Irgendwann, nach einer gefühlten Ewigkeit, schien endlich keine Luft mehr zum schreien da zu sein. Das machte es aber nicht unbedingt besser, denn jetzt lag sie einfach keuchend da, während die Tränen immer noch über ihr Gesicht liefen. Etwas in ihr krampfte sich zusammen und Cressida begriff, dass es ihre Lungen sein mussten, weil sie immer noch keine Luft bekam, jeder Atemzug schwerer wurde und ihr schwindlig war. Es war mehr ein Reflex, dass sie genau deswegen aus ihrem Bett rollte und sich irgendwie nach oben drückte. Einerseits war es noch der Fluchtinstinkt aus ihrem Traum, der sie immer noch gefangen hielt, andererseits wusste ihr Körper, dass sie klar werden würde und ihr Kreislauf wieder nach oben kommen musste. Und er wusste instinktiv, dass er Hilfe brauchte. Hilfe, die Cressida sonst nie gefordert oder angenommen hätte. Ihre Beine übernahmen, als sie halbwegs sicher stand und ihre Arme sorgten dafür, dass sie nicht weg rutschte, als sie sich zur Türe arbeitete, sie öffnete, weiter lief und dann ganz plötzlich vor Gales Türe stand. Die Schnappatmung hatte mittlerweile aufgehört, aber noch immer hatte sie das Gefühl nicht genug Luft zu bekommen. Trotzdem wurde sie klarer, als sie bemerkte, dass ihre Hand auf der Klinke hielt.
Bis jetzt hatte sie sein Zimmer noch nicht ein mal betreten und eigentlich war das gut so, denn Cressida hatte noch nie irgendjemanden wirklich an sich heran gelassen. Messalla hatte mehr über sie gewusst als andere und ab und zu hatte sie ihn um Rat gefragt, aber mehr gab sie nicht von sich und bei Gale hatte sie die gleiche harte Grenze gezogen, genauso wie er bei ihr. Es war unbewusst passiert, ohne, dass sie jeh darüber gesprochen hätten, aber diese Grenzen waren so klar, wie der Himmel in dieser Nacht.
Und jetzt durchbrach sie die Grenze, weil sie nach diesem Traum nicht mehr konnte und weil sie wusste, dass Gale ihr helfen würde. Für einen Moment fühlte sie sich schmutzig und selbstsüchtig, dann hatte sie die Türe geöffnet und stand in seinem Zimmer. Weinend, schwer atmend und ohne, dass sie wusste, was sie sagen sollte. "Ich bin selbst dran schuld.", brachte sie irgendwann hervor und es fühlte sich mehr so an, als würde sie ihren Traum nach plappern, aber dieser Traum wäre nicht so entstanden, wenn sie es nicht schon vorher gedacht hätte.

Leise seufzend schüttelte Gale den Kopf, während er mit dem Zeigefinger kleine Kreise über die rauen Seiten des Buches in seiner Hand malte. Selbst zum Lesen hatte er jetzt gerade nicht den Nerv. Der Raum füllte sich langsam mit der frischen Nachtluft, die Gales Lungen wohltuend ausfüllte und ihn irgendwie beruhigte. Seine Atmung wurde ein wenig sanfter und langsamer. Zwar war er nicht gänzlich entspannt, jedoch ließ die grundsätzliche Anspannung, mit der er seine Tage verbrachte, wenigstens ein bisschen nach. Manchmal konnte er es noch immer nicht fassen, dass er in Sicherheit war, dass ihm nichts passieren würde. Irgendwie war er noch immer misstrauisch, so als würde in nur wenigen Stunden schon die nächste Grausamkeit auf ihn warten, um ihm wieder alles zu nehmen. Alles war in diesem Fall nicht besonders viel, denn außer sich selbst hatte er nicht mehr besonders viel. Außer ihm bildete die einzige Konstante in seinem Leben Cressida.
Gale hob ruckartig den Kopf, als er draußen vor der Tür Geräusche vernahm. Es war irrational, das wusste er, aber dennoch war ihm kurz der Schreck in die Glieder gefahren. Er hasste unerwartete, plötzliche Geräusche wie die Pest. Jeder einzelne Muskel in seinem Körper spannte sich an und er wollte gerade aufstehen, um nachzusehen, ob alles in Ordnung war, als plötzlich die Tür aufging und Cressida in seinem Zimmer stand. Genau in diesem Moment realisierte er, dass ihre Schreie tatsächlich aufgehört hatten. Überrascht blickte er sie an. Sie hatte sein Zimmer noch nie betreten, weshalb sie in dieser Umgebung unheimlich seltsam wirkte. Gale hatte in seinem Zimmer nur weniges verändert. Das meiste war so, wie er es vorgefunden hatte. Er hatte nur wenige persönliche Gegenstände mitgebracht, weshalb es auch nur sehr wenige Hinweise darauf gab, was für ein Mensch hier wohnte, worüber er jetzt gerade irgendwie froh war.
