"Wir sollten in den Semesterferien mal 'ne Woche nach Busan zurück." Lässig schob sich der Rotschopf die Sonnenbrille vom Schopf zurück auf sein Nasenbein, legte seinen Kopf seufzend in den Nacken und genoss die warmen Temperaturen. Sonnenstrahlen kitzelten auf seinen Wangen, seine Finger ertasteten das saftig grüne Gras unter ihm, als er sich auf seinen Unterarmen gestützt zurücklehnte und die Augen schloss. Neben ihm vernahm er die Zustimmung seines Besten, gefolgt von einem "Ich komm mit!" seines Gegenparts und Luca schmunzelte liebevoll. "Dann musst du damit rechnen, dass wir dich auf ein Surfboard hochhieven, Tae!"
Luca konnte regelrecht hören, wie der Gleichaltrige stutztig wurde, irgendwas laberte von wegen "ich bin Informatiker, seh ich aus als könnt ich Wellen brechen", was ihm automatisch ein melodisches Auflachen entlockte und er Minho in die Seite stubste. "Ich übergebe den Surflehrer-Posten an Minho, ich arbeite schon genug mit kleinen Kindern." Frech grinsend streckte er die Zunge aus und kassierte dafür einen Schubser von Tae, landete seitlich im Gras und lachte gut gelaunt drauf los. So konnte es von ihm aus den ganzen Sommer über ablaufen, am Campusgelände chillen, Namjoon und Hoseok beim Uno Spielen - und dabei Rumbrüllen - zugucken, mit Minho und Tae herumalbern und in Gedanken bei ihrem morgigen Footballspiel hängend. Er hatte, was er brauchte, loyale Freunde, die wie eine Familie für ihn waren, schönes Wetter, ein Studiengang, das ihm Freude bereitete - doch gab es eine Sache, die ihm fehlte.
Der unvollständige, knallrote Faden an seinem Handgelenk rutschte ein wenig runter, er war nicht fest, würde zwar nie verloren gehen, doch hing er einfach nur. Er hing und hatte keine Zugehörigkeit, ein Castaway, gestrandet vor den Küsten der Ratlosigkeit. Manchmal, so wie in diesen Sekunden, in denen Jin in der Ferne mti seinem Besten zu ihnen rüberspazierte, bildete er sich ein, es würde Kribbeln, wusste, dass er es sich einbilden musste, und trotzdem gab er die Suche nach seiner Hälfte nicht auf. Jedenfalls gedanklich nicht.
"Hey Jin Hyung, irgendwelche letzten Worte, bevor Minho und ich uns morgen ins Gefecht stürzen?", sprach der Sonnenschein den Älteren an, grinste ihm entgegen und neigte seinen Kopf ein wenig. "Trink und iss genug und wehe du kippst mir nochmal auf dem Feld um", donnerte Jin in seiner fürsorglichen Manier und Luca verdrehte entspannt, wenn auch etwas verlegen, die Augen. "Das war ein Mal..", kommentierte er leise lachend, beobachtete Jin und seinen blauhaarigen Gefährten, wie sie sich neben ihm auf das Gras setzten.
Und er kannte seinen Namen, Min Suga, einer, der nicht oft mit der Clique redete, eigentlich kaum, trotzdem ab und zu einfach mit ihnen abhing. "Wer will diesmal sein Glücksbringer sein?", trötete Hoseok hinter dem Rothaarigen, der kurz von seinen Karten aufgeblickt hatte, und Luca schnippste zustimmend. "Stimmt, Leute wer will diesmal?" "Waren wir nicht alle schon dein Glücksbringer?", hörte er Namjoon wissend fragen, und Luca fuhr sich durch die weichen, roten Strähnen. Bei jedem Spiel hatte er einen von der Clique, der sein Glücksbringer auf der Tribüne war, den er angucken konnte, sollte er sich in einer Stresssituation auf dem Spielfeld nicht sofort fangen können und ein, genau ein vertrautes Gesicht in der Menge brauchen.
Langsam beugte sich Luca nach vorne, guckte sich in der Runde um, ehe sein Blick an dem Blauhaarigen hängen blieb. Ein weiches Lächeln umspielte seine Lippen.
"...kommst du auch zum Spiel?"

Bibliotheken gehörten zu den wenigen Dingen, in denen sich Luca wirklich auskannte - und das musste er sich mal antrainieren. Schließlich wollte er Lehrer werden, und wenn er die Utensilien nie finden würde, könnte er es auch seinen kleinen Schützlingen nicht weitergeben.. doch die Vielzahl an Lehrbüchern und.. was es sonst noch alles hier gab, verwirrte ihn. Die ganzen Schilder und verschiedenen Buchstaben und Farben und - er blickte nicht durch das 'Ordnungssystem', dass die Uni hier für ihre Bücher entwickelt hatte. Andererseits lag das häufig daran, dass die Studenten nicht immer darauf achteten, an welcher Stelle sie die Bücher wieder zurücklegten.
So fand er ein Buch über.. die Anatomie der Schmetterlinge bei englischer Grammatik. Nicht gerade das, womit er in den englischsprachigen Reihen gerechnet hätte, weswegen er seine Hand danach ausstreckte, um es aus dem Wirrwarr rauszuziehen. Anatomie der Schmetterlinge.. wenn er länger darüber nachdachte, musste das bestimmt interessant sein. Wie leicht man ihn doch ablenken konnte - innerlich verfluchte er sich dafür, mit seinen Gedanken abgeschweift zu sein, schließlich musste er seine Seminararbeit endlich mal zuende kriegen. Aber.. Schmetterlinge!

Suga verirrte sich nicht oft in die englischsprachige Abteilung der Bibliothek, oder überhaupt in das mehrstöckiges Gebäude, das so ziemlich die Hälfte des ganzen Campus einzunehmen schien. Mit den Fingern über die Rücken der abertausenden Büchern fahrend, ging er die Regalreihen ab, ging in die Hocke, ließ sein Blick genaustens über die Titel und Nummerierungen gleiten, schloss dann bei dem scharfen Schmerz in seinem Schädel kurz die Augen. Scheiße.
Suga fuhr sich kurz über die Nasenwurzel, bevor er sich aufrichtete und die nächste Reihe versuchte.
Verdammte fucking Scheiße.
Kopfschmerzen waren nichts neues für ihn, auch wenn er den Grund, diesen niederschmetternd vernichtenden Grund dafür nun seit ein paar Tagen auch kannte, ihn jedoch so gut wie möglich eben aus seinen Gedanken ausschloss.
Er brauchte dieses scheiß Buch. Sensations of Tone, eine Abhandlung über Akustik und die Wahrnehmung von Ton aus psychologischer Sicht, ein Werk, um das Suga normalerweise einen riesigen Bogen gemacht hätte, es jetzt für die anstehende Prüfungsvorleistung aber als Quelle brauchte.
Bei der hintersten Reihe angekommen, in der sich die Bücher nur noch wie Kraut und Rüben stapelten, war er dazu übergegangen, die Bücher beiseite zu schieben, einzelne rauszunehmen, um festzustellen, ob dahinter nicht noch was stand.
Gerade griff er durch die Regalreihe nach dem Einband eines weiteren Werks, den Blick jedoch schon auf die nächste Reihe gerichtet, als seine Finger andere streiften, seinen Arm sofort ein heftiges Kribbeln durchzog, das wie ein Blitz in seinen Brustkorb einzuschlagen schien.
Binnen Sekundenbruchteilen hob Suga den Blick und seine dunklen Augen trafen durch das freigeräumte Regal auf ein weiteres Paar, wärmere, freundlichere. Augen die er auch ohne das zugehörige Gesicht, die roten Haare, erkannt hätte.
Fünf Herzschläge lang herrschte Stille und Suga starrte in das vertraute Gesicht von Luca Park, bevor sein Blick zu seiner Hand rutschte, zu dem roten, losen Faden, der sich darum ringelte...nur dass er nicht mehr lose war und auf seiner blassen Haut brannte, als würde er in Flammen stehen, eine Wärme in Sugas Körper trieb, die er so noch nie verspürt hatte.
Wie hypnotisiert sahen sie einander durch die überfüllten Regalreihen an und Sugas Herz klopfte ihm bis zum Hals, bevor sich seine Augen fast schockiert weiteten.
Nein.
Sofort machte er einen Schritt rückwärts, ignorierte das Brennen in seiner Kehle, das Ziehen in seinem Herzen als er seine Hand zurückzog, der rote Faden von Lucas abriss.
Nein. Nein. Nein. Nein.
Ohne ein Wort wandte er sich um, vergessen war das dumme Buch, wegen dem er überhaupt hierher gekommen war und automatisch zog er die Ärmel seines schwarzen Hoodies über seine Finger, über den roten Faden, der seinen Arm umschlang.
Nein. Nicht er.
Jeder, nur nicht Luca Park, der ihn vor nicht mal ein paar Wochen gefragt hatte, ob er sein Glücksbringer für das Footballspiel sein wollte, der ihn unten auf dem Feld stehend in der ganzen jubelnden Menge von Studenten gefunden und angelächelt hatte.
Sugas Schritte wurden schneller und seine Zähne pressten sich fest aufeinander und die Mappe mit den Ärztepapieren in seinen Armen schien mit jedem Schritt schwerer und schwerer zu werden.
Das ging nicht, das konnte er ihm nicht antun. Nicht ihm, nicht Luca Park mit seinen roten Haaren und dem Welpenblick, nicht Luca Park, der lächelte als hätte er die Sonne verschluckt.
Nicht er, bitte nicht er.

