Es gab kein einziges Wort auf dieser gottverdammten Welt, das das Gefühlschaos in Alec zu genau diesem Zeitpunkt passend hätte beschreiben können – oder auch nur ansatzweise beschreiben könnte. Keine Sekunde länger hatte er es bei den anderen ausgehalten, nicht nach dem, was passiert war. Tief in seinem Inneren war ihm bewusst, dass er davor geflohen war. Dass er vor Gefühlen flüchtete, weil er es nicht ertragen wollte, eine Schwäche für jemanden zu haben. Und dann auch noch für seinen Parabatai, der niemand anderen als Clary Fray im Kopf hatte. Wenn Alec gewusst hatte, dass der Erinnerungsdämon so etwas von jedem verlangen würde… dann hätte er da niemals mitgemischt. Dann wäre er der kalte, abweisende Alec geblieben, den Clary zu spüren bekam. Vielleicht sollte er damit anfangen, es jeden spüren zu lassen.
Auf dem Weg ins nächste Zimmer wurde er dort von Magnus abgefangen. Zu allem Überfluss. „Ich weiß nicht, wovon du sprichst.“, entgegnete er kühler Stimmlage, riss sich zusammen, so unberührt wie möglich dabei auszusehen, und ignorierte sein Angebot nicht unbedingt beabsichtigt. Gerade hatte Alec allerdings mehr Sorgen als eine Tasse Tee, auch wenn Tee jetzt gar nicht mal so schlecht gewesen wäre. Innerlich über allem Maße aufgebracht, äußerlich nur angespannt durchatmend ließ sich Alec im Nebenzimmer auf eines der teuren Sofas fallen, versuchte sich selbst und sein Inneres wieder unter Kontrolle zu bekommen. Es war schon viel zu lange her, dass er so ausgerastet war. Es gab kaum jemanden, der das von ihm kannte. Normalerweise war er ein Meister darin, seine Gefühle in Zaum zu halten, und jedes kleinste Anzeichen im Keim zu ersticken. Nur jetzt war es zu viel geworden. Und es war zu offensichtlich gewesen. Wütend auf sein eigenes Selbst beugte sich Alec in seiner Sitzposition etwas nach vorne, sodass er seine Arme auf seinen Oberschenkeln anwinkeln, und seine Hände zusammengefaltet, nachdenklich gegen deine Lippen zu halten. Starr blickte er vor sich hin, schloss kurz die Augen, versuchte gegen das Chaos in sich anzukämpfen, erlaubte es sich nicht, auch nur einen Mucks von sich zu geben. Er wollte nicht reden. Er wollte nichts davon hören. Er wollte… er wollte seine Gefühle auslöschen.

Mit einem Seufzen registrierte Magnus Alecs knappe Worte und wie er das Tee Angebot ignorierte, weshalb er einfach noch eine Tasse einschenkte und sie auf einem kleinen silbernen Tablett balancierend zu dem Sofa trug, auf das Alec sich hat fallen lassen. In einer eleganten Geste, die andere Hand auf dem Rücken, brachte er das Tablett vor Alecs Gesicht. "Nimm und trink. Das hilft.", sagte er mit diesem halb ernsten, halb mitfühlenden Blick, ehe er sich seine eigene Tasse nahm und das Tablett wieder zur Seite stellte. "Irgendwann wirst du es wissen. Dann gewöhnt man sich daran.", sagte er, den Blick nachdenklich aus dem Fenster gerichtet. Er konnte sich noch genau daran erinnern, wie das bei ihm damals gewesen war. Nicht, dass er sich solche Sorgen gemacht hätte, aber er hatte diese Erfahrung immerhin auch mit einem Fremdem gemacht und war schon damals nicht sonderlich zimperlich gewesen. "Du kannst jetzt natürlich lange überlegen, was andere von dir halten und dich verleugnen. Oder.. du akzeptierst einfach, dass deine Schwester dich so oder so liebt und eine Parabatei Verbindung immer... mehr ist.", sagte er in seiner typischen Stimmlage, die sich eher so anhörte, als würde es ihn nicht so ganz interessieren, aber die Tatsache, dass er sich dafür schwungvoll zu Alec umdrehte um ihn wirklich anzusehen zeigte, dass ihn eigentlich schon interessierte.

