zeit in die eines griechischen Sonnengottes verwandelt. Makellos, markant, manifique. Die drei unschlagbaren M's. Die Strahlen des Lichts glitzerten auf seiner karamelligen, leicht gebräunten Haut, die Zeuge seiner spanischen Wurzeln war, die Wasserspuren bahnten sich ihren Weg über seinen nackten, schlanken, schmächtigen und doch trainierten, sportlichen Oberkörper, seine Konzentration galt einzig und allein der Kamera vor ihm.
Sie war sein Magnet, und er war das glänzende Metall.

Suga hatte seinen Blick wieder auf seine Kamera gesenkt, als Luca sie ihm zurückgereicht hatte und die kurze Unterhaltung, die er mit Taehyung führte, während er seine Bilder durchging und sich seine Favoriten schonmal rauspickte, verriet absolut nichts davon, dass das Model der Grund dafür war, wieso es sich anfühlte, als würde in Sugas nikotingefärbter Lunge ein fuckin Sonnenblumenfeld heranwachsen. Sie sahen sich kaum an, doch in den kurzen Momenten, in denen ihre Blicke sich streiften, wurde das Schwarz in Sugas Iris noch ein wenig dunkler und der Weißhaarige war sich sicher, dass in Taehyungs Augen Sterne und Planeten explodierten.
Es war bescheuert, was der Jüngere ihn manchmal für poetische Scheiße denken ließ, doch er konnte es nicht wirklich verhindern, denn in diesem verlockenden, tiefen Schokoladenbraun konnte man alles verlieren, vor allem sich selbst.
Doch sie waren beide zu gut darin, zu verbergen, dass sie weitaus mehr waren als simple Kollegen von der Arbeit. In Park Industries war weithin bekannt, dass Taehyung Cheong Sugas Muse war, seit er das erste Mal vor seine Linse getreten war, doch das war bei erfolgreichen Fotografen nichts außergewöhnliches, weshalb dem nicht sehr viel Bedeutung zugemessen wurde.
Dass Taehyung einiges mehr bedeutete, wusste niemand und Suga wusste es vielleicht selbst nicht mal genau.
Selbst als Kim zu ihnen kam und Tae bat, den Newbies einmal zu zeigen, wie es im Bestfall bei Park Industries ablaufen sollte, verrutschte absolut nichts in seiner Miene, auch wenn der Kommentar des Grauhaarigen von wegen „Rein, raus“ ein paar viel zu eindeutige Bilder in seinen Kopf schickte.
Kaum war Taehyung um ihn herum, fielen die schlechten Anspielungen vom Himmel und Suga war froh um sein gefürchtetes Pokerface, denn sonst hätte er wohl dreckig gegrinst.
Stattdessen folgte er dem Größeren zurück zum Pool, justierte sein Objektiv und überprüfte routinemäßig die Kalibrierung des Fokus, sodass er Taehyung in seiner ganzen Perfektion einfangen konnte. Suga war der Meinung, es müsste irgendwann noch eine neue Sprache erfunden werden, um zu beschreiben, wie verdammt atemberaubend er den Jüngeren fand, denn Wörter wie handsome oder beautiful wurden ihm sicher nicht gerecht.
Und noch bevor Taehyung ganz aus dem Wasser war, hatte Suga sich ein wenig vorgebeugt, hatte den Jüngeren in fünf schnellen Schüssen in dem Moment eingefangen, in dem er aus dem Pool gestiegen war.
Suga ließ die Kamera keine Sekunde sinken, drehte sie, änderte den Winkel, sodass er alles von den Muskeln in Taehyungs Schultern über seine sinnlich halb geschlossenen Augen, bis zu den definierten Hüftknochen, die in seinen Shorts verschwanden drauf hatte.
In Momenten wie diesen verlor er sich, als würde er auf den Grund eines Sees tauchen, in so tiefe Gewässer, dass der Lärm der Außenwelt um ihn herum verstummte, nichts mehr da war, was seine Aufmerksamkeit auf sich ziehen konnte, außer sein Gegenüber.