Gerade wollte er etwas sagen, als er die Tränen auf ihrem Gesicht entdeckte und sie selbst das Wort ergriff. Noch immer unfassbar perplex blickte er sie an, dann klappte er das Buch in seinen Händen zu und legte es zur Seite. Er rutschte vor, bis er auf seiner Bettkante saß, widerstand jedoch dem Drang, aufzustehen und zu ihr zu gehen, sie vielleicht sogar zu umarmen. Stattdessen blickte er sie aus seinen schiefergrauen Augen einfach nur traurig an. "Woran?", fragte er dann leise und so sanft, als könnte sie sonst unter der Last seiner Worte zusammenbrechen. Er hatte sie noch nie so gesehen und ihr Anblick jagte ihm sowohl Angst, als auch Schmerz durch den Körper. Sie hatten es tatsächlich geschafft. Sie hatten sie klein gekriegt. Cressida Redford war gebrochen.

Cressida nahm weder den Raum, noch Gale richtig war. Ihr fiel nur auf, dass in seinem Zimmer sogar mehr war als bei ihr. Sie hatte nur einen Computer für die Bearbeitungssoftware ihrer Filme und im Nachtschränkchen lag ein Medaillon mit einem Bild ihrer Eltern und einem Bild von Messalla, Castor und Pollux. Sie trug es immer bei sich, aber sie sah es sich nie an. Es war einfach nur bei ihr und sie würde sich um nichts auf der Welt davon trennen. Das einzig wirklich persönliche in ihrem Zimmer war vermutlich ihr Notizbuch, in dem all ihre Ideen standen. Nicht nur die für die Propos, sondern auch welche, die ihr früher einfach so gekommen waren. Seit sie allerdings aus dem Kapitol hier her gekommen war standen dort nur noch ein paar knappe Sachen für Gale und jetzt die Ideen für etwas neues. Selbst das hatte sie irgendwie verloren. So wie alles andere, dass ihr leben einmal ausgemacht hatte.
Dafür war Gale eingetreten und jetzt stand sie tatsächlich in seinem Zimmer, was sich schrecklich fremd anfühlte. Als dürfte sie hier nicht sein. Als wäre sie nicht willkommen, aber vielleicht lag das auch einfach an der kühlen Luft, die ins Zimmer strömte. Und daran, dass Gale zuerst so angespannt gewirkt hatte.
Nach ihren Worten veränderte sich das aber fast sofort und er rutschte an die Bettkante. Sie wusste auch nicht, wie sie reagiert hätte, wenn er direkt zu ihr gekommen wäre. Vielleicht wäre sie wieder geflüchtet, vielleicht hätte sie sich einfach an ihn gekuschelt. Es war egal, was es war, im Moment war es einfach besser so.
Auch seine sanfte Stimme war besser, als wenn er normal geredet hätte, weil sie es so nicht ganz realisierte und sich nicht einfach wieder zurück zog.
"An allem. An Castor, an Pollux, an Messalla, an Finnick. Fast wäre ich sogar an deinem Tod Schuld gewesen nur, weil ich Katniss unterstützt habe. Weil ich dachte, dass das ein guter Plan ist und dass wir endlich etwas tun müssen. Hätte ich sie nicht unterstützt, wären wir gar nicht in diese Situation gekommen und sie würden noch leben. Es war so dumm von mir, aber ich konnte nicht anders. Ich wusste, dass niemand es glauben würde, aber wenn ich es so sagen würde, dann würden sie trotzdem folgen. Alle. Dabei habe ich am Ende nur dafür gesorgt, dass Pollux zurück in die Kanäle musste und diesmal nicht nur seine Zunge und seine Würde verlor, sondern auch noch seinen Bruder. Und Finnick ist da auch gestorben, weshalb Annie jetzt alleine und schwanger zu Hause sitzt. Verstehst du nicht? Das alles ist meine Schuld. Und wären die Bomben nicht hochgegangen oder Katniss getan, was sie versprochen hat, dann wäre ich auch Schuld an deinem Tod."

Noch immer hatte Gale den Blick nicht von Cressida genommen. Ihr Anblick machte ihn einfach nur unfassbar traurig und erinnerte ihn gleichzeitig wieder daran, warum er schon immer einen solchen Hass auf das Kapitol und die Regierung gehabt hatte. Er wollte nicht einmal wissen, wie vielen Menschen in Panem es jetzt gerade genauso erging wie der Regisseurin. Gerade sie verdiente das nicht. Er selbst? Irgendwo schon, jedenfalls begann er immer mehr damit, das zu glauben. Aber Cressida hatte rein gar nichts falsch gemacht. Ganz im Gegenteil. Außerdem war sie schon immer so unheimlich stark gewesen und sie war viel zu jung, um bereits so kaputt zu sein.