Es hieß, dass Glück einem nicht zuflog, dass jeder für sein Glück in gewisser Hinsicht selbst verantwortlich war und die Suche nach dem Weg zum Glück nicht aufgeben durfte. Das hatte Luca nie getan, selbst wenn das Licht seiner Hoffnung mit den Jahren zu nichts weiterem als ein kleines Teelicht geschrumpft war. Sein roter Faden hing schon viel zu lange lose an seinem Handgelenk, und sobald er, in den seltensten Fällen, jemanden gefunden hatte, der ebenfalls einen losen Faden besaß, gehörte er nicht zu ihm. Niemand schien zu Luca zu gehören. Und das hatte ihn nicht selten geplagt.
Dieser Gedanke stach in seiner Brust, als er die Hand nach dem Buch ausgestreckt und es in die Finger bekommen hatte, wie immer den Blick unvermeidlich auf das lose Ende seines Fadens gerichtet - doch bei dem Streifen einer fremden Hand, fremder, langer Finger, zuckte er augenblicklich zusammen. Nicht, weil er sich erschreckt hatte, sondern das, was es mit ihm auslöste. Diese kleine, unscheinbare Berührung traf ihn wie ein Blitzschlag, nein, das Teelicht seiner Hoffnung wurde mit ein Drittel Heizöl und zwei Drittel Benzin überschüttet, Augen und Herzen waren Dynamit.
Ein Waldbrand löste sich in seinem inneren aus, ein verdammter Waldbrand, der sich um seinen gesamten Arm bis zu seinem Herz geschlungen hatte, ihn regelrecht konsumierte - und das in unter fünf Sekunden. Seine großen, belebten Augen lagen gebannt auf seinem Gegenüber, der zwischen den Regalen zu erkennen war, lediglich seine blauen Strähnen und dessen Blick einfingen. Er sah schockiert aus, wie von dem selben Blitz getroffen wie er, es war Suga.
Min Suga.
Bevor er den Mund hätte öffnen, die wirren, aufgeregten Gedanken, die im Sekundentakt durch seinen Kopf schossen, irgendwie in Worte hätte fassen können, entriss sich ihm der Andere und eilte davon. Augenblicklich erstickte Luca an seinem, eigentlich vorhergesehenen, Wasserfall an Fragen und Begeisterung, löste sich aus seiner Starre und brachte ein eifriges "H-hey! Warte!", heraus. Hektisch lief er zu dem Tisch, an welchem er seinen Laptop, sowie Stifte, Block und Bücher ausgebreitet hatte, kramte sie in Rekordzeit zusammen und stopfte sie so unglaublich schnell in seine Tasche, immer wieder zu Suga blickend, der sich weiter und weiter von ihm entfernte.
"Suga! Warte!" Sofort schwang er sich die Tasche über die Schulter und raste los, durfte ihn auf gar keinen Fall verlieren - nicht.. nicht jetzt, wo er ihn.. wo er seine andere Hälfte gefunden hatte, und während er lief schwirrten mehr Fragen in seinem Kopf herum. Fragen, auf welche nur Suga die Antwort besaß, davon war er überzeugt, doch allen voran stand die Frage:
"Warum läufst du von mir weg?"
Er hatte sich vor ihn gestellt, so flink und schnell wie es ging, starrte ihm direkt in die Augen und.. wow. Er war es. Er war es die ganze Zeit, und er hatte nicht den absoluten Hauch einer Ahnung gehabt. So etwas wie Verzweiflung mischte sich in seine Gesichtzüge, er wusste nicht, was er fühlen sollte, es war viel zu viel auf einmal. Eine verdammte Achterbahnfahrt in weniger als zwanzig Sekunden. "Bitte.. geh nicht, wieso.. wieso- wollen wir nicht- können wir reden?"

Er folgte ihm. Natürlich folgte er ihm und Suga wollte davonrennen, wollte sich in Luft auflösen, in einem Loch im Boden verschwinden, nie geboren worden sein und als der Rothaarige sich vor ihn schob, wollte er sich einfach an ihm vorbeidrängen, doch Luca hielt ihn auf, wollte mit ihm reden.
„Nein.“
Die gnadenlose Antwort knallte wie eine Peitsche und Suga konnte ihm dabei nicht mal in die Augen sehen, die blaue Mappe fest an seine Brust gedrückt, schob er sich an Luca vorbei, setzte seinen Weg ins Freie fort, ignorierte die neugierigen Blicke, die dem ungleichen Duo folgten.
„Vergiss einfach, was grade passiert ist.“
Es war einfacher gesagt als getan und Suga merkte das mit jedem Schritt, den er tat, mit dem er sich weiter von Luca entfernte. Der rote Faden um seinen Arm kribbelte verräterisch und der Blauhaarige fluchte leise, verfluchte sich dafür, dass er nicht besser aufgepasst hatte, dass sein Inneres ihn anschrie, anzuhalten, mit Luca zu reden, es nicht in die hinterste Ecke seines Verstandes zu drängen, dass das Schicksal sie gerade zusammengeführt hatte.
Eternal lovers.
Nicht er, er konnte Luca Park nicht mit in sich in den Abgrund reißen, er hatte genug Menschen Kummer gemacht und er würde damit aufhören, denn in seinem Inneren, unter seine Schädeldecke tickte eine Bombe und würde sie explodieren, würde er jedem, der ihm nahe stand, Schaden zufügen und Suga wollt alles tun, um die Anzahl an Opfern möglichst gering zu halten.
Es reichte gerade schon, dass er Jin da mit hineinzog, aber einen eternal lover...das Schicksal schien sich der Ironie verschrieben haben, anders konnte der Blauhaarige es sich nicht erklären, während er die Bibliothek durchquerte, Luca ihm immer noch hinterherlief und als die die große Drehtür am Eingang hinter sich gelassen hatten, drehte Suga sich zu ihm um, funkelte ihn aus seinen schmalen Augen an.
„Verschwinde, Park!“, zischte er und es klang so verletzend und falsch, dass Sugas Herz zu der Größe eines Luftballons anschwoll, er Probleme hatte, genügend Luft für seine nächsten Worte zu bekommen, weil es sich so falsch anfühlte, Luca so anzuherrschen, Luca der ihn ansah, wie ein Welpe, dem man auf die Pfote getreten war.
Er konnte das ihm nicht antun. Er würde es ihm nicht antun.
Wenn er ihn von sich schubsen würde, war es nur in Lucas eigenem Interesse, zu seinem Besten.
Er war nicht gemacht für ewige Liebe, für irgendwas, was länger als sechs, vielleicht sieben Monate andauern würde.
Und er wollte nicht verantwortlich für noch mehr Schmerz sein.