Und manchmal, manchmal hielt Suga den Atem an, wenn er näher an ihn rantrat, die feinen Tropfen fokussierte, die über seine sonnengeküsste Haut wanderten und er beneidete sie, weil sie Spuren auf diesem makellosen Körper ziehen konnten, wie sie wollten, weil sie sich in seinen hellen Haaren, seinen dichten Wimpern verirrten, dort hängen blieben und funkelten wie verdammte Eiskristalle.
Suga war sicher vieles, vor allem unverblümt, schonungslos und manchmal fast schon ein wenig ungehobelt, doch er machte seinen Job verdammt gut und der konzentrierte, fokussierte Ausdruck verschwand nicht eine Sekunde aus seinem Gesicht.
Erst als sein Assistent ihm mitteilte, dass auch Taehyungs Minute abgelaufen war und die Neulinge in staunenden Applaus ausbrachen, ließ Suga den Apparat in seinen schlanken Fingern langsam sinken und blickte Taehyung über den Blitz hinweg an, ließ den Anblick der dünnen, glänzenden Wasserschicht auf seinem Körper in seine Knochen hineinsickern, bevor er anerkennend nickte und den Abstand zwischen ihnen so locker lässig überwand, als hätte er tatsächlich nur im Sinn Taehyung die Bilder zu zeigen.
Stattdessen neigte er den Kopf leicht, den Blick auf seine Kamera fixiert, scrollte dabei wahllos durch die Ergebnisse seines Shootings und seine Stimme war so leise und gesenkt, es nicht mehr als ein vielversprechendes Raunen war: „I’m gonna fuck you tonight."

Es war das, was man Naturtalent nannte, perfektioniert mit monatelangem Training und der Gewöhnung, sich von der einen Sekunde zur nächsten auf die Linse einer Kamera zu konzentrieren - gedanklich. Die Kunst am Modeln, und Tae sah, nannte es bewusst als Kunst, für weöches Verständnis nicht zuletzt die Person hinter der Kamera verantwortlich war, war die Verschmelzung von Authentizität und Posieren, Spontanität und Zielbewusstsein, Traum und Wirklichkeit.
In solchen Momenten verinnerlichte er die Worte Aristoteles', seine Mesotes Lehre der goldenen Mitte der Tugenden, entsprang mit den feinen, markanten Konturen seines Gesichtes den antiken Überlieferern und schrieb mit jeder anmutigen, eleganten Pose, mit jedem intensiven Blick, mit jedem Neigen seines Kopfes, dem sonnenabsobierendem Ausdruck in jede einzelne Pore seiner Haut, das Werk eines Philosophen nieder, sei es auf feinstem Papyrus - oder einer Kamera.
Unmittelbar ergab sich alleine durch dieses kleine Zwischenshooting, dass Suga und er ein eingespieltes Team waren - dass er, was in der Modelwelt und unter hunderten Fotografenzungen allgegenwärtig bekannt war, seine Muse war. In solchen Momenten gab es nur Suga und ihn, und sie durften sich so nahe fühlen, wie sie in der Öffentlichkeit nie sein konnten, auch wenn es durch die Linse einer Kamera war. Es war perfekt, es war die Wellenlänge, die sie brauchten, das Feuer, das hinter der Professionalität brannte und in seinen Knochen empor stieg, die Leidenschaft, die sie über eine Distanz miteinander teilten - solche Momente konnten ihm nicht genommen werde. Sie gehörten ihm, sie gehörten Suga und ihm.
Mit dem Ende der Minute kehrte jedoch das altbewährte, locker-lässige Gesicht zurück und Tae machte eine threatralische Verbeugung in Richtung seiner Fanbase, lachte leise, wuschelte sich mit dem Handtuch, dass er von der Assisstentin gereicht bekam durch die nassen, nun dunkelgrau wirkenden Haare und legte es sich um den Hals, als Suga auf ihn zukam. Gott, wer hätte je ahnen können, dass zwischen ihnen was lief - dass sie es vor knapp einer Stunde noch auf dem Rücksitz eines Autos getrieben hatten. Doch mit den Worten, die Suga an ihn richtete, während er ihm die Bilder zeigte, wurde es ihm selbst wieder klar. Ein schmales Grinsen breitete sich auf seinen Lippen aus und er drehte den Kopf leicht zu ihm, ließ seine Augen kurz von der Kamera zu Sugas Seitenprofil gleiten, senkte seine Stimme mindestens genau so, wie er es getan hatte. Sie hatten etwas, und dieses etwas kam nicht von irgendwo - diese sexuelle Spannung, diese Hingezogenheit, dieses.. Verhältnis hatte einen Ursprung.