Anfangs hatte sie in der Umgebung seines Zimmers wie ein Fremdkörper gewirkt, aber jetzt gewann sie einfach nur immer mehr an Menschlichkeit. Ihre ganze Körperhaltung zeigte, wie lange sie diese gesamte Last schon mit sich herumtrug. Er deutete diesen Ausbruch nicht als Zeichen der Schwäche, dazu wusste er zu gut, wie es war, dieser Belastung permanent ausgesetzt zu sein. Irgendwie war das nur der Beweis dafür, wie lange sie einfach schon unfassbar stark gewesen war. Ihre Worte prasselten auf ihn ein wie Platzregen und nachdem sie geendet hatte, brauchte er einen Moment, um sich wieder zu fangen. "Cressida", sagte er ein wenig außer Atem, jedoch ziemlich ruhig, "All diese Dinge sind nicht deine Schuld. Das waren die Schweine, die uns allen jahrelang grausame Dinge angetan haben. Das waren Snow und sein Gefolge. Und wenn du wirklich glaubst, dass Katniss zu folgen ein Fehler war, dann stellst du damit deine eigenen Prinzipien und Ideale in Frage. Du hast so viel für uns alle getan, für ganz Panem, für die Revolution und dafür, dass sich alles bessert. Kannst du da wirklich denken, dass das ein Fehler war? Dass deine Freunde tot sind oder dass Finnicks Kind ohne Vater aufwächst, ist nicht dein vergehen, das haben sie uns angetan. Und was mich betrifft - ich bin doch hier. Ich stehe vor dir, ich bin nicht tot, also warum machst du dich damit verrückt, was hätte passierren können?" Während er gesprochen hatte, war er aufgestanden und langsam zu ihr hinüber gegangen. Jetzt blickte er ihr voller Entsetzen und Mitgefühl in die Augen und zog sie schließlich in eine feste Umarmung.

All seine Worte schienen einfach auf sie niederzuprasseln, aber gleichzeitig lösten sie ganz langsam etwas in ihr, dass sich wie ein Knoten um ihr Herz gelegt hatte, denn tief in sich drin wusste sie auch, dass er Recht hatte. Sie hatte nicht anders handeln können. So war sie eben und vermutlich würde sie es wieder tun, würde ihr eigenes Leben und das anderer für viele andere aufs Spiel stellen und für einen Moment erkannte sie, dass, obwohl sie keine Soldatin war, Gale genauso gedacht haben musste, als er all das getan hatte. "ich kann einfach nicht aufhören daran zu denken.", gab sie schluchzend zu und wusste selber nicht genau, ob sie jetzt meinte, dass sie Schuld war oder was mit Gale hätte passieren können. Irgendwie war es beides und irgendwie schmerzte beides gleich, weil Gale nach allem zu ihrem Vertrauten geworden war und sie nicht wüsste, was sie sonst jetzt machen würde. Vermutlich war es diese Erkenntnis die dafür sorgte, dass sie sich, begleitet von einem erstickten Schluchzen, einfach in Gales Arme fallen ließ, die Hände auf seinen Rücken legte und das Gesicht an seiner Brust vergrub. Er hatte recht. Er hatte so recht, aber deshalb verschwanden ihre Gedanken nicht einfach. Hätte sie nicht dieses Mal auch ein wenig selbstsüchtig sein dürfen? Hätte sie nicht wenigstens ihr Team aus der Gefahrenzone bringen können? Bei ihr selber war es doch egal, aber bei den anderen nicht. Sie hatte das Gefühl für sie entschieden zu haben und obwohl Messallas Blick sie damals unterstützt hatte, konnte sie nur an seinen Blick denken, als er gestorben war. Sie hatten ihn gar nicht all zu lange gesehen, aber es hatte gereicht, um ihr solche Alpträume wie in dieser Nacht zu bescheren.
Sie fühlte, dass immer noch Tränen über ihre Wangen liefen, merkte aber gleichzeitig, dass sie langsam freier atmen konnte und dass das Schluchzen wieder aufhörte. Sie hatte es nie geglaubt, aber anscheinend half es doch, wenn man mal alles raus ließ. Sie hasste es sich so zu zeigen, Schwäche zu zugeben, aber seltsamerweise hatten gerade Gales Worte etwas richtig gerückt. Man vergaß so etwas nicht von heut auf morgen, aber es war leichter ein Gegenargument zu finden. "Tut mir leid.", murmelte sie an seine Haut, war im Moment aber merkwürdigerweise noch nicht bereit sich zu lösen. Nicht, so lange Gale sie noch so festhielt.

Eine Weile lang blieb Gale einfach stumm, hielt sie fest und lauschte ihren leisen Schluchzern. Er bettete sein Kinn auf ihrem Kopf und strich ihr leicht über das blonde Haar, das ihm plötzlich kürzer vorkam, als eben beim Essen noch. Man erwartete es nicht von einem großen, breitgebauten und ernstwirkenden Soldaten wie Gale, aber er wusste, wie man Leuten Trost spendete. Nicht umsonst hatte er drei Geschwister mit großgezogen. Das Schlimmste war jedoch immer gewesen, seine Mutter weinen zu sehen, denn es hatte ihm jedes Mal auf's Neue das Herz gebrochen. Im Grunde waren Hazelle und Cressida sich nicht einmal so unähnlich. Gale jedenfalls sah in Cressida dieselbe Stärke, die er sonst lediglich bei seiner Mutter gesehen hatte. Sicher, er kannte eine Menge starker Leute, Katniss inbegriffen, aber irgendwie waren das verschiedene Arten von Stärke. Und wenn er dann spät Abends, nachdem auch endlich Posey ihm geglaubt hatte, dass niemand ihr etwas tun wollte und eingeschlafen war, in die Küche kam und die bebenden Schultern seiner Mutter erblickte, war das jedes Mal, als würde seine Welt erschüttert werden. Aber irgendwann kam jeder einmal an die Grenzen seiner Kräfte und genau dieser Punkt war bei Cressida nun einmal jetzt erreicht worden. "Ich weiß", sagte er leise und schloss kurz die Augen. Er konnte viel zu gut nachempfinden, wie sie sich fühlte. "Das muss dir nicht leid tun", gab er ihr dann zur Antwort, denn das musste es wirklich nicht. Manchmal wünschte er sich, dass auch er einfach einmal zusammenbrechen konnte, aber irgendwas in seinem Inneren hielt ihn davon ab. Irgendwas hielt ihn aufrecht, sorgte dafür, dass er noch jeden Morgen aufstehen und seinen Aufgaben nachgehen konnte und wenn er ganz ehrlich zu sich selbst war, dann tat Cressida einen sehr großen Teil dazu. "Glaub mir, du bist nicht die einzige mit Schuldgefühlen", sagte er schließlich in die Stille hinein. Er wollte, dass sie sich verstanden fühlte, denn das verdiente sie definitiv. Er hätte es ungern gesehen, wenn sie sich jetzt wieder zurückzog und sich dafür schämte, sich ihm anvertraut zu haben, denn dafür gab es seiner Meinung nach absolut keinen Grund.