Verzweiflung und Verwirrung, eindeutig; die beiden stärksten Gemütszustände, die sich in Lucas Augen widerspiegelten, als Suga sich ohne ihn eines weiteren Blickes zu würdigen vorbeischob und das Weite suchte. Weg von ihm, weg von der Tatsache, dass ihre Fäden sich zu einem verschlossen hatten und mit jedem Schritt, den Suga tat, schien eine wohl begründete Sehnsucht in Luca zu wachsen, lag schwer auf seinem lodernden Herzen, das drohte, unter der Kühle des Blauhaarigen zu brechen, zu erlischen. Als würde Suga einen Eimer voll Wasser über seiner Flamme halten, jeden Moment dazu bereit, es ihm in einem Zug überzuschütten und das Feuer zu löschen.
Nein, bitte geh nicht. Wieso tat es ihm so weh, sie kannten sich kaum, und trotzdem hatte er mit der Erkenntnis, auf die er gefühlt sein ganzes Leben lang gewartet hatte, nicht nur Euphorie und den Schlüssel zu seinem Glück erlangt, das letzte Puzzleteil, das ihm gefehlt hatte, sondern ein vernichtender Schlag der.. Zurückweisung.
Suga wollte ihn nicht.
Das war die einzige plausible Erklärung, die ihm in den Sinn kam, als er ihm auf Schritt und Tritt folgte, versuchte, ihn zum Bleiben zu überzeugen, immer wieder Sachen sagte wie "Warte, bitte" oder "Ich will nur kurz reden", er wirkte so wahnsinnig verzweifelt, weil er nicht stehen blieb. Wie konnte das nur sein, er wollte alles über ihn wissen, er war sein Gegenpart, sein eternal lover, und.. er lief von ihm weg. Es machte keinen Sinn, es machte nicht einmal ansatzweise Sinn in seinem Kopf, den er sich gerade zerbrach. Niemals hätte er erwartet, dass ihn seine Hälfte, sobald er ihn gefunden hatte, wegstoßen würde. Nichts mit ihm zutun haben, oder ihm gar verweigerte, mit ihm zu sprechen.
Trotz dessen sah er es nicht eine Sekunde ein, ihn einfach so gehen zu lassen, wäre sogar fast gegen die Drehtür gelaufen, weil seine geballte Aufmerksamkeit einzig und allein auf dem Blauhaarigen lag. "Suga bitte-", seine melodische, im Vergleich zu Sugas höhere Stimme klang so, wie er sich fühlte. Ratlos, verwirrt, irgendwie flehend. Das Zischen des Älteren glich einer Ohrfeige, vermutlich hätte diese sogar weniger geschmerzt. Das Ziehen in seinem Herzen stach, brannte schmerzvoll, sein Faden kribbelte, protestierte gegen diese Abweisung mit allem, was Luca lieb war.
Allerdings konnte er nicht verbergen, wie sehr es ihn getroffen hatte. Verschwinde, Park! Ein seltsam befremdliches Gefühl machte ihn für ein paar Sekunden sprachlos, es kam ihm vor wie eine Ewigkeit, in der er ihn lediglich fassungslos anstarrte. Verletzt. Das war nicht fair.. das war einfach nicht fair. Wieso tat er das?
"Ich will- ich will doch nur eine Chance!" Seine Stimme war für seine Verhältnisse lauter geworden, eindeutig getroffen und er zog die Augenbrauen verwirrt zusammen, leicht, was seine ratlose, verzweifelte Mimik unterstrich. Unbeholfen zog er seine Tasche zurecht, eher abwesend, den Blick auf Suga gerichtet.
"Was.. was soll das? Wieso willst du nicht mit mir reden? Ich hab dich so lange gesucht und du.." Du willst mir das Herz brechen. Willst du das wirklich? Betreten schloss er die Lippen, schluckte leicht, beendete seinen Satz nicht.
Bitte tu das nicht.

Er hasste sich, er hasste sich mit jedem Schritt den er gemacht hatte, mit jedem verletzenden Wort, das er Luca entgegen geschleudert hatte und sein Herz pochte so stark gegen seine Rippen, als würde es ihn zu dem Rothaarigen ziehen wollen, die paar Schritte Abstand die nun zwischen ihnen lagen, verringern. Er wollte zu ihm und Suga wusste, er musste sich gegen diesen Drang stemmen, der seinen Körper, seine Gedanken zu fluten schien, die flauen Kopfschmerzen aus seinem Bewusstsein vertrieb, weil alle anderen Emotionen so stark waren, durch ihn hindurchwuschen wie eine Flutwelle, die alles mit sich riss.
Alle Prinzipien, Überzeugungen und Regeln wurden einfach davon gespült und Suga stand da, die Mappe, die seine Diagnose, seine Informationspapiere über Chemo- und Strahlentherapie, seine MRTs, alles enthielt, was sein Leben von nun an bestimmen würde, in der Hand, um die der rote Schicksalsfaden kribbelte.
Er verabscheute sich selbst für alles, was er gerade ausstrahlte, diese gezwungene Distanz, die Ablehnung, den starren Blick in seinen Augen, seine ganze Körpersprache, die sich so stark von der seines Gegenübers kontrastierte, der ihn schon fast flehend ansah.
Seine Worte schienen verwirrt, verzweifelt, als hätte er sein ganzes Leben schon darauf gewartet, dass sein roter Faden sich mit einem anderen verband. Suga hatte ihn immer schon so gut es ging vor fremden Augen versteckt, hatte auch nie wirklich einen Deut darauf gegeben, dass irgendeine höhere Macht ihm einen eternal lover zugeschrieben hatte.
Doch jetzt spürte er am eigenen Leib, was es hieß, ihm gegenüber zu stehen und Suga ertrank an dem Meer von Gefühlen, die in ihm um die Vormacht kämpften, während er Luca stumm ansah.
Seine Worte trafen tief, tiefer als Suga je irgendwelche anderen Worte getroffen hatten und das musste etwas heißen, denn hatte ihm der Doc nicht vor wenigen Tagen erst gesagt, er würde nur mit viel Glück noch das kommende Semester überleben, hatten seine Eltern ihn nicht angeschrien, er wäre nicht ihr Sohn, bevor er sie aus seinem Leben gestrichen hatte?
Suga hatte schon viel Scheiße in seinem Leben gefressen und trotzdem trafen ihn die Worte von Luca Park mit der Wucht eines Panzers, denn er musste seinen Satz nicht beenden, um Suga verstehen zu lassen und der Blauhaarige presste die Lippen aufeinander, versuchte die in ihm kochenden Emotionen am Ausbrechen zu hindern.
Doch der Ausdruck in Lucas großen Augen ließ ihn nicht los und die Worte waren raus, bevor Suga etwas dagegen tun konnte, ein letzter, verzweifelter Versuch, den Jüngeren von sich wegzuschieben.
„Das ist zu deinem Besten, geh, solange du noch kannst, verstanden? Geh!“
Es tat verdammt weh, es auszusprechen und schien seinen ganzen Körper zu betäuben und Suga wusste nicht, wie es passierte, wieso ihm die Mappe, um die er sich so fest geklammert hatte, plötzlich seinen Fingern entglitt als er Luca stehen lassen wollte, zu Boden segelte und ihren Inhalt gleichmäßig auf dem Pflaster verteilte.
Fluchend ging Suga in die Hocke, kramte die Unterlagen zusammen und stopfte sie zurück, bevor er bemerkte, dass Luca ihm helfen wollte, doch sein „Fass das nicht an!“ kam zu spät und als der Blauhaarige Luca das Papier entriss, konnte er es in dem Ausdruck in seinen Augen sehen.
Er wusste es.