"You mean.. like that day?"

Flashback

Suga hatte gerade die Überreste ihres gemeinsamen Mittagessens weggeräumt und lehnte nun, Unterarme auf die Arbeitsplatte gestützt gegenüber von dem Jüngeren am Tresen, scrollte routinemäßig durch seine Emails. Selbst an freien Tagen kam er nicht umhin, sie abzuchecken, es konnte immerhin immer mal passieren, dass er doch spontan für jemanden einspringen musste und Suga lebte seinen Job viel zu sehr, als dass er eine Gelegenheit auslassen würde. Auch wenn ein Teil von ihm hoffte, dass er heute nicht zu Park Industries zitiert werden würde und der Grund dafür saß leibhaftig vor ihm, blätterte durch die aktuelle Ausgabe der britischen VOGUE.
Schließlich ließ Suga sein Handy sinken, als der Jüngere die Stimme erhob, senkte seinen Blick auf die Seite, die Taehyung nun schon seit ein paar Minuten studiert hatte. Er hatte das Magazin natürlich auch schon durchgesehen, aber die Tatsache, dass es den Jüngeren so zu fesseln schien, sandte ein vorahnendes Prickeln in seinen Nacken und er zuckte ein wenig die Schultern, das fragende „Wieso? lag schon auf seinen Lippen, wurde jedoch von dem folgenden Kommentar von Tae zurückgedrängt und Suga verdrehte ein wenig die Augen, fuhr sich mit einer Hand durch seinen Undercut und nahm das Magazin zur Hand. Seitlich gegen den Tresen gelehnt betrachtete er das Foto einen Moment lang, bevor er bei dem zweideutigen Tonfall des Models einen kurzen Blick zu ihm warf, eine Augenbraue in seine Richtung anhob. „Mhm, mit 18 ein paar Mal, war vorher zu jung dazu.“, antwortete er schließlich und ein trockenes Grinsen zupfte für wenige Sekundenbruchteile an seinen Mundwinkeln.
Das Ganze war schon vier Jahre her und seit dem hatte der Anteil an Tattoos auf seinem Körper sich ungefähr auf das Doppelte erhöht, seine Haare waren nicht mehr pechschwarz, blau oder mintgrün, sondern schlohweiß und er stand nicht mehr vor sondern hinter der Kamera. „Aber ja, hab ich auch selbst schon geshootet, Luca vor’n paar Monaten erst.“
Mit einem leisen Geräusch landete die aufgeschlagene Ausgabe wieder vor Taehyung auf dem Tisch und Suga stützte die Ellenbogen auf die Theke, verschränkte seine tätowierten Finger ineinander, neigte leicht den Kopf als er dem Blick des Jüngeren begegnete. Können wir das heute mal ausprobieren? Gerade noch so widerstand er dem Drang, schmutzig zu grinsen, doch ein leichtes Funkeln legte sich in seinen normalerweise recht undurchsichtigen Blick und Suga richtete sich auf, fuhr sich mit der Zunge über die Zähne, nickte.
„Mach dich fertig, ich bereite alles vor.“, wies er ihn dann an, kam um den Küchentresen herum, trat in den Flur und öffnete eine der wenigen Türen, die sein Apartment überhaupt hatte. Sugas Wohnung war generell sehr offen und freundlich, hohe Fenster, die das Sonnenlicht am Morgen perfekt in die ausladenden, freien Zimmer fallen ließen und sein Atelier war eins der wenigen Zimmer, das eine Tür hatte, was aber auch nur so war, damit Suga es immer doppelt und dreifach absperren konnte. Die Gerätschaften in diesem Zimmer kosteten ein Vermögen und waren Sugas Heiligtum und er ließ eigentlich fast niemand anderen in diesen Raum...außer Taehyung.