Jetzt wo sie wieder klarer dachte und merkte, was sie hier gerade alles gesagt hatte und wie viel sie eigentlich von sich gezeigt hatte, war sie ganz kurz versucht, sich wirklich wieder zurück zu ziehen. Gerade vor Gale hatte sie es eigentlich nicht zeigen sollen, weil sie dafür schlichtweg zu stolz war und weil er ab und zu der Grund für diesen Stolz gewesen war, aber ihr wurde hier auch klar, dass sie das bei ihm nicht nötig hatte. Er wusste es sowieso. Er hatte nur nicht gewusst, wie es wirklich aussah und jetzt wo er es wusste... verurteilte er sie nicht dafür. Nicht im geringsten. Stattdessen hielt er sie weiter fest und sagte etwas, dass ihr über ihn fast genauso viel offenbarte, obwohl er nur halb so viel sagte. Das musste er auch gar nicht, denn Cressida wusste wovon er redete und alleine dieser Gedanke sorgte dafür, dass sie dort stehen blieb, wo sie war und ihn weiter festhielt. "Daran bist du nicht Schuld.", sagte sie einfach und löste sich dann soweit, dass sie ihm in die Augen sehen konnte. Jetzt merkte man auch, dass sie wieder zurück war, denn obwohl noch Tränen über ihre Wangen liefen, kamen keine neuen mehr nach. Ihr Blick war ernst, verständnisvoll und man sah noch das Echo ihres eigenen Schmerzes, denn wenn man diesen erst einmal zeigte, dann konnte man ihn nicht mehr zurück nehmen. "Erstens gibt es keine Pläne für diese Bomben, ich hab nachgesehen, zweitens warst du nach der ersten Idee in diese Richtung nur noch am Trainieren oder auf irgendwelchen Missionen und meistens habe ich dich dabei gefilmt und drittens: Als die Bomben niedergingen warst du in den Fängen der Friedenswächter. Du bist an nichts Schuld und es ist nicht mal bewiesen, dass es von uns kam.", stellte Cressida fest, stellte aber gleichzeitig außer Frage, dass das Zeichen des Kapitols ein Fake sein könnte. Ihrer Beweiskette tat das sowieso keinen Abbruch und sie wunderte sich kurz darüber, dass ihm das noch nicht klar geworden war, bevor ihr auffiel, dass ihm das vielleicht so oder so noch niemand gesagt hatte, weshalb sie ihn jetzt einfach nochmal fest umarmte. "Ich weiß, dass du es niemals geschafft hättest Kinder umzubringen und alleine deine Schuldgefühle beweisen das.", sagte sie leise, während sie bemerkte, dass seine Schuldgefühle davon zeugten, dass er nie einen Fehler gemacht hatte und ihre davon zeugten, das sie selbst dachte, dass sie einen viel zu großen Fehler gemacht hatte. Dieser Krieg hatte bei ihnen tiefe Spuren hinterlassen. Tiefer, als man im ersten Moment glauben mochte.

Gale seufzte leise. Er strich ihr noch ein paar Mal über das Haar und ließ den Moment verstreichen, ohne etwas zu sagen. Irgendwie erinnerte diese ganze Situation ihn an Katniss, auch wenn Cressida und sie so unheimlich unterschiedlich waren. Katniss war anfangs auch ohne großartige Vorwarnung in sein Leben getreten, war dann ein Teil davon geworden und hatte sich irgendwann in sein Herz geschlichen. Auch sie hatte eine Weile gebraucht, sich aber irgendwann plötzlich vor ihm geöffnet, ohne dass er wirklich den Moment mitbekommen hatte, in dem sie endgültig das Vertrauen zu ihm gefasst hatte.
Cressidas warmer Atem verursachte auf seiner nackten Haut eine leichte Gänsehaut, da er einen so starken Kontrast zu der Nachtluft bildete, die noch immer durch das Fenster hereinströmte. Als sie sich von ihm löste, hielt er ihrem Blick stand und lauschte ihren Worten, ohne sie einmal zu unterbrechen.