Jetzt war er sich sicher, selbst wenn Suga ihm eine gescheuert hätte, wäre er nicht gegangen - oder vielleicht schon? Hätte er gehen sollen? Wäre es das Beste gewesen, wenn er gegangen wäre? Vielleicht war es genau das, was Suga damit erreichen wollte, und Luca war viel zu naiv, um es zu akzeptieren, weil er niemals einsehen könnte, warum jemand seine vom Schicksal auserwählte, ewige Liebe so ablehnen könnte. So dermaßen, dass es schmerzte wie tausend Stiche und ihn davon überzeugen sollte, seinen kühlen Worten Folge zu leisten.
Doch nicht bei dem Unterton, den er für den Bruchteil einer Sekunde glaubte, vernommen zu haben. Bei seinem letzten Satz, dem Fauchen, dass es.. das Beste für ihn wäre zu gehen. Und bevor Luca sich überhaupt darauf beziehen konnte, und bereits für ihn festgestanden war, dass er das nicht dabei belassen würde, rutschte dem Blauhaarigen die Mappe, die er hielt, aus der Hand. Mehrere Blätter verteilten sich auf dem Asphalt, und Luca gehörte zu der Sorte von Mensch, die jedem half, sobald offensichtliche Hilfsbereitschaft benötigt war.. wie er fand. Sein Herz saß auf dem rechten Fleck und natürlich bückte er sich sofort, um ihm beim Aufsammeln der Dokumente zu helfen, bis..
Der Ausdruck in Lucas Augen wandelte sich, seine Lippen standen ein wenig offen und er bemerkte nicht, wie Suga ihm das Blatt, die Antwort auf alle Fragen in seinem Kopf, entriss, ihn ansah, als hätte er den schlimmsten Fehler in seinem Leben begangen und würde ihm am liebsten das Gedächtnis auslöschen wollen. Es ergab Sinn, nun ergab es Sinn, warum er ihn von sich wegstieß, ihn anherrschte, ihm.. das Herz brechen wollte, und sich dabei vermutlich das eigene mit der selben, zerschmetternden Intensität brach. Für Suga schien der Kampf schon gelaufen zu sein.
Aber nicht für Luca. Jetzt erst recht nicht.
"Suga..", seine Stimme glich nichts Weiterem als einem leisen, sanften Flüstern, auch wenn er den Schmerz von vorhin nicht ganz darauf verbannen konnte. Und dass er Krebs hatte, änderte die Lage drastisch, das, wovor Suga wahrscheinlich Angst hatte, und Luca konnte es verstehen - aber nicht akzeptieren. Langsam richtete er sich wieder auf, wusste nicht, was, oder wie, oder.. ob es irgendwas gab, was er sagen konnte.
Und seinem Instinkt nach zu urteilen würde es auch nichts geben, was er in dieser Situation hätte sagen können; weil es offensichtlich war, dass Luca keine Worte brauchte. Seine Hand tastete vorsichtig nach Sugas, sah ihm dabei tief in die Augen, während der Kontakt seiner Finger, das Streicheln, bereits für eine unaufhaltsame, mächtige und so unglaublich sanfte Wärme sorgte, dass es ihm jegliches Chaos, jeglichen Zweifel und jegliche Angst austrieb. Zumindest für diesen einen Moment, in welchem ihre Fäden zueinander fanden, sich herantasteten und vereinten, er seine filigrane, größere Hand in seiner hielt.
"Du gehörst zu mir." Sein Lächeln war sanft, liebevoll, und er hätte am liebsten die Zeit angehalten und diese ihm eigentlich fremde, und jetzt doch so verdammt nahestehende Person geküsst - doch wusste er, dass das zu schnell gehen würde, egal, wie laut sein Herz schrie und danach verlangte. So ganz dagegen ankommen konnte er auch nicht wirklich, plötzlich lehnte er sich nach vorne, seine Lippen streiften die Wange des minimal Größeren, ein hauchzarter Wangenkuss, schüchtern und von den Fäden zu dieser Geste der Zuneigung getrieben, ehe ein Glockenläuten ertönte und die nächste Stunde ankündigte.
Langsam ließ er ihn wieder los, entfernte sich rückwärts gehend von ihm und selbst wenn die Erkenntnis seiner Krankheit ein verdammt heftiger Schlag in die Magengrube war, so überwog doch diese schicksalhafte Zuneigung zu ihm und er grinste verträumt, fast schon idiotisch.
"Ich weiß wer du bist, und ich find dich nach meinem Seminar wieder.. darauf kannst du wetten..", versprach er ihm, und ja, Gott, wie er es ihm versprach - er würde für ihn, wenns sein musste, den ganzen verdammten Campus auf den Kopf stellen, um ihn zu finden. Das Versteckspiel war vorbei.

Suga wusste nicht, was er erwartet hatte, betretenes Schweigen, ein genuscheltes „Tut mir so Leid für dich“ oder...irgendetwas anderes jedenfalls, als die vollkommene Gleichgültigkeit, mit der Luca den Neuigkeiten zu begegnen schien. Dass es ihn nicht irgendwie traf, glaubte Suga nicht, dafür schätzte er ihn viel zu sensibel und emphatisch ein, doch gerade in diesem Moment ließ er es sich nicht anmerken, sah ihn einfach nur an, als würde er jetzt verstehen, wieso der Ältere ihn so unbedingt von sich hatte wegstoßen wollen.
Und Suga hätte einfach umdrehen und gehen sollen, doch er stand wie festgewachsen da, als Luca seinen Namen flüsterte, so sanft und vorsichtig, als wäre Suga ein scheues Tier, das er zu sich locken wollte, nach dem er die Hand ausstreckte und er ließ es einfach geschehen, ließ es zu, dass der Jüngere seine Hand nahm, dass diese unbeschreibliche Wärme, dieses ihm so lange fremd gewesene Gefühl nach Zuhause und Heimat in die Fingerspitzen kroch, sich von dort in seinem ganzen Körper auszubreiten schien.
Suga musste nicht mal hinsehen, um zu wissen, dass die roten Fäden um ihrer beide Arme zueinander gefunden hatten, zu einem einzigen wurden und seine Haut fühlte sich zu eng an für sein wild pochendes Herz, als Luca über seine Hand streichelte, sich dann zu ihm beugte und ihm einen Kuss auf die Wange hauchte.
Aus dem Instinkt heraus war er einen Millimeter zurückgewichen, stand dann aber still und starr da, wie ein Baum, auf den eine Lawine zuraste und ließ sie über sich einkrachen, ließ sich von dem prickelnden Gefühl von Lucas Lippen auf seiner Haut einnehmen.
Du gehörst zu mir, hatte er gesagt und Suga hatte so etwas noch nie von einer Person gehört, noch nie so viel Zuneigung und Wärme von einer einzigen Person geschenkt bekommen und er hatte das Gefühl er würde diese zarte, zerbrechliche Liebe mit seinen Händen zerquetschen, als würde sie sich bei der Berührung mit ihm schwarz färben und sterben.
Sterben. Genauso wie er.
Doch daran dachte er gerade nicht.
Min Suga war nicht gemacht für die ewige Liebe. Er hatte darüber in so vielen Büchern gelesen, davon in so vielen Songs gehört und er hatte nie daran geglaubt, dass es eine Person geben würde, die die Welt auf den Kopf stellen würde, die nur ein Lächeln brauchte, um jedweden dunklen Gedanken zu vertreiben, denn kein Mensch hatte die Macht so etwas zu tun. Kein Mensch, außer Luca Park.
Langsam ließ er seine Hand los und Suga hätte sie gerne festgehalten, hatte gar nicht gemerkt, dass sich seine langen Klavierfinger mit denen des Jüngeren halb verschränkt hatten und während er sich rückwärtsgehend von ihm entfernte und ihn dabei so bescheuert verliebt angrinste, fand Suga es plötzlich schwer zu atmen und es war lächerlich, weil kein Mensch hatte je so einen Effekt auf ihn gehabt und seltsamerweise...wollte er sich dagegen aber nicht wehren.
Es war als hätte Luca Park ein wenig von seiner inneren Sonne in ihm zurückgelassen, eine Kerze in der Dunkelheit angezündet und Suga schulterte seine Tasche neu, neigte den Kopf ein wenig und schüttelte den Kopf auf Lucas Versprechen, dass er ihn finden würde. Mit den knallblauen Haaren würde es ihm auch schwer fallen, sich zu verstecken.
„...du bist ein Idiot, Luca.“, sagte er schließlich und seinen Namen zu nennen war wie flüssige Schokolade zu schmecken und er fand es selbst seltsam schön ihn auszusprechen, wollte es wieder und wieder tun, als würden diese vier Buchstaben nun sein Lieblingswort bilden.
Er hatte nach Rosen gerochen, unschuldig und sanft und Suga wollte zu ihm aufholen, in diesem Geruch versinken, in diesem Gefühl von wohltuender Wärme versinken wie in einem heißen Bad und sein Herz pochte, pochte und pochte, als wollte es ihm sagen:
Hey, Suga, jetzt machen die ganzen blöden Lovesongs Sinn.