Der Lightwood Träger bekam vor lauter Selbstzorn und inneren Konflikten für ein paar stumme Sekunden gar nichts mehr um sich herum mit, bis er seine Augen wieder öffnete und ein Tablett mit einer darauf stehenden, dampfende Teetasse vor seinem Gesicht schwebte. Etwas neben der Spur blickte der Dunkelhaarige kurz zu Magnus auf, schaute zurück auf die Tasse und nahm sie schließlich doch geschlagen, müde entgegen, was alles auf seine höflichen Manieren zurückzuführen war. Ein leichtes, resigniertes Nicken als Dank war jedoch das Einzige, wozu er sich gerade im Stande fühlte. In Gedanken versunken senkte er den Blick auf die Tasse in seinen Händen, strich mit seinen Daumen leicht über das warme Porzellan. Wieso musste er, ausgerechnet er, sich in so einer Situation befinden? Hätte es nicht jeden anderen treffen können?
"Da gibt's nichts zu gewöhnen.", wies er Magnus' Worte bitter ab, stieß jeglichen Hilfeversuch förmlich ab. Alec wollte es einfach nicht. Er wollte es nicht zugeben, erst recht nicht vor anderen. Das war mit seinen... mit den Vorstellungen seiner Eltern nicht vereinbar. Und ebenso nicht mit seinen eigenen, wie er es sich gerne einredete. Den Blick noch immer auf die Tasse gesenkt, unternahm er mal den Anlauf, einen Schluck vom Tee zu trinken. Wer hätte es gedacht, er hatte sich tatsächlich ein klein wenig daran verbrannt. Scharf sog Alec die Luft ein, zog seine Augenbrauen leicht verärgert zusammen, und stellte die Tasse auf dem Tisch vor sich ab. Rechtzeitig zu Magnus' Ansprache, nach welcher sich auch jener zu ihm drehte und ihn ansah. Belanglos brach Alec den Blickkontakt ab und sah zur Seite. "Ich komm schon klar." Das musste er nämlich. Damit klar kommen, es zu verleugnen. Es zu verdrängen. Es nicht zu akzeptieren. Weil es nicht anders ging.

Offensichtlich war der Lightwood viel zu durcheinander um Magnus und seine Ratschläge wirklich wahrzunehmen und der Hexenmeister verübelte es ihm nicht. Natürlich war es immer schöner, wenn die Leute, die ihm gefielen, schnell auch an ihm Interesse zeigten, aber andererseits waren sie dann ja auch nie eine Herausforderung und wenn man seit Ewigzeiten lebte wurde einem ohne Herausforderungen schnell langweilig, immerhin hatte man dann nur viel zu viel Zeit.
"Ah... Na wie du meinst." Magnus Stimme war ein Mischung aus spöttisch, mitleidig und vielleicht auch ein bisschen desinteressiert, auch wenn das nur geheuchelt war und seinen Worten weniger Gewicht verleiten sollte. ER mochte es eben nicht, wenn andere dachten, ihm würde wirklich etwas an ihnen liegen.
Seufzend sah Magnus Alec ins Gesicht, als er bemerkte, dass dieser sich wohl offensichtlich an dem Tee verbrannt hatte, weshalb er seinen eigenen wegstellte und ihm dafür ein Röhrchen mit einer silbrig schimmernden Flüssigkeit hinhielt. "hier trink das. Das hilft gegen den Schmerz.", sagte er seufzend und drückte es dem Shadowhunter in die Hand, wobei er einen Moment über dessen Finger strich, den Kopf schief legte und schmunzelte. "Natürlich kommst du das. Aber wenn du Hilfe brauchst.. Nun.. meine Nummer habt ihr ja jetzt.", stellte er fest, immerhin war ihm klar, was Alec mit "damit klar kommen" wirklich meinte. Aber was sollte er da schon machen? Er konnte immerhin niemanden zu seinem Glück zwingen.. Er konnte sie nur.. überzeugen.