Ein trauriges, unehrliches Lächeln stahl sich auf seine Gesichtszüge. Ihre Worte hatten zwar irgendwo gutgetan, ihm gleichzeitig jedoch auch wieder einen stechenden Schmerz in die Brust gejagt, weil ihm wieder einmal vor Augen geführt worden war, dass bei dem Bombenangriff Kinder die Opfer gewesen waren. "Ich wünschte, dass ich das auch so sehen könnte", sagte er dann leise und zuckte mit den Schultern. "Es stimmt zwar, dass ich die Bomben nie gezielt entworfen oder aber den Befehl dazu gegeben habe, aber die ausschlaggebende Idee kam von mir. Ohne mich wäre da überhaupt niemand drauf gekommen und wenn ich die Idee nicht geteilt hätte, dann wären Prim und all die anderen Kinder jetzt noch am Leben. Ich weiß das, Katniss weiß das und alle anderen vermutlich auch. Ich will gar nicht wissen, was Katniss oder die anderen von mir denken. Auch das mit der Nuss und all der andere Scheiß. Ich will nicht wissen, was meine kleine, 5-jährige Schwester von mir denken würde, wenn sie wüsste, dass solche Ideen aus meinem Kopf entsprungen sind."
Er hatte wirklich Angst vor Katniss' Reaktion, wenn er ihr das nächste Mal begegnen würde. Denn natürlich wusste seine einstige Jagdgefährtin ganz genau, dass der Grundriss der Bomben von ihm gestammt hatte. Falls sie ihn hasste, dann konnte er das definitiv nachvollziehen und verstehen, das hieß jedoch nicht, dass es nicht verdammt weh tat. Er erwiderte ihre Umarmung, denn auch wenn er es eigentlich nicht verdiente, so tat ihre Nähe irgendwie gut.
"Willst du hierbleiben?", fragte er schließlich und wies auf sein riesiges Bett. Die Frage überraschte ihn selbst, aber er hatte das Gefühl, dass sie diese Nacht nicht allein sein sollte, wenn es schon dazu gekommen war, dass sie sich ihm anvertraut hatte, weil sie die Last ihrer Gedanken und Empfindungen nicht mehr hatte tragen können. Er wollte nicht, dass sie sich noch weiter unnötig quälte, denn Cressida verdiente das ganz bestimmt nicht.

Bei Gales Worten begann Cressida ein wenig die Stirn zu runzeln und schüttelte dann den Kopf "Das ist Schwachsinn Gale. Wenn du es nicht gewesen wärst, dann wäre vielleicht irgendjemand anderes damit aufgetaucht, denn das ist eine gängige Praxis beim Jagen. Das waren deine Worte und sie sind richtig. Und ganz nebenbei hast du nie davon gesprochen zu töten, sondern nur von Angst um alle zusammen zu treiben. Natürlich tötet man beim jagen, aber darauf warst du hier nicht aus.", stellte sie fest, bevor sie tief Luft holte. "Weißt du was? Es ist völlig egal, was die anderen von dir denken. Ich denke nicht so und ich bin mir ziemlich sicher, dass deine Familie auch weiß, dass du viel zu gut bist um so etwas wirklich zu tun. Du hast mehr durchgemacht als die meisten anderen und dazu hattest du die Fähigkeit Entscheidungen zu treffen, die dafür gesorgt haben, dass wir diese Revolution gewinnen und dafür, dass wir überlebt haben. Was glaubst du hätte Snow mit uns gemacht, wenn er uns in die Finger bekommen hätte? Mit uns beiden, mit Katniss, mit deinen Schwestern? Er hätte uns gefoltert und zwar so nah bei einander, dass wir es hätten sehen können. Wir wären irgendwann verrückt geworden, aber er hätte immer weiter gemacht. Oder er hätte Prim vor allen hinrichten lassen, zusammen mit deinen Schwestern oder in die Arena geschickt. Das ist es, was er getan hat und das ist es, was all diese Leute unterstützt haben ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. Ist mir wirklich egal wie du das siehst, aber ich persönlich bewundere dich für alles, was du in diesem Krieg geleistet hast.", sagte sie fest und mit diesem kampfeslustigen Funkeln in den Augen, dass auch immer dann aufgetaucht war, wenn sie wieder mit Katniss, ihm und dem Rest des Teams auf eine Mission gegangen war. "Und wenn der Rest der Welt glauben würde, dass du ein schlechter Mensch bist, dann wärst du jetzt nicht hier und dann würden sie nicht so zu dir aufsehen, Gale. Vielleicht bemerkst du das ja wirklich selber nicht, aber auch wenn Katniss der Spotttölpel war, warst du der Part, auf den man sich verlassen konnte. Katniss war immer viel zu aufgewühlt, zu unstetig, aber solche Leute werden wegen ihrer Leidenschaft zu Leitfiguren, weil sich jeder mit ihr identifizieren kann, weil jeder dieses Gefühl kennt, weil jeder jemanden hat, den er so sehr liebt. Du dagegen hast immer kühlen Kopf bewahrt und wenn du eine Entscheidung triffst, egal wie schnell, dann wissen die Leute, dass sie überdacht ist. Also hör auf dich selbst so fertig zu machen." Nachdem sie geendet hatte musste sie erst mal tief durchatmen, weil sie sicher in ihrem ganzen Leben noch nie so viel geredet hatte und sicher würde sie auch nie wieder so viel reden, aber in dieser Nacht war alles anders und so zögerte sie auch nur ganz, ganz kurz, als er sie in sein Bett einlud. "Ja.", sagte sie dann doch ganz leise und löste sich ein bisschen von ihm.