Luca konnte sich nicht konzentrieren, ganz gleich, wie oft er die Zeilen auf seinem Arbeitsblatt las, wie oft er mit dem Textmarker über die Stelle ging, die sie gerade behandelten. Er war in Gedanken woanders, bei ihm, bei Suga, und er konnte nicht aufhören, in seinem Kopf Sachen zu spinnen. Viele, viele Sachen, und natürlich hätte er Angst bekommen müssen, denn er hatte Krebs. Über seiner Hälfte, seinem eternal lover, lag ein Fluch, der ihn in den Tod reißen, und ihm entrissen werden sollte, und unter normalen Umständen hätte er viel eindringlicher darüber nachdenken müssen. Doch hatten die negativen Gedanken keine Chance, länger als wenige Sekunden die Oberhand seines Denkens zu erlangen, und dafür waren fünf einfache Worte Schuld.
Du bist ein Idiot, Luca.
Fünf Worte, fünf so kleine und unscheinbare Worte, die ihm ein, wie verrückt war das, kleines, verliebtes Lächeln entlockten.
Und er hätte schwören können, dass es sich nach einer versteckten, wenn auch komplett irrsinnigen und vielleicht viel zu weitgedachten, aber zukünftigen Liebeserklärung hätte anhören können.
Deswegen war es ihm unmöglich, zu lange in der trüben, dunklen Gedankenwelt zu schwimmen, in welcher Suga womöglich selbst total festzustecken schien. Immerhin hatte er den Kampf schon aufgegeben, so kam es Luca vor, sonst hätte er ihn nicht von sich gestoßen. Doch das zählte nicht, er wusste, dass er sich irgendwann eindringlicher damit beschäftigen müsste, er war ein Teil von ihm - und er konnte nicht aufhören, an diesen Teil zu denken und sich innerhalb weniger Minuten, Stunden, in ihn zu verlieben. Liebe auf den ersten Blick, wer hätte gedacht, dass es ihn so erwischen würde - hatte es ihn denn so schlimm erwischt?
Ein Blick auf sein Blatt gab ihm die Antwort. In blauer Neonschrift, nach dem er am Anfang der Stunde gedankenverloren für die Behandlung der Textstelle gegriffen hatte, in genau dieser Schrift stand sein Name geschrieben.
Min Suga.

Sein Herz machte einen kleinen Satz, als er die blauen Haare auf der Bank vor dem Eingang erkannte, wo er ihn noch vor zwei Stunden mit einem unschuldigen, hauchzarten Wangenkuss verabschiedet hatte. Er war gekommen.. alleine das bedeute ihn schon wahnsinnig viel, um nicht zu sagen alles, und er ließ seine Tasche langsam von der Schulter rutschen.
"Gefunden", scherzte er, als er sich etwas runtergebeugt hatte, um ihn mit geringem Abstand von hinten anzusprechen, bevor er sich mit einem breiten Grinsen vor ihn stellte. "Wollen wir irgendwohin, wo's.. ruhiger ist? In den Park vielleicht?", schlug er ihm vor und biss sich, etwas nervös, auf die Unterlippe. Der kleine Park hier um die Ecke bot wahnsinnig schöne Sitzplätze nahe des Flusses, Luca ging dort gerne joggen oder frische Luft schnappen, manchmal schrieb er dort auch an seiner Seminararbeit weiter oder kritzelte in seinem Notizbuch irgendwelche kleinen Doodles.
Auf dem Weg dorthin presste Luca seine Lippen leicht aufeinander, er hatte die ganze Zeit über irgendwie nicht aufhören können, zu lächeln, allmählich schmerzte es in seinen Wangen. Suga müsste ihn für verrückt halten, wer war so gut gelaunt, wenn man herausfand, dass sein Gegenpart an Krebs erkrankt war? Aber Luca.. Luca war noch nie erstranging auf Negatives fokussiert, und das ging mit der abrupten Zuneigung, die er, kaum, dass er ihn gesehen hatte, noch mehr zurück.

„Du setzt dich besser auf deinen Arsch, Jin."
Es war knapp zwei Stunden her, dass Suga, anstatt sich - wie eigentlich geplant - nachhause zu verziehen und die Unterlagen vom Doc durchzugehen, sich mit diesen Worten bei seinem besten Freund gemeldet hatte. Auch jetzt noch geisterten ihm die Worte des Älteren, gepaart mit denen, die Luca an ihn gerichtet hatte, im Kopf herum. Fate wants to make you fall in love with life, I think. You shouldn’t waste your time with being on your own. Be selfish, you might need it.
Jins Worte waren schon fast song-lyrics reif gewesen, aber eigentlich das genaue Gegenteil dessen, was Suga hatte hören wollen. Denn nachdem der Rotschopf in sein Seminar gegangen war und er alleine mit dieser Mappe voller schrecklicher Zukunftsvoraussagen und seinen eigenen Gedanken gewesen war, hatte ihn die Erkenntnis, was er da eigentlich gerade tat, ereilt.
Er würde ihn kaputt machen und Suga war sich sicher, dass es da keine andere Option, kein alternatives Happy End geben würde.
Jin hatte ihm gesagt, er würde ihn nicht loswerden, selbst wenn er es versuchen würde.
Und als Luca nach seinem Seminar zu ihm trat und ihn angrinste, war Suga sich sicher, dass er ihn nicht los werden wollte, wenn er auf sein dummes, schnell pochendes Herz hörte. Er hatte in den vergangenen zwei Stunden nach dem Telefonat mit Jin einfach nur dagesessen und gedankenverloren in sein Notebook gekritzelt, seine Gedanken aufgeschrieben, denn das tat er immer, wenn es in seinem Kopf zu verrückt wurde und Luca Park verwirrte nicht nur seine Gedanken, sondern so ziemlich alles andere auch.
Das schwarze, schon ziemlich mitgenommen aussehende Büchlein zuklappend stand er also auf, nickte auf Lucas Vorschlag jedoch nur und folgte ihm dann, vergrub die Hände in der Bauchtasche seines übergroßen Hoodies. Sie beide schwiegen auf dem Weg zum Park und Suga konnte die neugierigen Blicke, die ihnen dabei folgten, in seinem Nacken spüren.
Dass Min Suga, den man nur wegen seiner Haarfarbe und seinem Todesblick kannte mit jemandem wie Luca Park, Footballstar und Campusschwarm unterwegs war, schien den ganzen Campus dazu zu animieren, die Hälse nach ihnen zu recken und Suga rollte innerlich die Augen ins Jenseits, ließ den Umstand jedoch unkommentiert.
Als sie den Park erreicht hatten, wanderte sein Blick jedoch ganz automatisch zu dem Jüngeren hinüber, über dessen Gesicht hin und wieder der kleine Anzeichen eines Grinsens huschte und er hob eine Augenbraue an, bedachte den Rothaarigen mit einem leicht skeptischen Blick und verlangsamte seine Schritte dann, bis er ganz stehen blieb.
Nicht weit von ihnen plätscherte der Fluss leise vor sich hin und Suga hätte unter anderen Umständen sicher seinen bevorzugten Platz hinter den dichten Zweigen der großen Trauerweide am Ufer aufgesucht, doch er war hier mit Luca Park, seiner zweiten Hälfte, seinem vom Schicksal bestimmten Gegenpart und ein verdammt großer Teil von ihm wollte seine Hand nehmen, sie festhalten, doch er zwang sich zurück.
„Du hast schon gelesen...was auf dem Zettel stand oder?“, fragte er schließlich, denn er konnte das einfach nicht wegignorieren, genauso wenig wie Luca, der ihm einfach gesagt hätte, dass Suga jetzt zu ihm gehörte, einfach so, als wäre es das Selbstverständlichste der Welt, als würde es irgendwo Schwarz auf Weiß stehen, neben der fucking amerikanischen Unabhängigkeitserklärung im Museum hängen.
Aber so war es nicht. Ihre Zukunft hing an einem seidenen Faden und Suga wollte diesen Faden nicht durchschneiden, wollte es wirklich nicht...aber wie konnte er selbstsüchtig sein, wie konnte er nur an sich denken, wenn Luca fuck me Park ihn ansah als hätte er die Sonne verschluckt?