Natürlich kannte Alec Magnus viel zu kurz, als dass er darauf hätte tippen können, dass hinter seinen Worten so viel mehr steckte. Umso klarer wurde ihm gerade, dass er nicht aus dem Hexenmeister schlau wurde. Aber, was brauchte ihn das schon interessieren? Alec war es immerhin selbst, der im Konflikt mit sich selbst stand - und mit seinen Eltern, die schlichtweg dafür verantwortlich waren. Sein ganzes Leben richtete er nach ihnen und ihren Vorstellungen; nicht sonderlich verwunderlich, dass er dadurch innerlich oft ins Wanken geriet, sobald etwas auch nur ansatzweise gegen diese Verherrlichung sprach. Und das waren momentan seine Gefühle für Jace. Was für ein Teufelskreis.
Das schmerzvolle, taube Gefühl an seiner Zungenspitze, schluckte er genau so wie seinen Protest gegen das Heilmittel runter, wobei ersteres nicht viel brachte. Ein kurzer, unentschlossener Blickwechsel zwischen dem Fläschchen und dem Hexenmeister, bevor der Schwarzhaarige die Hand vorsichtig hob und sich die Flüssigkeit überreichen ließ. Auf die Berührung ihrer Finger schaute Alec für den Bruchteil einer Sekunde auf, senkte den Blick danach allerdings wieder auf das Fläschchen und betrachtete es skeptisch. Dass Magnus sich so viel Aufwand für ihn machte, gefiel Alec überhaupt nicht. Wer war er schon großartig, dass er das tat? Schnell hielt der Scharfschütze für sich fest, dass er keinen Nerv hatte, noch zusätzlich über so eine Kleinigkeit nachzudenken, weshalb er das Ding einfach öffnete und zögerlich an seine Lippen führte. Mit einem kurzen Ruck war die silbrige Flüssigkeit in seinem Mund verschwunden, woraufhin Alec angewidert das Gesicht verzog. Sowas ekliges hatte er noch nie getrunken. "Ich hoffe für dich, dass mich das nicht vergiften wird.", ließ er den anderen noch immer mit verzogenem Gesicht und den Blick auf das leere Fläschchen gerichtet wissen, ehe er es neben der Tasse auf dem Tisch ablegte.
Ein zaghafter Blick rüber zu ihm quittierte die Aussage des Hexenmeisters kommentarlos; was hätte Alec auch schon groß dazu sagen können. "Clary wird sicherlich Gebrauch davon machen.", lenkte er das Thema geschickt von sich ab, wobei sein Inneres einen gewaltigen Abneigungsfunken aufglühen ließ.

Immerhin protestierte Alec nicht gegen sein Heilmittel, sonst hätte Magnus vielleicht doch noch schwerere Geschütze auffahren müssen. Der Shadowhunter konnte aber offenbar auch zu stuf sein... Schön Magnus konnte ihn irgendwo verstehen. Es war für ihn scher schwerer mit all den Werten und Traditionen seiner Eltern und besonders natürlich auch des Rates, ein Grund, aus dem Magnus sich nie wirklich auf dessen Seite gestellt hatte, aber er hoffte, dass er es trotzdem bald schaffen würde sich selbst zu akzeptieren.
Bei seinem angewidert verzogenen Gesicht schmunzelte Magnus nur ein kleines bisschen. "Man gewöhnt sich an den Geschmack.", sagte er und hob dann leicht eine Augenbraue. "Ach bitte Alec.. so etwas wie dich würde ich doch nie vergiften.", antwortete er sofort, fügte dann aber noch etwas leiser hinzu: "obwohl du dann bei mir sehr gut aufgehoben wärst." Schnell wirbelte er wieder herum und trank jetzt einen großzügigen Schluck von seinem Tee. "Oh. Mag sein. Aber ich habe eher von dir gesprochen, als von ihr.", sagte er fast etwas süffisant und lächelte dabei zu Alec hinunter.