Er war immer und überall die Ausnahme und während Suga die feinen, weißen Gardinen vor der Glasfront, die sich über zwei ganze Wände zog, beiseite schob, die Softboxen, die bei dem momentanen Sonnenstand vermutlich nicht mal notwendig sein würden, beiseite räumte und das Objektiv seiner Kamera wechselte, versuchte er nicht daran zu denken, dass er Taehyung Cheong, seine Muse, die viel zu oft das Zentrum seiner Gedanken bildete, gleich nackt vor der Linse haben würde. Den Lichteinfall überprüfend machte er einen Probeschuss vor der weißen Leinwand, bevor er seinen Blick auf die verschiedenen Vorrichtungen an der Decke richtete, seine Lippen befeuchtete und überlegte.
Sein Gehirn sprühte quasi schon vor Ideen, eine davon jedoch stärker, prominenter in seinem Kopf und als Taehyung die Tür ins Atelier öffnete, stieg Suga gerade von der silbernen Leiter hinunter und inmitten des Raumes hing eine mit Blüten und Efeuranken verzierte Schaukel.
„Bereit?“
Suga setzte sich auf die vorletzte Sprosse, die Beine angewinkelt und eine qualmende Kippe im Mundwinkel unternahm ein paar letzte Einstellungen an seiner Kamera, bevor er den Blick hob...und quasi spürte, dass es auf einmal eine Schwierigkeit darstellte, richtig einzuatmen.
Gerade noch rechtzeitig nahm der den Glimmstängel zwischen seinen Zähnen hervor, weil er sich sonst an dem giftigen Dunst verschluckt hätte, stieß den Rauch durch die Nase aus und richtete sich, seine Kamera in der anderen Hand auf.
Den Blick auf Taehyung gerichtet, neigte er den Kopf, seine Mimik eine stumme Aufforderung:
Komm her.

Oh ja, das Nacktshooting von Luca..., schoss es ihm durch den Kopf, als der Fotograf eben das erwähnte und seufzte gelassen. "Muss ziemlich heiß gewesen sein", kommentierte er und wippte frech mit den Augenbrauen, "kann mir nicht vorstellen, dass die Stylistinnen sich noch auf den Beinen halten konnten." Luca Park war mit Abstand das begehrteste Model der Branche und Taehyung verstand sich darin zu wissen, wovon er da sprach - attraktiv fand er ihn allemal, und das schon bevor er zu Park Industries dazugestoßen war. Dass Suga und er sich ziemlich nahe standen war seit Ewigkeiten kein Geheimnis, die einen betitelten sie als unzertrennliche, beste Freunde, andere als brother from another mother - und manche böse Zungen, nicht nur manche sondern ausgesprochen viele, hatten sogar behauptet, sie hätten ein Verhältnis miteinander. Für diese Gerüchte war nicht zuletzt Lucas Fanbase verantwortlich - ja, auch Tae wusste da so einiges, schließlich musste er damals als Newcomer auf dem Laufenden bleiben, um ja nicht unwissend zu sein, selbst wenn man nicht jedem Klatsch und Tratsch vertrauen durfte.
Natürlich nicht, damit kannte er sich ebenfalls aus. Womit er sich hingegen noch nicht auskannte, waren Nacktshooting - und wer wäre er, wenn er die Gelegenheit, mit dem berühmtesten und professionellstem Starfotografen Freizeitshootings zu machen, nicht nutzen würde? Suga war mittlerweile weitaus mehr als nur sein Fotograf, er gehörte zu seinem Freundeskreis und sie unternahmen in der Modelclique rundum Luca viel zusammen, nicht nur berufliches. Und außerhalb verbrachten sie auch Zeit miteinander, wie jetzt beispielsweise, doch war es klar gewesen, dass sie früh oder später wieder zum Shooten zurückkommen würden. Es war etwas, was sie Beide genossen und in Dauerschleife hätten tun können.
Was Tae dabei bewusst unter den Tisch fallen ließ war die Tatsache, dass er für den Fotografen ziemlich viel übrig hatte. Und das schon seit einer gewissen Weile. Vielleicht lag das an seinem attraktiven Gesicht, den undurchsichtigen Zügen, den Tattoos an seinem Körper, dieses.. Badboy-Image mit dem Hang zur Ästhetik. Und vielleicht, nur vielleicht, genoss er es in vollen Zügen, seine Ästhetik zu sein.