Man konnte es als naiv bezeichnen, dass Luca sich vielmehr darauf konzentrierte, seinen eternal lover gefunden zu haben, als die Fakten zu durchforsten. Vielleicht war es das auch, wenn Minho davon wüsste.. er konnte sich vorstellen, wie er reagieren würde. Deswegen entschied Luca, es - zumindest den gravierenden Teil - vorerst für sich zu behalten. Er würde mit niemandem drüber reden, solange er nicht.. selbst mit Suga drüber geredet hatte. Etwas in seinem Inneren sträubte sich ein wenig dagegen, sein Herz zog sich schmerzhaft zusammen bei dem Gedanken, was es mit ihm anstellen könnte. Luca war nicht dumm, er wusste genau, dass diese Sache nicht nur schöne Seiten für ihn bereit halten würde.
Komischerweise war er, obwohl er Suga nur oberflächlich kannte, sich sicher, dass er dieses Risiko eingehen wollte. Doch war das eine Sache von Teamwork.. richtig? Nur weil er es wollte, hieß es nicht, dass sein Gegenpart dazu bereit war - schließlich war er regelrecht vor ihm geflüchtet.
Wer gab ihm die Garantie, dass er es nicht noch ein zweites, drittes, viertes Mal probieren würde? Die Fäden an ihren Handgelenken? Das hatte ihn in der Bücherei nicht aufgehalten.. erst, als Luca seine Hand genommen hatte und-
Die Frage des Älteren unterbrach seinen Gedankengang, passte allerdings perfekt dazu, und er drehte sich halb zu ihm, da er stehen geblieben war. Lucas kleines Dauerlächeln verblasste ein wenig. Ja, hatte er, er hatte die Diagnose Schwarz auf Weiß vor sich gehabt, und daran ändern könnte er nichts - darin waren ihm die Hände gebunden. Etwas bedrückt senkte er den Blick, seine Hände vergruben sich in den Taschen seiner verwaschenen, hellblauen ripped Jeans und er kickte einen Kieselstein vor sich her.
"Erwartest du jetzt, dass ich dich deswegen stehen lasse und.. einfach weglaufe?" Oder mit anderen Worten, erwartete er, dass er ihn einfach so mir nichts dir nichts aufgeben würde? Langsam hob er den Blick wieder, sah Suga ins Gesicht, bevor seine Augen zu dem Fluss wanderten. "Da kennst du mich schlecht.. ich meine, du hast schon angemerkt, dass ich ein Idiot bin.. is'n Fakt, ja", führte er seinen Satz weiter aus, was in einem leisen Lachen mündete. Wenn er wirklich erwartete, dass er ihn einfach so gehen lassen würde, ohne ihn kennengelernt und überhaupt eine Chance auf das bekommen zu haben.. dann hatte er sich gewaltig geschnitten. Viele kannten ihn als Luca Park, der strahlende Stern im Footballhimmel, Mädchenschwarm und sogar Herzdame mancher Jungs - aber sie wussten nicht, wie es in seinem Inneren aussah.
Dass es Dinge gab, die er mit keinem anderem teilen konnte, als mit seinem eternal lover.
"99 more to go." Und damit meinte er nichts anderes, als die Fakten über ihn selbst. Wieder etwas schüchtern richtete er seinen Blick auf Suga, der Drang, ihn an seiner Hand zu nehmen und ihn wieder auf die Wange zu küssen, wusste er nur schwer zu unterdrücken. "Willst du.. ich meine.. ich will dich kennenlernen. Ich hab das Gefühl du denkst, dass.. dich diese eine Sache in allem ausmacht, oder in dem was du tust.. oder beginnst.. und.." Der Faden um sein Handgelenk kribbelte, automatisch fuhr er sich durch die knallrot gefärbten Haare, der absolute Kontrast zu Suga.
Sein Blick schweifte ein wenig zur Seite und er erblickte eine kleine Holzbank, auf welche er sich drüber schwang, sich auf die Kante der Banklehne saß und dabei seine Tasche auf seinen Schoß platzierte. Kurzerhand zog er ein relativ neues, weinrotes und unbeschriftetes Ringelbuch raus und fischte in den Tiefen seiner Tasche nach einem schwarzen Filzstift. Lucas Handschrift war einfach, aber recht schön, schließlich musste er sich ein Schriftbild angewohnt haben, das für seine zukünftigen Schützlinge leserlich war.
Auf dem Cover schrieb er facts about your other half und öffnete die erste Seite, guckte schließlich auf und begegnete dem Blick des Blauhaarigen. "Ich liste 100 Fakten über mich auf und wenn ich diese 100 Fakten voll hab.. dann, und nur dann, überlasse ich dir die Entscheidung, wie es mit uns weitergeht.. okay? Das gehört dann übrigens dir", erklärte er ihm und kritzelte bereits den ersten Punkt rein.
1. He's an idiot