Egal was Magnus machte, es machte Alec jedes Mal so verdammt stutzig, dass er oft einfach keinerlei Ahnung hatte, was er überhaupt darauf antworten sollte. Auch wenn seine Gesichtszüge gebannt waren, konnte er es nicht verhindern, dass sich bei seinen Worten jene irritiert regten. Statt darauf einzugehen, tat Alec jedoch nach einer Weile des irritierten Starrens so, als hätte er seine Worte nicht richtig verstanden, und senkte den Blick. Was war das für ein Spielchen?
Einen Augenblick fragte sich der Dunkelhaarige, warum Magnus sich nicht auf eines der Sofas niederließ, nur merkte er schnell, dass das wieder so eine derart unnötige Überlegung ist, dass er es sofort wieder verschwinden ließ. Alecs Versuch, von sich abzulenken, da er sich etwas unwohl darin fühlte, scheiterte. Sein Gegenüber kam wieder auf ihn zu sprechen, und obwohl Alec nicht zu ihm aufblicken wollte, tat er das; zögerlich, zaghaft. Wie sich der Hexenmeister von ihm unterschied. Gegensätzlicher hätten die Beiden nicht sein können. Aber, wie hieß es so schön: Gegensätze ziehen sich an. Und auch wenn Alec nicht einmal ansatzweise den Eindruck vermittelte, sondern eher, als ob er lieber gleich flüchten wollen würde, war er tief in seinem Inneren doch irgendwie von diesem Hexenmeister und seiner Art... fasziniert. Allerdings war dieser Funke noch viel zu klein, als dass Alec den Gedanken darüber zulassen würde. Gerade öffnete er den Mund einen Spalt, als seine wunderhübsche, jüngere Schwester den Raum betrat. "...ich will euch nur ungern stören", leitete sie ihre Ansprache ein, blickte dabei vielsagend zwischen Alec und Magnus hin und her, ehe ihr Blick bei Alec stehen blieb. "aber wir müssen los." Das kam dem Scharfschützen wie gerufen. Augenblicklich richtete er sich auf, ohne Izzy dabei aus den Augen zu lassen. "Wie geht es Jace?", fragte er ernst nach. "Besser. Wir können wieder zurück ins Institut", berichtete die Brünette und schaute wenige Sekunden danach zu Magnus. "Gut..", gab Alec von sich, blickte kurz unentschlossen zu Magnus, wobei er eigentlich noch irgendwas hatte an ihn richten wollen, es allerdings im nächsten Moment aufgab und in Richtung Ausgang ging; direkt an seiner Schwester vorbei.

Schmunzelnd bemerkte Magnus das irritierte Zucken in Alecs Gesichtszügen, sagte aber auch diesmal nichts dazu, sondern lächelte danach einfach noch ein bisschen mehr, bevor er wieder einen Schluck trank und zur Seite aus dem Fenster auf den Fluss sah. "Hmm..", machte er leise, ohne wirklich über etwas nachzudenken, bevor er sich doch wieder umdrehte und Alec ansah, während dieser, sehr zögerlich, zu ihm nach oben sah. Es waren solche Blicke die den Hexenmeister irgendwie nur noch mehr faszinierten und dafür sorgten, dass er wollte, dass Alec sich endlich zu sich selbst bekannte. Es würde vermutlich noch etwas dauern, aber Magnus würde auf keinen Fall aufgeben. Nicht einfach so jedenfalls. Gerade aber, als Alec wieder etwas sagen wollte, kam seine Schwester zu ihnen und Magnus drehte sich mit strahlendem Lächeln zu ihr. "Oh noch störst du nicht.", sagte er mit einem vergnügten Zwinkern, das dann in ein Seufzen überging. "Wie schade. Ihr ward wirklich wundervolle Gäste. Abgesehen von dem Zwischenfall, aber den verzeihe ich euch heute ausnahmsweise mal.", meinte er und lief dann, mit einem letzten vieldeutigen Blick auf Isabell, mit ihr nach draußen zu den anderen. "Ach Isabell! Danke, dass du mir mein Medaillon zurück gebracht hast, aber... " Langsam lief er mit der wunderschönen Kette in der Hand zu ihr und legte es ihr von hinten um den Hals. "Ich möchte, dass du es behältst. Die Lightwoods haben es seit Ewigkeiten getragen, also können wir diese Tradition gerne fortführen.", meinte er und machte gerade den Verschluss zu, als sie etwas protestierte. "Na na. Due behältst es und passt gut darauf auf! Ganz abgesehen davon würde es an deinem Bruder wirklich albern aussehen." Wieder ein Zwinkern zu Alec, dann löste Magnus sich wieder.