Das Funkeln in Sugas Augen war Tae nicht entgangen und er grinste zufrieden bei seinen Worten, stieg vom Hocker runter und joggte rückwärts, mit dem wohl selbstgefälligstem Lächeln, ins Badezimmer. "Bin gleich wieder da!" Gesunder, eventuell ein wenig mehr als das, Nervenkitzel kribbelte in seinen Blutbahnen, als er sich auszog, die Klamotten fein säuberlich zusammenlegte und nach dem lilienweißen, weichen Stoff am Harken an der Wand griff. Er zog sich die Ärmel über die Schultern, band sich eine lockere Schleife und warf einen Blick in den Spiegel, richtete seine hellgrauen Haare. Ein Nacktshooting mit Suga - und tatsächlich sah er darin vorläufig nicht das Dreckige. Er wollte genau so schön wirken, künstlerisch und ästhetisch wie die Musen anderer Fotografen.
Im Atelier, das ihm wie immer äußerst vertraut vorkam, guckte er sich ein wenig um, erkannte die Schaukel und lächelte ein wenig, bevor das Stichwort kam. Langsam löste er die Schleife um seiner Hüfte, schon sich den weißen Stoff fast schon amutig von den Schultern und ließ ihn mit einem Rascheln zu Boden fallen. Die Aufregung, die bis gerade eben noch in seinem Inneren pulsiert hatte, war wie hinfort geweht und er hob den Kopf, blickte Suga direkt in die Augen. Das war das Erste mal, dass er vor jemandem blank zog ohne dem grundlegenden Aspekt mit ihm Sex haben zu wollen - natürlich hatte er ein, zwei, dreimal diese Art von Gedanken rund um Suga gehabt, wieso auch nicht, doch ausgerechnet jetzt schien ihm diese Annahme zu fehlen.
Einfach, weil der Wunsch nach Ästhetik, Reinheit und Kunst für ihn überwog und er das nicht mit dreckigen Hintergedanken kaputt machen wollte. Er war gerne rein, in solchen Augenblicke.
Das änderte nichts an der Intensität ihrer Blicke, selbst obwohl er in absolut konzentrierter, authentischer Professionalität auf der Schaukel saß, posierte, mal schüchterner und zerbrechlicher aussah, mal wie ein sonnengesandtes Blumenkind, das sich an die Schaukel schmiegte, verträumt die Augen schloss, in seinem Adamskostüm vor seinen Schlöpfer trat und trotzdem nicht.. pornös wirkte. Nein, er wollte gerade nicht pornös sein, er wollte schön sein.
Und er vertraute Suga darin, dass er in ihm das Schöne sah.

Suga hielt seinen Blick auf Taehyungs Gesicht, seine dunklen Augen gerichtet, auch als er langsam die Schleife um seine Hüfte löste, der weiße Stoff des Bademantels, den er getragen hatte, mit einem leisen Geräusch zu Boden glitt. Er hatte den Jüngeren schon dutzende Male oberkörperfrei vor der Linse gehabt und so sehr er sich auch in dem Anblick seiner definierten Schlüsselbeine, den leichten Muskeln in seinem Oberkörper, seiner schmalen Hüfte verlieren konnte, kehrte sein Blick immer wieder in sein Gesicht zurück.
Sein Gesicht, der Ausdruck darin war Taehyungs größte Stärke, auch wenn er mehr als nur talentiert war, seinen ganzen Körper richtig zur Show zu stellen. Suga liebte sein Gesicht, die dichten dunklen Wimpern, die Schatten auf seine Wangenknochen fallen ließen, wenn er die Augen schloss, die markanten Gesichtszüge, die trotz Definition so weich und sanft wirken konnten und Suga liebte es, Porträts von dem Jüngeren zu schießen, sein Gesicht in jedem denkbaren Winkel einzufangen.
Und wie er so den Kopf hob, sich ihm so nackt und vollkommen geschaffen wie er war, präsentierte, nahm in Sugas Kopf der Gedanke Gestalt an, dass das hier anders war, anders als jedes Shooting dieser Art, die er je gehabt hatte. Die meisten seiner Models waren irgendwann in ein nervöses Kichern ausgebrochen, hatten das ganze weniger ernst genommen, doch Taehyung, bei Gott, Taehyung sah aus als wäre er bereit, sein ganzes Leben in Sugas Hände zu legen, als würde er darauf vertrauen, dass Suga ihn gut behandeln würde, als würde er allen Glauben dieser Welt in sein komisches, abgefucktes Herz setzen.