Gales Blick wanderte hinunter auf die hölzernen Bodendielen, auf denen sie beide standen. Er räusperte sich leise, um den Kloß in seinem Hals wegzubekommen. Irgendwo in ihren Worten steckte wohl etwas Wahres, aber die Zweifel waren noch immer da, ganz tief in ihm drin und drohten, ihn von innen heraus aufzufressen. Er war sich ziemlich sicher, dass er Cressida nie so viel auf einmal hatte reden hören, vermutlich hatte er selbst nie so viel geredet. In ihm machte sich eine gewisse Dankbarkeit breit, denn allein die Tatsache, dass sie sich so sehr mit der Bomben-Geschichte auseinandergesetzt und sogar nach Plänen dafür gesucht hatte, überraschte ihn. Das hätten vermutlich nicht besonders viele Menschen getan, schon gar nicht für ihn.
Ihre Worte stimmten ihn nachdenklich, trotdzem war die Wut auf sich selbst noch immer nicht verschwunden. Manchmal hatte er das Gefühl, er hatte sie alle auf dem Gewissen. Finnick, Messalla, Castor. Das gesamte Team. Er fragte sich andauernd, ob er nicht doch etwas hätte tun können, ob er sie mit mehr Anstrengung hätte retten können, ob es besser gewesen wäre, sich für sie zu opfern. Was war sein Leben schon wert, wenn er damit vielleicht das von so vielen anderen, unschuldigen Leuten hätte retten können oder gar das der Kinder? Was wäre gewesen, wenn er schon bei den Angriffen auf Distrikt 12 ums Leben gekommen wäre? Hätte dann überhaupt je irgendwer die Idee zu diesen Bomben gehabt? Eigentlich verbot er sich tagtäglich, sich diese Fragen selbst zu stellen. Denn sonst würde ihn das nur noch mehr zerstören. Die Was wäre, wenn?-Gedanken würden ihn irgendwann komplett zerfressen und obwohl er eigentlich nicht wirklich Lust hatte, auf sich selbst Acht zu geben, so würde es doch keinem etwas bringen, wenn er langsam aber sicher durchdrehte.
"Du hast recht", sagte er irgendwann leise, auch wenn er das eigentlich nicht so meinte. Er war nur einfach nicht in der Lage dazu, dieses Gespräch jetzt zu führen. Und selbst wenn sie recht hatte, wenn er derjenige gewesen war, auf den man sich hatte verlassen können - was hatte es ihnen allen gebracht? Am Ende des Tages war es doch Katniss, die zum Großteil die richtigen Entscheidungen getroffen hatte und er war es, der das Leben so vieler Menschen unnötigerweise auf dem Gewissen hatte. Er war der einzige von ihnen gewesen, der überhaupt ansatzweise über Waffen nachgedacht hatte, ob sie nun zum Töten waren oder nicht.
Er fühlte sich furchtbar, weil er nicht dazu in der Lage war, ihr mehr zu antworten, als drei kleine Worte. Irgendwie fiel ihm so vieles ein, was er hätte sagen können, aber auf der anderen Seite bildete sich nichts davon in seinem Kopf zu wirklich sinnvollen Sätzen und außerdem kam ihm all das nicht passend vor. Dabei waren Katniss und er sich immer ähnlich gewesen - sie waren beide nie gut mit Worten gewesen, hatten sich nicht unbedingt gut erklären können und wenn es um Gefühle ging, machten sie beide irgendwie dicht. Kurz nickte er kaum merklich mit dem Kopf, dann ließ er sich wieder auf seiner Bettkante nieder und blickte sie einfach nur schweigend an. Mit ihrem tränenverschmierten Gesicht wirkte sie plötzlich so menschlich und irgendwie auch viel jünger als normalerweise. Es war ein ungewohnter Anblick, aber irgendwie nicht unerwartet. Gale war sich immer sicher gewesen, dass sie in ihrem Inneren unheimlich viele Emotionen mit sich herumtrug, so hatte sie schon immer auf ihn gewirkt, und es war nur eine Frage der Zeit gewesen, bis der Sturm, der in ihrem Inneren tobte, auch draußen zum Vorschein kam. Viele Menschen hielten Cressida immer für vollkommen hart und abgestumpft, aber ihm war irgendwie von vorneherein klar gewesen, dass dem nicht so war, auch wenn es dafür nur sehr wenige, kleine Anzeichen gegeben hatte.

Cressida bemerkte, dass sie Gale überrascht hatte und dass es ihm irgendwie gut tat, das alles zu hören, aber sie merkte auch, dass er, genauso wie sie, die Gedanken nicht einfach sein lassen konnte. Sie fühlten sich beide noch immer schuldig, aber immerhin wussten sie endlich, dass es da jemanden gab, der da anders sah und für den ersten Moment brauchten sie nicht sonderlich viel mehr. Zumindest Cressida ging es so. Sie wollte sich nicht jedem öffnen, sie wollte nicht jedem zeigen, was sie dachte und erklären, warum sie es dachte, aber sie hatte schon gewusst, dass Gale es verstehen würde und dass er wissen würde, was er dazu sagen musste. Dass sie deswegen kein Mitleid wollte, sondern.. genau das, was er ihr gesagt hatte.