Natürlich hatte Magnus den Rat weiterhin im Kampf gegen Valentine unterstützt. Von Clary und Jace ausgehend, sogar etwas mehr als vorher, auch wenn er immer noch darauf achtete, dass er selbst mit seinen Gästen nicht in die Schusslinie kam. Nebenbei achtete Magnus aber noch auf etwas ganz anderes. Oder besser.. jemand anderen. Genauer gesagt: er dachte an Alec Lightwood, von ihm auch sehr gerne mal Alexander genannt. Da es da jetzt auch gerade wieder etwas ruhiger wurde, bis er nähere Informationen bekam, hatte er sich auch weiter mit Alec befasst und ihm weiße Rosen ins Zimmer legen lassen. Weiß, weil er das Gefühl hatte, dass es am besten zu dem schwarzhaarigen Shadowhunter passte. Genauso wie er dachte, dass Alec seine Nummer sicher nicht eingespeichert hatte, weil er dafür zu stolz war. Aus diesem Grund hatte er eine Karte mit dazu gelegt und seit dem wartete er auf einen Anruf. Wie immer wurde auch jetzt gerade bei ihm wieder gefeiert, weshalb Magnus auch keinen Schlaf bekam um zu vergessen, dass er deshalb fast schon nervös war. Nicht wirklich natürlich, aber er war sogar schon so weit, dass er beschloss, ihn am Morgen anzurufen, als tatsächlich sein Handy klingelte. Überrascht sah er einen Moment auf Namen und Uhrzeit, bevor er anfing zu lächeln und mit dem Handy in der Hand in seinem Schlafzimmer verschwand. "Alexander! Wie schön, dass du die Karte gefunden hast! Ich hoffe die Blumen haben die gefallen.", sagte er mit einem Lächeln und zum Ende mit einem leicht fragenden Unterton. Das war auf jeden Fall auch schon ein Zeichen dafür, dass Alec ganz langsam auftaute und sich tatsächlich mehr mit ihm befasste. Magnus fragte sich manchmal, ob das daran lag, dass Jace und Clary mittlerweile wirklich zusammen waren und dieses Geschwisterdrama zwischen ihnen vorbei war. Er hatte das Gefühl gehabt, dass ausgerechnet das Alec mehr Hoffnung gemacht hatte, als es gut für ihn gewesen war. Jetzt war das aber schon länger wider vorbei und stattdessen rief Alec ihn tatsächlich zum ersten Mal zurück.

So schnell wie das sanfte Lächeln in seinem Gesicht aufgetaucht war, so schnell verschwand es auch wieder, als er mit - irgendwie leicht pochendem Herzen - vernahm, wie Magnus den Anruf entgegennahm. Alec öffnete gerade den Mund, um was zu sagen, bis ein melodisches Alexander ihm den Gar ausmachte. Ein bisschen hektischer als geplant zog Alec seine Finger von den Rosen zurück, als der Hexenmeister ihn darauf ansprach. Wie Alec eben mit unangenehmen Situationen umging, in denen er sich meistens ertappt fühlte, überhörte er den fragenden Tonfall und setzte ganz anders an. "Ähm.. ich hoffe ich störe nich.. bei.. irgendwas.. irgendwie." Kurz schloss der Schattenjäger seine Augen; er kam sich komplett dämlich vor. Dieses abgehackte Gestammel hätte nicht sein müssen. "Ich hab's total vergessen, und .." Und wieder kam er nicht weiter. Wieso kriegte er es kein einziges Mal hin, einen normalen, vollständigen Satz an ihn zu richten? Wie schwer konnte das sein? Er begriff es selbst nicht, überhaupt nicht. Vor allem, wieso hatte der Hexenmeister diese Wirkung auf ihn? Es war zum verrückt werden, doch darüber konnte sich Alec jetzt keine Gedanken machen. Er hatte genug Sorgen mit seinen inkompetenten Aussagesätzen. "Wieso sollte ich anrufen?", fragte er stattdessen in seinem typischen, neutral ernsten Tonfall, wobei selbst das ernste ein wenig abgeschwächter war. Aber nur eine feine, hauchzarte Spur, die jedoch so viel ausmachen konnte, als wenn keine davon vorhanden gewesen wäre.