Er richtete sich langsam auf, während Taehyung auf die Schaukel zuhielt, ließ seinen Blick dabei einmal an der sanften Kurve seines Rückens herunterwandern, bevor er noch einmal an seiner Kippe zog und das erste Foto schon geschossen hatte, bevor der Jüngere überhaupt auf der Schaukel Platz genommen hatte, seine schlanken Finger die blumenverzierten Seile gestreift hatten.
Ein kurzer, prüfender Blick fiel auf das Display, um das Licht und den Fokus zu überprüfen, bevor er die Kamera wieder anhob, eine Hand unter das Objektiv gestützt, dem Grauhaarigen ein wenig näher kam.
Es hatte eine unglaubliche Intimität und Anmut, etwas nicht Vergleichbares, Taehyung so in Momentaufnahmen einzufangen und Suga wusste, er würde dieses intensive Gefühl genauso in seine Fotos übertragen können, selbst wenn der Jüngere ihn nicht ansah, lag eine Ausdrucksstärke in seinem Gesicht, die deutlich zeigte, dass er sich der Anwesenheit der Kamera und der Person bewusst war.
Suga blieb still, wollte Taehyung nicht aus dieser Trance reißen, in der er sich zu befinden schien, er schloss die Augen, wirkte so sanft und friedvoll, als würde er träumen und Sugas Herz schlug seltsam ruhig, als er auf die unterste Stufe der Leiter stieg, sich gegen das Metall stützte, um das Seitenprofil des Jüngeren einzufangen. Er war so schön, dass es Suga den Atem nahm, an der Oberfläche seiner Professionalität kratzte und Suga war sich sicher, dass der Jüngere ihm sich noch nie so offen, so verletzlich präsentiert hatte.
Kurz warf er einen Blick auf das Foto, nahm den letzten Zug seiner Zigarette, bevor er sie achtlos an der Leiter ausdrückte. „Augen zu mir, Taehyung.“, wies er ihn an, stieß bei seinen Worten den grauen Rauch aus und nahm den Grauhaarigen wieder durch die Linse ins Visier.
Er hätte ewig und drei Tage diese Szene, die sich ihm bot, fotografieren können, doch Suga hatte noch ein paar weitere Ideen, richtete seine Kamera neu ein und hob dann den Blick als er merkte, dass Taehyung die Chance genutzt hatte und grinsend auf und ab schaukelte.
Wortlos hob Suga seine Kamera und hielt den Moment in einem schnellen Schuss fest, bevor er auf den Jüngeren zukam, durch die Bilder scrollte um ihm eins davon zu zeigen.
Auf dem Bild hatte Taehyung die Augen geschlossen, Lippen halb geöffnet, das Gesicht leicht zu den verzierten Seilen der Schaukel gedreht, sodass die weißen Blüten sein Gesicht auf einer Seite umrahmten, der Kontrast zwischen den weißen Blüten und seiner goldenen Haut dominierte neben dem träumenden Ausdruck in Taehyungs Gesicht, der Art wie sein nackter Körper sich in den Rahmen der Schaukel schmiegte, den Schnappschuss.
„Gefällst du dir?“, fragte er und sah den Jüngeren aus der kleinen Distanz, die zwischen ihnen lag, aufmerksam an, bevor er zu den halb durchsichtigen, weißen Vorhängen nickte, die vor der Glasfront des Zimmers hingen. Taehyungs nackten Körper, drapiert in diesem zarten, weißen Stoff, mit dem Sonnenschein, der sich in seinen hellen Haaren fangen würde, allein den Schatten seiner Silhouette vor dem warmen Licht einzufangen...es war unglaublich, wie sehr Taehyung ihn inspirierte.