„Mhh, tut der Rest doch auch.“ Ein schmales, verschmitztes Grinsen umspielte Sugas Mundwinkel, ließ seine Augen kurz auffunkeln, bevor sein selbstironisches Mienenspiel wieder von seinem Gesicht verschwand. Er wusste schon, dass er auf dem Campus so seinen Ruf weg hatte, vor allem in seinem Studiengang, wo er zwar auch ein Buch mit sieben Siegeln war, sich jedoch absolut keinen Scheiß sagen ließ - auch nicht von den Professoren und vermutlich mehr auf dem Kasten hatte als der Lehrstuhl zusammen.
Und ja, ein kleiner närrischer Teil von ihm hatte darauf gehofft, dass er Luca mit seinen harschen Worten so sehr von sich weggestoßen hätte, dass er sich selbst dafür zu schade wäre. Doch ein anderer Teil von ihm wusste, er hatte es nicht mal richtig versucht, ihn wegzuschubsen.
Hätte Suga das nämlich wirklich gewollt, hätte er Luca wortwörtlich zum Heulen bringen können, er konnte nämlich auch ziemlich erbarmungslos mit Worten sein und wusste genau, welche in einem großen Maß verletzten.
Er hatte es nicht einmal richtig versucht, ihn von sich wegzudrängen und Jins Worte tönten erneut in seinem Kopf. Be selfish. You might need it.
Er hatte nicht damit gerechnet, dass Luca so hartnäckig sein würde, dass er so versessen darauf war, ihn kennenzulernen und Suga wandte den Blick ab, fuhr sich mit der Zunge kurz über die Oberlippe, ein Tick, den er in manchen Situationen nicht unterdrücken konnte.
Seine Lippen standen noch etwas offen, er wollte eigentlich noch etwas sagen, wollte sich so viel von der Seele reden, Luca klarmachen, dass er ihm nichts zu geben hatte, doch der Rothaarige schien davon absolut nichts wissen zu wollen, schien bereit zu sein, sich in sein eigenes Verderben zu stürzen und das Wissen tat weh.
Suga wollte nicht, dass er irgendwann für sein Leiden verantwortlich war. Er hatte ihn beobachtet, manchmal, für wenige Sekunden, wenn Jin ihn notgedrungen zu seiner Clique gezerrt hatte, manchmal hatte sein Blick etwas zu lange auf dem quirligen Rothaarigen gehaftet und er hatte sich immer wieder gefragt, ob dieses offene, freundliche Lachen vollkommen echt war, ob es nicht doch etwas gab, was jemand so Beliebten und Herzensguten wie Luca Park auffrass.
Wortlos sah er ihm zu, wie er sich auf einer nahen Bank niederließ, in seiner Tasche kramte und dann anfing in das kleine dunkelrote Buch hineinzuschreiben, kam ihm dann unbewusst ein wenig näher, als wäre er eine Marionette und jemand Fremdes würde sich seiner Schritte bemächtigen, seinen Körper lenken, näher, näher zu ihm. Seine Krankheit machte ihn nicht aus, hatte er gesagt. Wieder so ein Satz, der so einfach daher gesagt war, aber nach dem es sich nicht so leicht leben ließ. Andererseits war er immer ein Kämpfer gewesen, hatte sich durch jedwede Scheiße durchgeboxt.
Es war nicht seine Art, plötzlich des Lebens so überdrüssig und müde zu werden. Eigentlich. Und Luca schien Feuer und Flamme dafür zu sein, ihn bis auf den Grund seiner pechschwarzen Seele zu erforschen, alles über ihn herauszufinden...und Suga hätte es dem Jüngeren eigentlich gerne erspart.
Schließlich saß er - zwar nicht auf der Lehne, sondern auf der Sitzfläche - neben dem Jüngeren, schob sich nebenbei eine Kippe in den Mund und entzündete den Stängel. Er würde seinen Zigarettenkonsum in der nächsten Zeit für die Behandlung runterschrauben müssen, das hatte ihm sein Arzt schon ans Herz gelegt. Doch bis dahin würde Suga weiterrauchen wie ein Schlot, zu dem Tumor in seinem Gehirn vielleicht noch fett Lungenkrebs riskieren. Wäre doch eine Ironie.
Den Glimmstängel im Mundwinkel hob er den Kopf, als Luca ihm das Büchlein hinhielt, verstand mit dem Blick auf die erste Seite auch jetzt was er mit 99 more to go gemeint hatte und ein ehrliches, amüsiertes Grinsen formte sich um seine Zigarette, bevor er daran zog und den Dunst durch die Nase ausstieß, dann wieder zu Luca aufsah.
„Second: He's sappy as fuck."

Selbstironie wandte Luca nicht an, gehörte nicht wirklich zu seinem Wortschatz und damit stellte sich ein weiterer Unterschied zwischen den Beiden heraus. Nichts schlechtes, nein - ihm war, mehr oder weniger bereits durch ihre kleine Bekanntschaft durch Jin, klar geworden, dass es sich bei ihnen um Gegensätze handelte, nicht nur, was ihre Haarfarbe oder ihre Statur anging. Der Spruch Gegensätze ziehen sich an schien sich hiermit allerdings verdammt zu befürworten; Luca konnte diese Hingezogenheit ziemlich stark nachvollziehen.
Insbesondere bei dem verschmitzen Grinsen, das ihm der Blauhaarige zusandte. Seine Nackenhaare stellten sich bei dem Anblick diess schmalen Lächelns ein wenig auf, verleiteten ihn ebenfalls dazu zu lächeln, den Blick leicht zu senken. Suga hatte eine massive Wirkung auf ihn, jetzt schon, und natürlich lag das an den Fäden, aber auch an ihn selbst. An ihn und seiner Ausstrahlung, die ihn von Anderen unterschied und für Luca umso besonderer machte - bereits vorher, bevor sie vom Schicksal zusammengeführt wurden.
Dass er sich auf der Bank niederließ entlockte dem Rotschopf ein feines, fast schon triumphierendes in-sich-hinein-Lächeln, während er den ersten Punkt ins Büchlein reinschrieb. Diese Idee war ihm spontan gekommen und er hoffte darauf, dass sie Suga irgendwie.. doch gefallen würde. Er hob den Blick und guckte dem Blauhaarigen ins Gesicht, zur Kippe, ging weiter zu seinen langen Fingern, zurück zu der Kippe und seinen Lippen. He's sappy as fuck, hatte er von seinen Lippen lesen können, der Klang seiner Stimme erreichte ihn nicht wirklich - dafür war er zu tief in Gedanken versunken.
Unfassbar, wie sehr er ihn küssen wollte.. schnell, ohne dass es zu auffällig wirkte, wanderten seine Augen zurück zur aufgeschlagenen Seite und er kritzelte, leise, fast schon geräuschlos, vor sich hinlachend den zweiten Punkt hinein. Daran gab es absolut nichts auszusetzen, ja, er war kitschig - verdammt kitschig, hoffnungslos romantisch.
"Wie lange rauchst du schon?", fragte er schließlich und pustete sich die losen, einzelnen Strähnen von der Stirn. Er klang nicht verurteilend oder dergleichen, es war eine Frage, die er sich einfach gestellt hatte, und mit jedem Punkt, den er abklapperte, lernte er auch ihn besser kennen. Mal davon abgesehen war er selbst nicht gerade das Unschuldslamm, vielleicht nicht was Zigaretten anging, doch Jins Weedgeruch wehte ab und zu etwas zu stark zu ihm rüber und roch verlockend.
Und während Suga sprach, selbst wenn es nicht immer viel war, verlor sich Luca wieder in seinen schmalen Augen, in den Konturen seines Gesichts, den Lippen, und.. starrte. Lange, irgendwie verträumt, eine sanfte, einsame Seele, die da in ihm schlummerte und sich an den Blauhaarigen festkrallte. Er gab ihm die Chance, ihn kennenzulernen, und Luca würde nicht sofort annehmen, dass sie.. zusammen waren. Theoretisch, und praktisch, und.. ganz offensichtlich waren sie das eigentlich, aber.. He's sappy as fuck, richtig?
"Do you.. want to go on a date with me? "