Mit einem leichten Lächeln setzte Magnus sich auf ein niedriges Sofa, dass Handy weiterhin am Ohr, wobei er Alec weiter gut zuhörte. Wobei Gut zuhören jetzt gerade nicht ganz so einfach war, weil der andere ganz schön am Stottern war. Mal wieder. Irgendwie fand Magnus das immer noch süß. Es wurde ihm einfach nicht langweilig Alec dabei zuzuhören, wie er in seiner Gegenwart plötzlich nicht mehr so selbstsicher war.
"Oh nein keine Angst. Ich habe Gäste da, aber die kommen im Moment auch ohne mich sehr gut klar.", sagte Magnus nur, ohne mehr dazu zu sagen, weil er warten wollte, bis Alec ihm von sich aus sagte, weshalb er jetzt erst anrief. Den Gefallen tat Alec ihm auch sofort, in dem er weiter vor sich hin stotterte und Magnus damit zum Schmunzeln brachte. "Ach schon in Ordnung. Auch wenn ich zugeben muss, dass ich gewartet habe.", meinte er auf den nächsten unvollständigen Satz, bevor Alec es wohl endlich schaffte einen Satz oder besser eine Frage, in seinem Kopf zu formulieren und an ihn zu richten. "Wie gut das du fragst! Ich brauche neue Kräuter und Essenzen für meine Zauber! Gerade jetzt, wo alle sich vorbereiten möchte ich nicht untätig sein und ich dachte, dass Du mir dabei helfen kannst. Ich möchte übermorgen um 8 auf den Markt bei den alten Lagerhallen gehen. Was sagst du?" Im Gegensatz zu Alec fiel es ihm gar nicht schwer einfach zu reden, weshalb seine Worte zwar, wie immer, kontrolliert kamen, aber eben auch flüssig am Stück, bevor er wieder eine Pause für die Antwort machte.

Die Antwort auf sein dämliches Gestammel, wofür er sich noch immer ziemlich auf die Zunge beißen konnte, bekam er schnell. Hätte drauf tippen können - Alec hatte sich schon irgendwie gedacht, dass Magnus wieder in ausgiebiger Feierlaune steckte, wie er es gänzlich jeden Tag zu sein schien. Der Dunkelhaarige war bis jetzt nur ein- bis zweimal auf seinen "Partys" gewesen, und beide Male war es schlichtweg die Forderung seiner Mission gewesen. Und einmal hatte er was mit ihm getrunken. Der Abend, an dem sich die Beiden wohl am nähersten gekommen waren unter dem ganzen Trubel und Stress. Alec hatte es nicht vergessen.
Er hat.. gewartet, stellte er in Gedanken fest, was ihm, wenn er nicht aufmerksam gewesen wäre, ein Lächeln entlockt hätte. Der Anflug davon war kurz zu erkennen, für einen flüchtigen Augenblick der Stille, bevor es hinter der gleißenden Fassade aus Gleichgültigkeit verschwand und Alec seine Frage stellte. Wieso hatte er anrufen sollen? Gab es irgendein Problem, steckte er in Schwierigkeiten, irgendwas, womit sich der Schattenjäger ausreden konnte, dass es einzig und allein auf sein Interesse an dem Jüngeren zurückzuführen war? Hingegen seinen vermeintlichen Hoffnungen - nein. Obwohl, der logische Zweck dahinter, den Alec der Einladung praktisch aus der Nase zog, war ja, sich gegen Valentine auszurüsten. "Ich soll helfen", hielt der Lightwood zögerlich für sich fest, was zum Ende hin eine unscheinbare Spur fragend geklungen hatte, während sein Blick unkoordiniert in der Luft hängen blieb. Er braucht Hilfe. Von einem Schattenjäger. Das ist.. geschäftlich., redete er sich in Gedanken ein, um sich selbst einen Grund zu geben, die Einladung anzunehmen. "Ich kenn mich in dem Gebiet aber.. nicht aus." In den Tiefen seines Inneren hörte er fast schon, wie seine Schwester sich hier vermutlich gegen die Stirn geschlagen hätte. Sag einfach ja, Alec! Wie verrückt, dass ausgerechnet ihre Stimme durch sein Gewissen jagte.