Während er nun auf der Schaukel saß, sich an die Pflanzen schmiegte und auf wundersame Weise auch anders fühlte als vorher, ging ihm sowohl alles, als auch nichts durch den Kopf. Es war verrückt, wie einfach ihm das Modeln mit Suga in seiner Nähe fiel - dass er sich dem Gefühl seiner Rolle so hingeben konnte, als wäre es sein Eigen. Und das war es auch; die Freizeitshootings mit dem Älteren hatten nichts von dem bestimmten Muster, das er verfolgen musste - keine Marke, die er präsentierte, kein Statussymbol, das er darstellte. Hier handelte es sich lediglich um ihn, Cheong Taehyung, der seinen Körper und Geist der Kunst, der Ästhetik der Momentaufnahmen gewidmet hatte.
Und es gab mit Abstand niemandem - obwohl er es nicht aussprach - vor dem er nackt vor der Kamera posiert hätte, wenn er es nicht zuerst mit Suga getan hatte. Ja, es war Vertrauen, eine Auslegung der Vielfältigkeit von Vertrauen, denn nicht immer hatte sie die selbe Bedeutung. Vertrauen gab es in allen möglichen zwischenmenschlichen Beziehungen. Freundschaft, Familie, Liebe - aber diese Art von Vertrauen ließ sich nicht ganz in Worte fassen.
Sie war einfach da. Und das schönste daran: Er fühlte sich wohl damit.
Langsam schlug er die Augen wieder auf, guckte unter dem dichten, schwarzen Wimpernpaar zur Kamera, tat, wie ihm gesagt wurde, ohne seiner persönlichen Traumwelt zu entgleiten. Er nahm das Kinn leicht zurück, neigte den Kopf ein wenig zur Seite, seine Finger strichen sanft und langsam über das Efeu, während er sich, obwohl er hochgewachsen war, so klein machen konnte - so zerbrechlich, wie eine teure Porzellanpuppe. Das sanfte Leuchten in seinen Augen wurde stärker, er wollte Suga in diesem Moment mit sich in die Traumwelt ziehen, in die er eingetaucht war, eine solch ungewohnte Intimität, dass Taehyung es nichtmal bemerkte, wie anders dieser Augenblick gerade war.
Allerdings konnte er es sich nicht verkneifen, dem beneidenswert Kindlichen, das nach ihm rief, kurz die Oberhand zu lassen und ein wenig zu schaukeln, langsam und leicht, bevor Suga auf ihn zukam und ihm die Bilder zeigte. Seine Lippen teilten sich in einem leisen Atemzug, das sanfte, begeisterte Leuchten in seinen Augen strahlte mit dem Tageslicht um die Wette. "Wow..", murmelte er leise, hob den Kopf und sah dem Älteren ins Gesicht. Glücklich. "Ja. Sieht echt schön aus."
Und kaum, dass sie mitten drin waren, sprudelten die Ideen nur so aus Suga heraus - auf seine eigene Art - was Tae ein ehrliches Lächeln entlockte, bevor er sich zwischen die Vorhänge stellte. "So?", fragte er kurz nach, doch dauerte es nicht lange, bis er wieder in seiner eigenen Welt gefangen war und schön sein wollte. Schön, zart, verwundbar. Warum genau er sich für dieses Thema entschieden hatte, wusste er nicht.. es kam ganz automatisch. Mit Nacktheit auf ästhetischer Ebene verband er diese Eigenschaften, fühlte sich ihnen näher und setzte sie in seinen Posen um. Wie er sich in den Stoff lehnte, die Kurve seiner Wirbelsäule zwischen dem Weiß hervorstach, er sich halb damit einschlang, nu um sie wieder loszulassen. Sein Seitenprofil kontrastierte mit dem gleißend hellen Licht hinter ihm, und er konnte sich vorstellen, dass Suga diese Sekunden in doppelter Ausführung festhielt.
"Können wir noch was ausprobieren?", erlaubte es sich Tae ihn zu fragen, tauchte hinter dem weißen Stoff halb auf, schlang es sich allerdings spielerisch noch halb um den Körper, nippte daran. "Mhh.. ich hab in den Szenarien sowas wie.. die Natur des Menschen und seine Reinheit gesehen, so verschiedene Etappen.. und ich würde echt gerne noch die andere Seite, die.. erotischere probieren", präsentierte er seine Idee, sein Anliegen - und drehte den Kopf ein wenig. "Verstehst du?"