Es fühlte sich zumindest irgendwie so an, als würde sich irgendetwas in ihr zusammen setzen und langsam wieder heilen. Ganz langsam, aber es fühlte sich zumindest etwas wärmer und weicher an als noch kurz davor. Nicht mehr so wund und schrecklich durcheinander. Nicht mehr voller Scherben.
Bei seiner Antwort sah sie ihn kurz kritisch an, aber jetzt waren sie wieder da, wo sie immer gewesen waren und deswegen nickte Cressida, obwohl sie merkte, dass er es nicht so meinte. "Natürlich hab ich recht. Ich bin deine Regisseurin.", antwortete sie knapp, aber mit dem alten, schiefen Schmunzeln, dass man in letzter Zeit kaum noch zu sehen bekam. Sie wollte nicht mehr so ernst über irgendwas reden. Genauso wenig wie er offensichtlich, sonst hätte er noch mehr gesagt. Stattdessen schien er immer noch nachzudenken, bevor er sich einfach auf die Bettkante setzte und Cressida sich irgendwie kurz unwohl fühlte. Sicher war, dass sie nicht alleine zurück in ihre Alpträume wollte, aber die Nacht war immer noch zu lang. "ich.. hol.. schnell meine.. Bettdecke...", meinte sie irgendwie unsicher, lief dann aber schnell rüber und wieder zurück in sein Zimmer, bevor sich einer von ihnen irgendwas anders überlegte. Trotzdem hielt sie die Bettdecke jetzt unsicher mit den Armen umklammert und sah mit schief gelegtem Kopf zu Gale. "Wenn wir etwas bewegen wollen, dann müssen wir es aber auch selber schneiden.", sagte sie schließlich und setzte sich mitsamt Bettdecke auf sein Bett.

Auch, wenn es irgendwie seltsam gewesen war, mit jemandem über seine Gedanken bezüglich allem zu reden, so hatte es doch irgendwie gut getan. Gale fühlte sich ein wenig gelöster, als vorhin noch, und es war gut zu wissen, dass er mit seinen Empfindungen nicht allein war. Nicht komplett jedenfalls. Zwar fühlte es sich hin und wieder an, als sei der Rest der Welt gegen ihn, aber jetzt wusste er immerhin, dass er sich dieser nicht allein stellen musste, sondern auf Cressida zählen konnte. Stellte sich nur noch die Frage, wie das mit Katniss und den anderen aussehen würde... Wieder wanderten seine Gedanken zu Prim und all den anderen Verlusten, die sie hatten erleiden mussten und seine Augen verdunkelten sich ein wenig.
Die Stimmung im Raum änderte sich abrupt wieder, als Cressida einen Spruch klopfte und das bekannte Schmunzeln auf ihrem Gesicht erschien. Gale blickte sie an, hob amüsiert eine Augenbraue und nickte. "Natürlich", sagte er vollkommen ernst, obwohl klar war, dass er die Aussage der Blondine nicht ganz unterstützte. Nicht in allen Fällen, jedenfalls.
Der Dunkelhaarige folgte ihr mit dem Blick, als sie aus seinem Zimmer verschwand und nur wenige Sekunden wieder vor ihm stand. Er rutschte auf dem Bett nach hinten, sodass er sich wieder an das Kopfende anlehnen konnte und beobachtete, wie auch sie sich auf dem Bett niederließ. Dann nickte er. "Können wir ja machen, wenn du mir zeigst, wie das geht. Ich meine, du bist die Regisseurin, also kannst du wohl auch die Bedingungen stellen. Er zuckte mit den Schultern und griff dann nach seinem T-Shirt, das auf einem Stuhl nahe des Bettes lag, um es sich wieder überzuziehen. Dann verschränkte er die Arme vor der Brust und blickte sie abwartend an. Es war ewig her, dass er mit jemandem das Bett geteilt hatte. Vor allem, wenn es um Frauen ging. Zu Hause in Distrikt 12 waren seine Geschwister nachts ständig zu ihm ins Bett gekrabbelt, vor allem seine kleine Schwester, aber das war natürlich eine komplett andere Situation. Obwohl, so sehr unterschied sich das Ganze dann doch nicht, denn schließlich war der Grund für Cressidas Anwesenheit, dass sie Trost und Schutz suchte. Etwas, das er ihr nur zu gern gab.

Als er so ernst antwortete hob sie eine Augenbraue. "Na ja zumindest vor der Kamera solltest du wirklich das tun, was ich dir sage.", erklärte sie schlicht und mit ihrer üblichen Härte, die sie auch früher schon immer an den Tag gelegt hatte. Obwohl.. Härte war vermutlich nicht der richtige Ausdruck. Es war eine.. Festigkeit. Oder Unerschütterlichkeit. Das traf es wohl am Ehesten und sie war froh, dass sie jetzt wieder so war, denn so wie vorher kannte sie selber sich ja nicht mal wirklich.
Als Gale nach hinten rutschte, zog sie erst mal nur die Beine auf das Bett und beobachtete, ohne mit der Wimper zu zucken, wie er sich wieder anzog. Er hätte auch gerne ohne das Shirt bleiben können, aber es war schon okay so. Oder besser so, denn für heute war sie sowieso viel zu fertig, als dass es sie irgendwie interessiert hätte. Hatte es ja auch nicht, als er sie umarmt hatte.