Auch Magnus konnte nicht anders als an den Abend zu denken, an dem sie zusammen getrunken hatten. Nicht nur, weil Alec zum ersten Mal länger bei ihm geblieben war als die anderen, sondern auch, weil er es gewesen war, der gerade noch rechtzeitig gekommen war um Magnus aufzufangen. Oh ja der Hexenmeister dachte mit Freuden daran zurück und würde das am liebsten gleich wiederholen. Auch wenn es für ihn wirklich anstrengend gewesen war.
Eine kurze Zeit herrschte Stille an den beiden Enden der Leitung, bevor Alec sich offensichtlich dazu aufraffte etwas zu sagen. "Ja genau.", bestätigte Magnus nochmal mit einem leichten Lächeln, bevor er mit elegantem Schwung wieder aufstand und durch sein Zimmer zum Bücherregal lief. "Oh das stellt kein Problem dar. Dann ist das abgemacht. In zwei Tagen um 8 am östlichen Eingang des Marktes.", sagte er beschwingt, ohne darauf zu achten, dass Alec noch gar nicht bestätigt hatte. "Ich fürchte meine Gäste vermissen mich langsam ebenfalls, aber wir beide sehen uns ja bald." Magnus Stimme war erst fast schon geknickt und beinhaltete ein leises Seufzen, bevor er wieder fröhlicher klang und dann nochmal eine kurze Pause machte um eine letzte Bestätigung zu bekommen.

Offensichtlich war es dem Hexenmeister völlig gleich, dass sich Alec mit Kräutern und sonstigem Hexenzeug nicht einmal im Entferntesten auskannte - was er dem jungen Schattenjäger auch kurz bestätigte. Für Magnus stand das Treffen fest, egal, welche "möglichen Ausweichversuche" er ihm in den Weg stellte. Und spätestens jetzt wurde ihm klar, dass er nicht .. ablehnen konnte. Selbst wenn er es hätte tun wollen, kam ihm der Hexenmeister zuvor und meinte, dass er nun gehen müsste.
Eine Weile lang starrte Alec wieder auf einen unbestimmten Punkt in der Luft; mit keinerlei Ahnung davon, was er als Abschlussworte sagen sollte. "Äh.. ja. Ich muss auch los. Uhm... Wir sehen uns." Zwar nicht unbedingt eine äußerst einfallsreiche Bestätigung, aber immerhin hatte der junge Mann es in irgendeiner Form hingekriegt, anstatt einfach aufzulegen oder sonst etwas dergleichen zutun. Und mit einer kleinen Bewegung auf dem Display des Handys, schon hatte der Dunkelhaarige aufgelegt. Er ließ das Smartphone sinken, sah es kurz an, bevor er es neben der Karte und den Blumen auf den Tisch legte. Die weißen Rosen zogen wieder seine Aufmerksamkeit an, der Gedanke daran, dass der Hexenmeister so richtig bei seiner Auswahl gelegen hatte, ließ Alec... nicht kalt. Innerlich musste er sogar feststellen, dass er davon irgendwie.. beeindruckt war.
Erneut strich er über die straffen, zarten Blütenblätter, ehe seine Hand sich an einer der Rosen verharkte und sie langsam herauszog. Ihre Blüten waren noch verschlossen, bildeten eine Schutzvorrichtung, wie er es betrachtete. Er hatte den Rat von Izzy nicht an sich abprallen lassen, seine Gedanken und Gefühle in irgendeiner Form aufzuschreiben, damit er sich wenigstens so etwas von der Seele "reden" konnte. Immerhin tat das Alec sonst nicht, und dass das nicht sonderlich gut für ihn war, war eine allgegenwärtige Tatsache. Er verschloss seine Gefühle vor den Augen der anderen, so wie die Rose in seiner Hand. Zum Eigenschutz. Langsam fing er jedoch an zu begreifen, dass das nicht für immer zu bewältigen ging. Dass er vielleicht schon beeinflusst wurde, sich zu öffnen, auch wenn er das nicht wahr haben wollte. Es lag an ihm. An Magnus Bane.