„Mhh...sechs, sieben Jahre. Zu lange. Hatte zwischendurch ne Pause, musste Geld sparen für’s College.“ Suga wusste es schon selbst gar nicht mehr wann er regelmäßig angefangen hatte, sein Geld in Zigaretten zu stecken, Fakt war aber, dass er bevor sein Alter zweistellig gewesen war, seine erste schon aufgeraucht hatte. „But y’know, bad habits.", schob er hintendran und zuckte ein wenig teilnahmslos die Schultern, mittlerweile rauchte er schon viel mehr aus Gewohnheit und weil er sich davon einbildete, den Kopf freizukriegen.
Aber der konstante Geschmack von Nikotin auf seiner Zunge war einfach etwas, das zu ihm gehörte, genauso wie die gebleichten Haare, der gelangweilte Blick, seine leicht undeutliche, akzentschwere Art zu reden und das abgeblätterte Notizbuch, das er überall mit sich herumschleppte.
Er hatte kurz zu Luca herüber gesehen, zugesehen, wie er den zweiten Punkt hineingeschrieben hatte, dabei unwillkürlich die Konturen seines Gesichts abgetastet, das scharfe Kinn, die süße Nase und die vollen Lippen, die ein feines Lächeln geformt hatten.
Es war fast unfair, wie sehr Suga dieser vollkommen normale, nicht außergewöhnliche Anblick gefesselt hatte, so sehr, dass er einen Moment gebraucht hatte, um auf Lucas Frage zu antworten.
„Schreibst du das jetzt auch in ein Büchlein rein?“, fragte er schließlich und klang dabei fast belustigt, zwar auf eine trockene - für ihn typische Art und Weise - doch trotzdem so amüsiert, dass es ihm wieder ein halbseitiges Grinsen ins Gesicht trieb, bevor er ihm die Kippe hinhielt, fragend eine Augenbraue anhob.
„Oder stehst du eher auf Seokjins sagenumwobene Joints?"
Der Sarkasmus war nur zu deutlich in seiner Stimme zu hören und der Blauhaarige schüttelte sich kurz die zu langen Strähnen aus der Stirn, bevor er sich gegen die Bank in seinem Rücken lehnte und einen Knöchel über sein Knie stützte.
„In our first year of college, we got ourselves high and Namjoon wrote an entire rap about Jin’s ass and actually performed it. But don’t tell Jin, that I told you. He swears until today that it wasn't the fault of his joints. I beg to differ, tho."
Es waren nur vier Sätze, doch als Suga geendet hatte, bemerkte er erst, wie seltsam und untypisch es für ihn war, so viel auf einmal von sich aus zu erzählen. Automatisch verfiel er wieder in Schweigen, vertiefte sich ins Rauchen, grinste nur wieder minimal auf Lucas Reaktion, bevor sie beide in Stille verfielen und als Suga zu ihm aufsah und ihre Augen einander trafen, erstarb was auch immer er hatte sagen wollen, direkt auf seinen Lippen.
Er sollte aufhören ihn so anzusehen, ihn diesem verträumten Blick auszusetzen, der ihm das Atmen schwer machte und Suga war schon kurz davor, den Kopf wieder wegzudrehen, als er die Frage des Rothaarigen hörte und seine Augenbrauen sich ein wenig in die Höhe hoben.
„A date?“, wiederholte er und es klang fast ein wenig spöttisch aus seinem Mund, so als würde er es für vollkommen lächerlich halten, dass Luca ihn wirklich danach gefragt hatte. Doch er hatte sich nicht getäuscht und Suga neigte leicht den Kopf, führte die glimmende Zigarette wieder an seine Lippen, hatte eine Antwort auf seine Frage gefunden, ohne groß darüber nachzudenken.
„You pay."

~ * ~

Seufzend fuhr der Blauhaarige sich über die Schläfen, schloss für einen kurzen Moment die Augen, bevor er sich in seinem großen, schwarzen Drehstuhl, in dem er mit angezogenen Beinen saß, zurückfallen ließ, verstimmt auf seinen Bildschirm starrte, als würde sich seine Blockade oder was auch immer ihn am Weiterarbeiten hinderte, durch seinen bloßen Todesblick lösen.
Schließlich richtete er sich wieder auf, blieb jedoch in seiner zusammengemummelten, eingeigelten Position sitzen und schob sich einen der fetten Kopfhörer, die er trug, wieder über sein gepierctes Ohr, startete den Track nochmal von vorne. Konzentriert lag sein Blick auf dem Screen, während er versuchte sich zu fokussieren, seine tätowierten Finger tippten in regelmäßigen Abständen auf der Tastatur, doch es brachte nicht wirklich etwas.
Und er wusste den Grund dafür auch. Es war Samstagabend, es ging auf 8 Uhr zu und Luca würde in wenigen Minuten vor der Tür zu seinem Studio stehen, um ihn abzuholen. Doch Suga wollte eigentlich ungerne gehen, bevor er den Track hier nicht zu seiner Zufriedenheit überarbeitet hatte, er ließ unfertige Arbeit, von der er wusste, er würde sie noch korrigieren können, nicht gerne bis zum nächsten Tag liegen.
Doch seine Gedanken lagen blank, drehten sich nur um eins.
Die Tatsache, dass Luca fuck me Park ihn auf ein Date eingeladen hatte.

Die paar Tage bis zu ihrem Date hatte Luca kaum richtig schlafen können. Immerzu dachte er an Sugas Worte, von vor ein paar Tagen, der Tatsache, dass er sich ihm irgendwie so ein bisschen, was er sich rausnahm zu behaupten, öffnete, dass sie trotz ihrer verschiedenen Persönlichkeit interagierten und.. harmonierten. Ja, sie harmonierten auf eine einzigartige und selten zu findenden Weise, obwohl sie sich erst seit Mittwoch als eternal lovers neu kennengelernt hatten, neu aufeinander getroffen war; und Luca hatte schon das Gefühl, er wäre head over heels für den Älteren. Verdammt head over heels, für alles, was er tat, sagte, von sich oder anderen preisgab. Und das war erst der Anfang.
Bis zum Samstag hatten sie sich in Pausen, in der Cafeteria oder sonst wo getroffen, ihre Faktenlisten nahmen ebenfalls an neuen Punkten zu. Seitdem Luca auch Suga eine angelegt hatte, entwickelte sich eine Art Spiel darauf. Eine Kombi zwischen Rate- und Kennenlernspiel, und es brachte sie näher. Sowohl physisch, als auch emotional.. und das innerhalb weniger Tage.
Der Tag ihres Dates stand schließlich, endlich, vor der Tür. Nach dem Footballtraining ließ er auch Minho so am Rand wissen, dass er seinen eternal lover gefunden hatte, bevor er in die Duschen verschwunden und sich schnell auf den Weg zurück in seine und Hoseoks WG begeben hatte. Zwar hatte er noch zwei Stunden Zeit, doch überkam ihm langsam dieses flaue, flattrige Gefühl in seiner Magengegend, dieses.. Kribbeln, diese.. Schmetterlinge im Bauch.
Für sämtliche Verpflegug hatte er reichlich gesorgt, wie versprochen alles bezahlt, schlüpfte in schwarze skinny Jeans und einem schwarz-weiß gestreiften, etwas oversized T-Shirt und setzte sich noch eine schwarze Beanie auf. Beanies waren neben den roten Haaren, dem Sonnenscheinlächeln und seinen kleinen Händen, die er nicht gerne sah, sein Markenzeichen, so auch für ihr erstes Date.
Erstes Date. Schnell schnappte er sich noch eine große Kuscheldecke, schwang sich die Tasche mit dem Proviant fürs Autokino, das weiter hinter dem Campusgelände veranstaltet wurde, über die Schulter und verließ mit den Autoschlüsseln am Zeigefinger die WG. Keine fünf Minuten später stand er vor dem Tonstudio des Älteren, vollbepackt und ready zum Abholen; im Nachhinein wünschte er sich, er hätte das Zeug zuerst in seinem Auto abgeladen, bevor er ihn abgeholt hätte. Doch kaum, dass die Türe aufging, strahlte er dem Blauhaarigen entgegen.
"Lieferservice, einmal 1. Date zum Mitnehmen!", kündigte er niedlich grinsend an, verlor sich innerhalb weniger Sekunden in den Augen seines Gegenübers. "Bist du soweit?"
Das Zeug hinten auf der Rückbank verstaut, öffnete Luca seinem eternal lover, gentlemanlike, die Beifahrertür und schwang sich auf der anderen Seite seines schwarzen Ford Mustang Oldtimers - ja, er hatte ein faible für Vintage Elemente - durch das Autofenster. "Die Tür klemmt.. manchmal.. ziemlich oft.. lange Geschichte", rechtfertigte er seinen Auftritt, als er im Sitz landete, und steckte den Zündschlüssel rein. Augenblicklich ging auch das Radio an, es war alt - wie gesagt, 'n faible - und er lächelte in den Rückspiegel, als er aus dem Parkplatz rausfuhr. Das würde das nächste sein, was er in das Ringelbuch reinschreiben müsste: Die Erkenntnis, dass er doch ziemlich nostalgisch sein konnte.