Bei seinem abwartenden Blick legte sie den Kopf schief und hob eine Augenbraue, bevor sie ihr schiefes Schmunzeln zeigte, in seine Nähe rutschte und sich unter ihrer Decke zusammen rollte. Sie schlief immer so eingerollt in sich selber, was Pollux immer lustig gefunden hatte. Er hatte gemeint, dass sie, so wie sie drauf war, mit offenem Mund auf dem Rücken schlafen müsste. Wie ein Kerl eben. Auch Cressida hatte das immer witzig gefunden, sich aber trotzdem jede Nacht wieder auf die Seite gedreht und eingerollt und jetzt war es nicht mehr nur Reflex, sondern irgendwie Pflicht. Anders konnte sie nicht mal mehr einschlafen.
Jetzt war sie es die ihn abwartend ansah und darauf wartete, dass er sich auch hinlegte und das Licht ausmachte.
"Das ist kein Problem. Ich brauche dich für einen zweiten Blick und als zweite Meinung und das schaffst du ohne Probleme, da bin ich mir sicher.", meinte sie in seine Richtung und grinste dann schief. "Das glaubst du. Ich war nicht die beste Jungregisseurin, weil ich immer getan habe, was ICH wollte, sondern weil ich auch öfter mal darauf geachtet habe, was die Leute sehen wollen.", erklärte sie mit einem Schulter zucken und zog die Decke mit den Füßen etwas anders hin.

Gale nickte nur knapp. "Das ist mir schon klar", meinte er dann und zuckte mit den Schultern. Sie kannte sich immerhin am besten mit ihrem Job aus, also vertraute er in diesen Dingen auf sie. Dass die Filme meistens relativ gut waren, lag sowieso nur daran, dass sie genau wusste, was zu tun war. Schließlich brachte er selbst nicht zwingend schauspielerisches Talent mit. Zwar hieß es immer, sein Gesicht sei irgendwie für die Kameras gemacht, aber er wusste selbst nicht genau, was das bedeuten sollte, und es war auch nicht mit besonders viel Anstrengung verbunden.
Er beobachtete, wie Cressida sich neben ihm zusammenrollte und es sich bestmöglich bequem machte. Ihn überraschte das nicht wirklich, immerhin hatte er schon mehrfach miterlebt, wie sie schlief, allerdings war es beim ersten Mal tatsächlich ein eher unerwarteter Anblick gewesen. Er selbst schlief einfach immer auf der Seite, so war es für ihm am bequemsten und er hatte sich mit der Zeit eben daran gewöhnt.
"Das sollte kein Thema sein", meinte er dann schulterzuckend und griff nach seiner eigenen Bettdecke, um es sich bequem zu machen. "Ist mir schon klar, aber ich denke, mittlerweile weißt du das selbst ganz gut, also was sollten Coin und Plutarch dir da schon reinreden." Er zuckte mit den Schultern, warf ihr noch einen kurzen Blick zu und tastete dann nach dem Schalter seiner Nachttischlampe. "Gute Nacht", sagte er leise, nachdem er das Licht ausgeschaltet hatte und drehte sich dann wie gewohnt auf die Seite.

Mit ihrem üblichen Schmunzeln nickte sie einfach. "Kann ja nicht jeder ein nichtswissendes Naturtalent sein.", ärgerte sie ihn ein bisschen, denn ihr war klar, dass er ganz oft einfach nicht wusste, was er da tat. Er sah eben gut aus vor der Kamera und er hatte etwas an sich, dem man vertraute, weshalb er auf dem Schirm einfach super rüber kam. Trotzdem verwarf sie immer mal wieder Aufnahmen. Wenn er nicht gerade redete, sich aber darüber bewusst war, dass die Kamera lief, war er manchmal zu unsicher und wusste nicht, was genau er tun sollte. Irgendwie war das ja auch süß und Cressida war zu gut, als dass sie das in Verzweiflung stürzen würde. Stattdessen benutzte sie diese Dinge einfach nicht und sorgte dafür, dass sie genug andere Aufnahmen bekam.
Gelassen sah sie nach oben in sein Gesicht, als er so nach unten sah. Er hatte das ja schon mal gesehen, also war klar, dass es ihn nicht mehr überraschte und Cressida wusste, dass er genauso auf der Seite schlief wie sie. Was irgendwie auch wieder lustig war.
"Bestimmt nicht. Wobei.. manche können sich selber nicht auf dem Schirm sehen.", antwortete sie grinsend und sah ihn fast ein bisschen necken an. Danach wurde sie aber wieder ernster und sah ganz kurz zur Seite. "Ja. Was sollten sie da schon reinreden.", murmelte sie, bevor sie die Schultern zuckte. "Wie auch immer. Ich hab schon bei einer Revolution mit gemacht. Ich hör jetzt sicher nicht wieder damit auf.", sagte sie schließlich einfach und sah dann dabei zu, wie er das Licht aus machte. "Gute Nacht.", murmelte sie und spürte schon seine Bewegung neben sich. Am Anfang blieb sie jedoch einfach nur so liegen, bis sie merkte, dass sie näher an ihn heran gerollt war. Sie spürte sogar seine Wärme an sich und das war wirklich gut, weshalb sie dann doch einfach noch näher an ihn heran rutschte, bis sie ihn berührte. Nur ganz wenig, aber genug, dass er es auch spüren würde.